09:18 KOMMUNAL

Energie sparen mit LED durch Radarsensor

Teaserbild-Quelle: LED City AG

Viele Lampen sind eingeschaltet, wenn kein Mensch von ihrem Licht profitiert. Diese Ineffizienz lässt sich mit Leuchtmitteln vermeiden, die sich selbständig dimmen und so Strom sparen können. Ein Zürcher Jungunternehmen hat eine entsprechende Lösung entwickelt, bei der ein integrierter Radarsensor LED-Röhren bedarfsgerecht steuert.

Von Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)

Immer mehr Dinge in unserem Alltag geschehen wie von Geisterhand: Schiebetüren öffnen sich, wenn man sich ihnen nähert. Die Rolltreppe nimmt Fahrt auf, wenn man auf sie zugeht. Das Licht springt an, wenn man abends die Haustür aufsperren will oder man die Parkgarage betritt. Wenn die Dinge auf uns Menschen reagieren, dann machen das oft Bewegungssensoren möglich.

Seit einiger Zeit kommt diese Technik auch in einer Fussgänger- und Velounterführung an der Sihlpromenade im Zürcher Stadtteil Enge zum Einsatz: Solange hier niemand unterwegs ist, ist die Beleuchtung gedimmt.Nähert sich ein Fussgänger oder ein Velofahrer, blenden die LED-Leuchtmittel auf volle Lichtstärke auf – um dann, wenn die Person die Unterführung verlassen hat, wieder in den Dämmerzustand zu versinken.

«Mit LED-Röhren sinkt der Durchschnittsverbrauch gegenüber den früheren Leuchtstoffröhren bei gleicher Leuchtstärke von 53 auf 19 Watt. Indem wir die LED-Röhren zusätzlich mit einer intelligenten Radarsteuerung versehen, senken wir den durchschnittlichen Verbrauch nochmals drastisch von 19 auf 6 Watt, was einer Einsparung von 90 Prozent gegenüber den Neonröhren entspricht», sagt Patrik Deuss.

Der 27-Jährige ist Geschäftsführer der LED City AG, welche die innovative Beleuchtung für die Zürcher Unterführung entwickelt hat. Partner des Projekts waren das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ), das für die öffentliche Beleuchtung in der Stadt verantwortlich ist, und die Klimastiftung Schweiz. Im Winterhalbjahr 2018/19 hat das Beleuchtungssystem störungsfrei funktioniert.

Die Zürcher Hochschule der Künste auf dem Toni-Areal in Zürich verwendet LED-Röhren der LED City AG in Korridoren und Treppenhäusern.

Quelle: LED City AG

Die Zürcher Hochschule der Künste auf dem Toni-Areal in Zürich verwendet LED-Röhren der LED City AG in Korridoren und Treppenhäusern.

Neue Geschäftsidee des Bachelors

Die LED City AG besteht seit 2017. Die im Zürcher Technopark ansässige Firma besteht heute aus acht Personen im Alter zwischen 25 und 52 Jahren, darunter Entwickler und Konstrukteure, aber auch Verkäufer. Anders als viele Start-ups schreibt LED City zwei Jahre nach der Gründung bereits schwarze Zahlen. Die Geschäftsidee hatte Patrik Deuss im Jahr 2016. Damals schloss er an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Winterthur sein Studium der Energie- und Umwelttechnik mit der Bachelor-Arbeit ab. Er wollte mit dem neu erworbenen Wissen «etwas Sinnvolles machen», wie er sagt. Er und eine Mitstudentin erweiterten eine bestehende LED-Röhre um eine Steuerung, damit das Leuchtmittel nur dann eingeschaltet ist, solange Personen in der Nähe sind. Ein Funktionsmuster zeigte die technische Machbarkeit und das Einsparpotenzial der Idee auf.

