Die Digitalisierung hat die Raumentwicklung erreicht
Das aktuelle Heft des «Forums Raumentwicklung» untersucht, wie die Digitalisierung und insbesondere die Nutzung von Geodaten die Raumentwicklung stärken kann und wo möglicherweise Fallstricke liegen.
Quelle: abbilder (CC BY 2.0)
Für Verkehrsplaner interessant: Um gefährliche Velo-Hotspots im Strassenverkehr zu identifizieren, messen Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) auch die Schweissausbrüche der Testfahrer.
Ob Mobilität, Arbeit, Freizeit, Konsum oder Wohnen, die Digitalisierung verändert alles. Auch die Nutzung des Raums wird von diesem Umbruch zunehmend geprägt, und zwar sehr vielfältig, wie das neue Heft «Forum Raumentwicklung» des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE) zeigt.
So kommt der Leitartikel von Dirk Engelke, Professor für Raumentwicklung an der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR), zum Schluss, dass die Digitalisierung als Technologiesprung die Städte verändern wird. Vernetzung, Teilautonomie und Dezentralisierung könnten dazu dienen, dass Bürger sich als Teil eines erweiterten Service public begreifen. Engelke mahnt aber, dass die Digitalisierung in der Raumentwicklung viel Know-how voraussetze – und appelliert an die Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung, der Kompetenz wie Geoinformation genügend Aufmerksamkeit zu schenken.
Junge kennen virtuelle Landschaften schon lange
Wie praxisnah beispielsweise die ETH das Thema behandelt, macht Adrienne Grêt-Regamey im Interview klar. Die Professorin am Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung (IRL) der ETH Zürich nutzt für ihre Projekte vielfältige Instrumente auf der Basis von Geoinformationen, um bessere raumplanerische Lösungen zu erhalten.
Was für gestandene Fachleute teils neue Welten sind, ist für die heutigen Studierenden als Digital Natives weniger herausfordernd: «Diese haben schon als Jugendliche mit Spielen wie Minecraft gelernt, virtuelle Landschaften zu bauen», so Grêt-Regamey.
Modelle auf der Basis von Geodaten seien auch in Mitwirkungsprozessen sehr nützlich. Allerdings dürfe man die interessierten Laien nicht überfordern, müsse die Zahl der untersuchten Indikatoren beschränken und sich bewusst sein, dass bereits das Setting einer solchen Mitwirkung das Resultat beeinflusse.
Wenn Verkehrsplaner Schweissausbrüche messen
Praxisnah arbeitet auch Peter Zeile, Forschungsgruppenleiter am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Um beispielsweise städtische Hotspots für Velofahrer, also besonders gefährliche Stellen, zu identifizieren, werden von den Testfahrern neben Zeit und Geokoordinaten auch die Parameter «Hauttemperatur» und «Hautleitfähigkeit» erfasst. Bricht also einem Probanden angesichts der akuten Gefahr im Stossverkehr der kalte Schweiss aus, wird diese Information registriert. Die Verkehrsplaner können bei der Nachprüfung eine Verbesserung der neuralgischen Stelle entwickeln.
Öffentlichen Raum visuell analysieren und neu begreifen
Dass Digitalisierung auch ästhetisch sein kann, zeigen Barbara Hahn und Christine Zimmermann, die im Bereich Kommunikationsdesign und Informationsgrafik tätig sind. Mit ihrer visuellen Analyse ergründen sie den Charakter von Strassenzügen und Quartieren, zeigen auf, wann welche Tramhaltestellen wie stark frequentiert wird oder fassen in grafische Bilder, wo welche Baumarten wachsen und welches Alter die Pflanzen schon erreicht haben. Die Methode soll es erlauben, den öffentlichen Raum neu zu begreifen und die Evaluierungsprozesse in Raumplanung, Architektur und Städtebau zu verbessern.
Daten sind auch für die tagesaktuellen Medien eine wichtige Basis, umso mehr, wenn sie sich digital aufbereiten lassen. Eine Reportage besucht das dreiköpfige Datenteam von Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) bei der Arbeit. Selbst eher langweilige Themen lassen sich überraschend attraktiv aufbereiten, wenn die zahlreichen öffentlich zugänglichen Daten in Karten gegossen werden oder wenn sich etwa ein online verfügbarer Text mit den individuellen Daten des Lesers verknüpfen lässt. (mgt/nsi)