Druck auf die Gemeindeversammlungen
Guido Luternauer, ehemaliger SVP-Kantonsrat aus Schenkon LU hat genug: «Ist es demokratisch, wenn durchschnittlich fünf Prozent der Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung teilnehmen?», fragt er in der NZZ rhetorisch. Solche Aussagen sind nicht neu, kommen normalerweise aber eher aus der anderen politischen Ecke. Doch im Kanton Luzern wurden kürzlich verschiedene SVP-Ortsparteien gegen die Gemeindeversammlungen aktiv.
In Udligenswil, sammelt die lokale Sektion der Volkspartei Unterschriften für eine Initiative mit dem Ziel der Abschaffung der Gemeindeversammlung. Der Titel: «Direkte Demokratie für alle. Udligenswiler Stimmbürger und Stimmbürgerinnen – Ja!». Sie soll noch diesen Herbst zustande kommen und diene dem «Ausbau der direkten Demokratie». Auch in Sursee, Nottwil, Schenkon, Geuensee, Wolhusen und Dagmersellen wird der Gedanke langsam aber sicher populär. Das Stimmvolk soll alle Entscheide nur noch über die Urne fällen.
In den letzten Jahren haben bereits Ruswil, Buchrain, Römerswil und Ebikon ihre Gemeindeversammlung abgeschafft. «Dadurch hat sich die Stimmbeteiligung an der Urne im Vergleich zu den Teilnahmen an Gemeindeversammlungen mindestens verzehnfacht, sagte Luternauer gegenüber dem Online-Magazin «Zentral plus». «Volksentscheide sind viel breiter abgestützt und die Gefahr der Manipulation ist gebannt.»
Angriffe auf die Versammlung auch in Zug und Schwyz
Auch in anderen Kantonen der Zentralschweiz geraten die Gemeindeversammlungen unter Druck: Im Kanton Zug fordern die Grünliberalen per Volksinitiative, dass in Orten mit mehr als 10 000 Einwohnern die Stimmberechtigten über die Einführung eines Gemeindeparlaments entscheiden müssen. Konkret geht es um die Städte Cham und Baar, letztere ist mit über 23 000 Einwohnern gar eine der grössten Gemeinden der Schweiz ohne Parlament. «Als Auswärtige hat man in der offenen Abstimmung keine Chance», ärgert sich die Zuger GLP-Co-Präsidentin Michèle Kottelat.
Selbst im Kanton Schwyz, wo Gemeinde- und Bezirksversammlungen über besonders grosse Entscheidungskompetenzen verfügen und selbst der Bezirksammann, die Bezirksräte, der Landschreiber und gar die Richter im offenen Handmehr gewählt werden, regt sich Widerstand. FDP-Kantonsrat Rolf Bolfing will diese Demokratieform zwar nicht abschaffen, aber entmachten. Wahlgeschäfte und Finanzfragen sollen zwingend an der Urne entschieden werden, verlangt er in einer Einzelinitiative. Ausserdem sollen Urnenabstimmungen erleichtert werden sowie ein Finanzreferendum möglich sein. (aes)