2017 tat sich Deuss mit Florian Gärtner zusammen, der sich an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) zum Elektroingenieur hatte ausbilden lassen und unterdessen am Paul-Scherrer-Institut in Villigen AG im Bereich Hochfrequenztechnologie arbeitete. Gemeinsam gründeten sie die LED City AG und brachten das zuvor an der ZHAW entwickelte Funktionsmuster zur Marktreife. Im Sommer 2017 testeten sie eine erste Version der intelligenten LED-Röhre mit Unterstützung des Bundesamts für Energie in einer Zürcher Fussgänger-Unterführung. Ein Jahr später kam die verbesserte Version in der Fussgänger- und Velo-Unterführung in Zürich-Enge zum Einsatz.

Passend für die Fassungen

Die sich selbst steuernden LED-Röhren haben unterdessen verschiedene Einsatzfelder gefunden. In der Hochschule der Künste auf dem Zürcher Toni-Areal beleuchten sie Flure und Treppenhäuser, in der ETH Zürich unterirdische Korridore und in Laax GR und am Flughafen Zürich Parkhäuser. Nun ist die Lichtsteuerung mit Bewegungsmeldern an sich nichts Neues. Neu an der autonomen LED-Röhre von LED City ist, dass hier jeder Leuchtkörper über eine eigene radar-basierte Steuerung verfügt, welche den Leuchtkörper bedarfsgerecht regelt. Damit wird das Licht kleinflächiger gesteuert, und auf den gesonderten und vergleichsweise trägen Bewegungsmelder einschliesslich Verkabelung kann verzichtet werden.

«Je mehr LED-Leuchtkörper wir verkaufen, desto mehr Energie sparen unsere Kunden», so LED-City-Geschäftsleiter Patrik Deuss. Kleinserien werden in der Schweiz gefertigt, grössere Stückzahlen in China. Bei der Installation der LED-Röhren geht das Jungunter

Quelle: Benedikt Vogel

«Je mehr LED-Leuchtkörper wir verkaufen, desto mehr Energie sparen unsere Kunden», so LED-City-Geschäftsleiter Patrik Deuss. Kleinserien werden in der Schweiz gefertigt, grössere Stückzahlen in China. Bei der Installation der LED-Röhren geht das Jungunternehmen teilweise Partnerschaften mit Elektroinstallateuren ein.

Ein weiterer Vorteil, auf den die Entwickler von LED City verweisen, ist die Anwenderfreundlichkeit: Die autonome LED-Röhre kann in eine bestehende Fassung von Leuchtstoffröhren eingesetzt werden. Dazu muss vorgängig einzig das Vorschaltgerät ausgebaut werden, das in der Neonröhre das Leuchtgas zündet.

Die Einfachheit des Systems scheint zu überzeugen: Ein Schweizer Verkehrsbetrieb interessiert sich für die radargesteuerten LED-Röhren, um die Perrons in der Nacht, wenn nur noch wenig Passagiere unterwegs sind, bedarfsgerecht zu beleuchten. Mit einem Schweizer Detailhandelsunternehmen verhandelt LED City über einen Gesamtvertrag, der Büro-, Produktions-, Lager- und Verkaufsräumlichkeiten einschliesst. «Energiesparsysteme sind sehr gefragt, wir sind in einem spannenden Markt unterwegs», sagt Deuss.

Im Facility-Management denkbar

Die autonomen LED-Röhren der ersten Generation waren zunächst nur mit einem Radar ausgerüstet, welches die Leuchtstärke der Röhre bedarfsgerecht gesteuert hat. In der zweiten Generation haben die autonomen LED-Röhren die Fähigkeit, per Bluetooth untereinander zu kommunizieren. Das bringt einen Vorteil für schnellere Verkehrsteilnehmer wie Fahrradfahrer: Wird jede LED-Leuchte allein durch den eigenen Radarsensor gesteuert, wird eine Velo-Unterführung nämlich mitunter zu wenig schnell erhellt.

