Digitales Abfallmanagement: Das Auge im Kübel
Mittels Sensoren in den Abfalleimern kann die Gemeinde Münchenbuchsee BE jederzeit die Füllstände überprüfen – und die Leerungsfahrten entsprechend planen. In einer Testphase in Zusammenarbeit mit der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften zeigte sich, dass dadurch die Kosten, der Zeitaufwand und die CO2-Emissionen sinken.
Quelle: Hans, Pixabay-Lizenz
Sind überquellende Mülleimer bald Geschichte? Füllstandmesssysteme können die Planung der Leerungsfahrten erleichtern und transparenter machen.
Überfüllte Abfalleimer, aus denen Plastiksäcke, Bierdosen und anderer Müll quellen – der Anblick ist vor allem in den Sommermonaten nichts Ungewöhnliches. Für das Orts-bild ist er nicht gerade förderlich. Und für jene, die die Eimer leeren müssen, ist das Ganze vor allem eines: mühsam. Hier setzen Füllstandmesssysteme an.
Ob Unterflursystem, normaler Abfalleimer oder Robidog, mittels Sensor innerhalb des Behälters kann aus der Ferne überwacht werden, wie voll dieser ist und wann die nächste Leerung sinnvoll wäre. Was ein solches Messsystem bringt, hat die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) 2019 untersucht. Auf der Basis eines Pilotprojekts in der Gemeinde Münchenbuchsee BE zeigten die Forschenden, was die Füllstandmessung in finanzieller, personeller und ökologischer Hinsicht für die Gemeinde und ihr Ab-fallmanagement bedeutet.
«Wir können nun die Füllstände all unserer Abfallbehälter überwachen. Damit sparen wir im Werkhof Zeit, Kosten und Treibstoff und können gleichzeitig eine Qualitätssteigerung feststellen sowie CO2 einsparen», erklärt Stefan Augsburger, Leiter des Werkhofs in Münchenbuchsee. Er arbeitet für das Entsorgungsunternehmen Schwendimann AG, das seit 1999 im Auftrag der Gemeinde den ausgelagerten Werkhofbetrieb führt. Ganz neu war die Idee der Füllstandmessung für Münchenbuchsee nicht. Bereits vor rund fünf Jahren testete die Schwendimann AG ein Messsystem in den Glassammelbehältern, allerdings ohne Erfolg. «Die Reflexion des Glases hat die Auswertung verfälscht. Deshalb mussten wir das Projekt abbrechen», berichtet der Werkhofleiter.
Umso zufriedener ist er mit den Ergebnissen aus dem ZHAW-Pilotprojekt, bei dem Sensoren der Anta Swiss AG eingesetzt wurden. Die Firma installierte das sogenannte Hai-Auge, wie der Sensor des Abfallhai-Herstellers heisst, in sämtlichen 101 Mülleimern der Gemeinde Münchenbuchsee. Zudem wurden versuchsweise erneut vier Glascontainer mit Sensoren ausgestattet. Dieses Mal seien die Messwerte deutlich besser als beim Versuch vor fünf Jahren, wobei derzeit noch einzelne Verbesserungen bei den Glasabfall-Messungen vorgenommen würden, so Augsburger.
Zeit und Geld gespart
In der ersten Projektphase wurde der Ist-Zustand erhoben: Während fünf Wochen leerten die «Werkhofmitdenker», wie die Schwendimann AG ihre Mitarbeitenden nennt, die Abfalleimer wie gewohnt, ohne vorab den Füllstand zu kontrollieren. In der zweiten, ebenfalls fünfwöchigen Testphase wurden die neuen Informationen der Füllstandmessung berücksichtigt und die Behälter nur dann geleert, wenn es nötig war.
In seiner Auswertung kam das ZHAW-Team zum Schluss, dass der Werkhof dadurch jährlich rund 400 Stunden respektive 14 Prozent des Zeitaufwands und zusätzlich 17 Prozent Kosten in der Höhe von über 30 000 Franken, etwa durch weniger Dieselverbrauch, einspart. Für Augsburger und sein Team war vor allem die Zeitersparnis erstaunlich: «Wir haben in den Sommermonaten etwa einen Arbeitstag pro Woche gewonnen. Und wir fahren deutlich weniger Kilometer.» Das Ergebnis: eine jährliche CO2-Reduktion von rund 17 Prozent.
Zwar verglich die Studie nur zwei kurze Zeiträume von je fünf Wochen, doch war der Projektzeitraum eigentlich eher ungünstig für eine solche Auswertung: «Wir haben die Sensoren zu einem Zeitpunkt eingebaut, in dem die Temperaturen stiegen und erfahrungsgemäss mehr Abfall im öffentlichen Raum anfällt», erklärt Matthias Strebel, Geschäftsführer und Mitinhaber der am Projekt beteiligten Anta Swiss. Zudem müssen die Abfalleimer in wärmeren Monaten unabhängig von ihrem Füllstand öfter geleert werden, um Geruchsemissionen und Madenbildung zu verhindern.
Als Studienpartner erhielt der Werkhof die Sensoren zu einem Vorzugspreis. Normalerweise kostet ein Sensor von Anta Swiss rund 200 Franken. Die jährlichen Lizenzgebühren zur Nutzung der digitalen Plattform, welche die Informationen zentral verfügbar macht, sind abhängig von der Anzahl der vernetzten Sensoren. Münchenbuchsee hat 101 Abfalleimer damit ausgestattet und zahlt rund 2000 Franken Gebühren pro Jahr.
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