Elektronisches Bürgerdossier verspricht massive Einsparungen
Die Verwaltung arbeitet in der Schweiz auf allen Stufen effizient und verlässlich. Punkto E-Government hinke sie jedoch vielen anderen Ländern weit hintennach, schreibt der Verein «eGov-Schweiz», der sich für die Förderung der Innovation im E-Government einsetzt.
Beim Verein erklärt man sich diesen Sachverhalt einerseits mit der föderalistischen Struktur des Landes. Diese habe zu vielen dezentralisierten digitalen Lösungen geführt, welche zum Teil inkompatibel und inkohärent seien. Anderseits, so vermutet «eGov-Schweiz», sei der Leidensdruck noch zu wenig gross, um konsequenter auf digitale Lösungen zu setzen. «Die Lage ist unbefriedigend: Unternehmen ebenso wie Bürgerinnen und Bürger drängen zunehmend darauf, effizienter und einfacher mit Behörden verkehren zu können – und das heisst: elektronisch», schreibt der Verein.
Bürger sollen behördenrelevante Daten online speichern können
Ende Juni hat «eGov Schweiz» eine umfangreiche Studie veröffentlicht. Darin werden vor allem die Rahmenbedingungen untersucht, die der Staat schaffen muss, sowie die Kosten und Nutzen der Digitalisierung errechnet. Als Grundlage dient das «elektronische Bürgerdossier», ein Konzept, das «eGov Schweiz» seit 2012 erarbeitet hat.
Dieses «eBürgerdossier» ist eine elektronische Plattform für jede in der Schweiz lebende Person. Sie kann dort freiwillig relevante Daten speichern und ändern sowie andere Akteure autorisieren, auf diese Daten zurückzugreifen. Damit soll der Datenaustausch zwischen Personen, Unternehmen und staatlichen Instanzen erleichtert werden.
Die Studie identifiziert die politisch und technologisch relevanten Voraussetzungen für die Umsetzung des «eBürgerdossiers». Und zwar geht sie so vor, dass sie eine begrenzte Anzahl besonders relevanter Fälle untersucht. Dazu gehören unter anderem die An- und Abmeldung bei der Wohngemeinde, die Steuererklärung von Privatpersonen, die Eingabe von Baubewilligungen oder Registerauszüge und Ausweise des Zivilstandswesens.
Transparenz und Kundenorientierung als Schlüssel zum Erfolg
Dabei haben sich, neben den technischen Erfordernissen, folgende Hauptkriterien herauskristallisiert:
- «Der Bürger ist in der Mitte»: Bürger und Bürgerin müssen Inhaber ihrer Daten und Informationen bleiben.
- «Transparenz und Vertrauen»: Der Staat oder ein vertrauenswürdiger Partner muss das «eBürgerdossier» bereitstellen. Die Informationen und Quellen sowie die Zugriffe auf die Daten müssen transparent sein.
- «Sicherheit»: Die Betreiber müssen die Daten- und Informationssicherheit gewährleisten können.
- «Dezentral, aber vollständig»: Die Daten können dezentral verwaltet werden und werden nur bei einer Anwendung oder Abfrage zusammengestellt. Mit dem «eBürgerdossier» sollen alle amtlichen und wichtige administrative Aufgaben abgewickelt werden können.
- Zudem muss die Verantwortung für das eBürgerdossier im Bund einem einzigen Departement zugeordnet sein.
Einsparpotenzial: 900 Millionen Franken pro Jahr
Grob gerechnet schätzt die Studie die einmaligen Implementierungskosten für die Realisierung von Bürgerdossiers auf rund 300 Millionen Franken, die jährlichen Einsparungen hingegen auf rund 900 Millionen. Dafür könnten «öffentliche Dienste und politische Prozesse verbessert und die Durchführung staatlicher Politik erleichtert werden», schreiben die Autoren. (mgt/mrm)