Anders ist das, wenn die LED-Leuchten kommunizieren können: In diesem Fall gehen all die benachbarten LED-Röhren auf volle Lichtstärke, sobald die erste von ihnen den Velofahrer per Radar wahrgenommen hat. Auch wenn es bei der vorliegenden Anwendung nicht unbedingt nötig erscheint, rüstet LED City immer alle LED-Röhren mit einem Radar aus. Das stellt sicher, dass die einzelnen Leuchten auch in komplexen Situationen – zum Beispiel in Parkhäusern – optimal gesteuert werden können.

Um neue Einsatzgebiete für die LED-Leuchten zu ermöglichen, ist die zweite Generation mit weiteren Sensoren zum Beispiel für Temperatur und Feuchtigkeit bestückt. Die Licht-, Temperatur- und Feuchtigkeitsdaten können dann an einen zentralen Server übermittelt werden. Benutzt wird für die Übermittlung unter anderem das für die Übertragung von geringen Datenmengen ausgelegte «LoRa»-Netz der Swisscom, mit dem der Schweizer Telekom-Konzern das «Internet der Dinge» und Smart Citys ermöglichen will.

Die Lichtdaten (Ein/Aus) verschaffen den Betreibern von Lichtanlagen einen Überblick über die Funktionstüchtigkeit jeder einzelnen Leuchte, was einen schnellen Ersatz möglich macht. Dank Temperatur- und Feuchtigkeitsdaten könnten in Zukunft neue Anwendungen zum Beispiel im Facility-Management möglich werden. Aus den Daten kann der Hausdienst etwa ablesen, wie viele Leute ein Treppenhaus benutzt haben und abhängig davon den Reinigungszyklus organisieren. Auch die Ausrüstung von Autotunnels möchten die Zürcher Jungunternehmer mittelfristig angehen, dies im Wissen, dass dieses Geschäftsfeld noch eine Reihe von technischen und regulatorischen Hürden parat hält.

Hat der Velofahrer die Unterführung durchquert, senken die LED-Röhren ihre Leistung auf 20 Prozent.

Quelle: Benedikt Vogel

Hat der Velofahrer die Unterführung durchquert, senken die LED-Röhren ihre Leistung auf 20 Prozent. 

Nach zwei Jahren amortisiert

Man darf also gespannt sein, wie sich die neue Beleuchtungstechnologie weiter entwickelt und wie sie sich über längere Zeiträume hinweg bewährt. Wie stark die autonomen LED-Leuchtröhren Verbreitung finden, dürfte sich nicht zuletzt auf dem Feld der Wirtschaftlichkeit entscheiden. Eine intelligente LED-Röhre ist mit 90 Franken deutlich teurer als eine Neonröhre (zirka. 8 Franken). Die Stromersparnis macht diesen Nachteil nach Auskunft von LED City aber mehr als wett. Die Jungunternehmer veranschlagen die Einsparung pro Radar-LED-Röhre gegenüber einer klassischen Neon-Röhre auf rund 415 Kilowattstunden pro Jahr und errechnen daraus – mit einen Kilowattstunden-Preis von 19 Rappen – eine Jahresersparnis von 79 Franken.

Damit seien die Anschaffungskosten einer autonomen Röhre innerhalb von ein bis zwei Jahren durch die Stromeinsparung amortisiert. «Wir geben auf unsere LED-Leuchtmittel eine Garantie in der Länge der Amortisationszeit, somit trägt der Kunde kein Risiko», sagt Deuss zum Geschäftsmodell von LED City. Er verweist zudem auf die deutlich längere Lebensdauer von LED-Röhren im Vergleich zu Neon-Röhren (mehr als 50 000 gegenüber 13 000 Betriebsstunden).

«Meine Vision ist, dass alle Leuchtmittel intelligent werden», sagt Deuss. Wenn der Zürcher Firmengründer recht behält, wird sich in Zukunft niemand mehr um das Lichterlöschen kümmern müssen – jedenfalls nicht aus Gründen des Energiesparens.

Weitere Fachbeiträge über Forschungs-, Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprojekte im Bereich Elektrizitätstechnologien finden Sie unter www.bfe.admin.ch/ec-strom.

Vergleich der Messwerte für eine Stunde aus der Zürcher Fussgängerunterführung, in der die LED-Röhren der ersten Generation installiert waren: Während zehn klassische Neonröhren (keine Dimmung) 530 Watt verbrauchen, sinkt der Verbrauch beim Einsatz von LE

Quelle: BFE-Schlussbericht

Vergleich der Messwerte für eine Stunde aus der Zürcher Fussgängerunterführung, in der die LED-Röhren der ersten Generation installiert waren: Während zehn klassische Neonröhren (keine Dimmung) 530 Watt verbrauchen, sinkt der Verbrauch beim Einsatz von LED-Röhren (keine Dimmung) auf 188 Watt. Mit der von LED City entwickelten radargesteuerten Dimmung sinkt der Verbrauch auf 57 Watt: die dunkelblauen Spitzen zeigen die Zeiten an, wo die Leuchten auf ihre volle Leistung gehen, weil Fussgängerinnen und Fussgänger im Tunnel unterwegs sind.

LED-Röhre mit Radarsensor

Für den Haushaltsbereich gibt es schon viele smarte Beleuchtungen. Für die Beleuchtung von Büros, Produktionshallen und öffentlichen Standorten sind «intelligente» Leuchtmittel noch wenig verbreitet. Die Grundlage der Neuentwicklung von LED City sind handelsübliche LED-Röhren. Sie enthalten eine grosse Zahl von Leuchtdioden (LED). Im Fall der 1,5 Meter langen LED-Röhre sind es 196 Dioden. Das Licht stammt hier also nicht von einem Glühfaden (Glühbirne) oder einem fluoreszierenden Gas (Leuchtstoffröhre), sondern wird von einem Halbleitermaterial erzeugt.

LED-Röhren haben – bei gleicher Lichtmenge (zirka 3000 Lumen) – einen Verbrauch von nur 19 Watt, gegenüber 53 Watt einer Leuchtstoffröhre (davon 40 Watt für die Leuchtstoffröhre und 13 Watt für das Vorschaltgerät). LED-Röhren sind in allen beliebigen Farbtemperaturen erhältlich, nicht nur, wie oft vermutet, im kaltweissen Lichtbereich. Das Vorschaltgerät wird für die LED-Beleuchtung nicht mehr benötigt, was bei austauschbaren LED-Leuchtmitteln eine enorme Erleichterung beim Unterhalt darstellt.

Die Entwickler von LED City haben die LED-Röhren mit einem Radarsensor ausgerüstet, der Bewegungen mit einer Radiofrequenz von 5,8 Gigaherz in einem Umkreis von rund zehn Metern detektieren kann. Die autonome LED-Röhre ist zudem mit einem Helligkeitssensor ausgerüstet. Er misst das vorhandene Licht und blendet das Licht des Leuchtmittels so auf, dass der benötigte Pegel erreicht wird. (bv)

Das Team der LED City AG um die beiden Gründer Florian Gärtner (vorne, zweiter von links) und Patrik Deuss (vorne, zweiter von rechts).

Quelle: LED City AG

Das Team der LED City AG um die beiden Gründer Florian Gärtner (vorne, zweiter von links) und Patrik Deuss (vorne, zweiter von rechts). 

Das BFE unterstützt Projekte

Die Entwicklung einer autonomen LED-Röhre durch die LED City AG (Zürich) gehört zuden Pilot- und Demonstrationsprojekten, mitdenen das Bundesamt für Energie (BFE) die Entwicklung von sparsamen und rationellen Energietechnologien fördert und die Nutzung erneuerbarer Energien vorantreibt. Das BFE fördert Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprojekte mit 40 Prozent der nicht amortisierbaren, anrechenbaren Kosten. Gesuche können jederzeit eingereicht werden. (bv)

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