Der stille Wohnungsriese: Stiftung Habitat Basel wird 25
Die Basler Stiftung Habitat wirkt gewöhnlich im Stillen. Sie schafft und erhält bezahlbaren Wohn- und Gewerberaum. Auch Mieter mit speziellen Ansprüchen finden bei ihr Gehör. Zum Jubiläum spendiert sie Basels grösstem Betonwüstenplatz eine begrünte Pergola.
Quelle: Alexandra von Ascheraden
Betonwüste «Vogesenplatz», am frühen Vormittag fotografiert, während das angrenzende Gebäude noch Schatten wirft. Er entstand 2009 im Rahmen einer durchgestylten Neubebauung gegenüber dem Bahnhof St. Johann. Die Stiftung konnte das in Zeiten des Klimawandels offenbar nicht mehr mit ansehen und spendiert den Trambenutzern wenigstens eine grüne Pergola, die zumindest etwas Aufenthaltsqualität geben soll. Jetzt muss das Grün erst einmal kräftig wachsen.
Bezahlbaren Wohn- und Gewerberaum zu schaffen ist ein wichtiges Ziel der Stiftung Habitat. Sie ist dabei aber durchaus kreativ und hat ein offenes Ohr für Menschen mit besonderen Bedürfnissen. So hat die Stiftung beispielsweise eigens ein Wohnhaus für Musiker geschaffen, in dem sie in Ruhe üben können.
Es hat sich derart bewährt, dass nun ein zweites entstehen
soll. Auch den Jazzcampus Basel hat Habitat ermöglich. Im Moment entsteht der
Campus der Ballettschule Theater Basel, die auf mehrere Provisorien verteilt
war, die alle in absehbarer Zeit ablaufen würden. Zudem platzte sie aus allen
Nähten. Habitat baut, den Innenausbau muss die Ballettschule selber stemmen.
Jubiläumsgeschenk für Basels Betonwüstenplatz
Zum 25-jährigen Bestehen spendet die Stiftung nun eine grüne Pergola für Basels vermutlich heissesten Platz. Der Vogesenplatz, 2009 in einem neuen, durchdesignten Strassenzug angelegt, ist eine grosse, schattenfreie Betonwüste. In Zeiten des Klimawandels scheint sie um so absurder.
Die wenigen einsamen Wasserfontänen helfen da auch nichts. Stadtgrün? Nicht vorgesehen. Statt dessen strahlt der Beton strahlt die Sommerhitze gnadenlos bis in die Abendstunden ab. Auf den optisch durchaus interessanten Sitzgelegenheiten herrscht in den heissen Monaten ab dem späten Vormittag Leere.
Quelle: Alexandra von Ascheraden
Das weisse Gebäude rechts ist ein Wohnhaus für Musiker, in dem sie schallgedämmte Probenräume vorfinden. Die Gebäude links daneben sind ebenfalls Wohngebäude der Stiftung.
Quelle: Alexandra von Ascheraden
Eingangstür zum Musikerwohnhaus. Oben links an der Tür hat die Stiftung wie an all ihren Wohnhäusern einen Hinweis angebracht, das es als Objekt aus ihrem Portfolio kennzeichnet.
Am Beton kann die Stiftung nichts ändern. Am nicht vorgesehenen Pflanzraum für schattenspendende Bäume auch nicht. Aber sie finanziert eine begrünte Pergola, die den Platz etwas erträglicher macht. Mindestens fünf Jahre darf sie am Ort bleiben – vermutlich will sie auch danach niemand missen. Ursprünglich sollte auch das Dach der angrenzenden Tramhaltestelle begrünt werden. Da naturgemäss Schienen in der Nähe sind hätte das jedoch hätte ein bundesrechtliches Planungs- und Genehmigungsverfahren ausgelöst. So liess man den Gedanken fallen.
Die in die Pergola integrierte Photovoltaikanlage erzeugt nun die Energie für das Bewässerungssystem und betreibt zeitweise eine Vernebelungsanlage, die die schwitzenden Passanten mit Sicherheit zu schätzen wissen. Geplant wurde das Ganze von den Architektinnen und Architekten von GroenlandBasel. Alles ist fixfertig. Nur das Grün muss noch kräftig spriessen, bis es die Holzstruktur verdeckt.
Bezahlbares für das kleine Portemonnaie
Die Stiftung tritt gewöhnlich eher diskret auf. Ihr Bestehen verdankt sie der Roche-Erbin Beatrice Oeri, die eher wegen der Finanzierung von Medien den Medien auftauchte. Etwa wegen der nach wenigen Jahren mangels ausreichend erwirtschafteter Eigenmittel gescheiterten «Tageswoche» oder später deren Nachfolger «Bajour».
Die Stiftung Habitat jedenfalls waltet im Stillen. Klar richtet sie sich auf die Bedürfnisse von Familien, Alten und Behinderten aus, die auch in Basel häufig Schwierigkeiten haben, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Zudem engagiert sie sich für Quartiertreffs, Grünflächen und engagiert sich auch sonst für die Gestaltung von öffentlichem Raum.
Quelle: Alexandra von Ascheraden
Die Kinderbibliothek Jukibu, die Jugendliteratur in Dutzenden Sprachen anbietet, fand im Neubau endlich ebenso eine angemessene Unterkunft wie die Mieter in den oberen Stockwerken.
Stiftung verwaltet 470 Wohnungen
Mit Zahlen geht die Stiftung ausgesprochen diskret um. Dem Geschäftsbericht auf ihrer Website lässt sich immerhin entnehmen, dass sie 110 Gewerbeeinheiten verwaltet, dazu 470 Wohnungen. 822 Menschen leben als Mieter in den Wohnungen, 700 weitere in Genossenschaftswohnungen. Diese wurden auf insgesamt 18 Parzellen der Stiftung errichtet. Tiefer gehende Zahlen enthält nur der Bericht, der der Stiftungsaufsicht zugestellt wird.
Die bz basel konnte aber immerhin herausfinden, dass das Portfolio 10 Millionen Franken Ertrag pro Jahr erzielt und steuerlich mit 250 Millionen Franken bewertet ist. Was noch nichts über den Marktwert aussagt, der wohl deutlich höher ist. Faktisch, so die bz, liege der Ertrag tiefer. Schon allein, weil mit rund einer Million etwa ein Drittel der Wohnungen zusätzlich verbilligt wird. Die Stiftung kann ihrer geringen Bruttorendite trotzdem wirtschaften, obwohl diese auch die Instandhaltung der Wohnungen finanzieren und die Verwaltung stemmen muss. Es soll schlicht und ergreifend keine Rendite auf das von Oeri gestiftete Kapital übrig bleiben. Alles fliesst zurück.
Dabei ist Habitat auch in der Quartierentwicklung aktiv. Im Erlenmatt Ost entwickelt sie erstmals ein grosses Areal von Grund auf mit verschiedenen Bauträgerschaften, bebaut es neu und schafft so bezahlbaren Wohnraum. Dabei wird der Boden der Spekulation entzogen und nur im Baurecht abgegeben. In einem Getreidesilo von 1912 entstand zudem ein Hostel. Aktuelles Entwicklunsprojekt ist nun Lysbüchel Süd, wo auf dem Areal des ehemaligen Coop-Verteilzentrums ebenfalls neu gebaut werden kann. Hier entsteht unter anderem ein zweites Musiker-Wohnhaus.
Quelle: Alexandra von Ascheraden
Betonwüste «Vogesenplatz», am frühen Vormittag fotografiert, während das angrenzende Gebäude noch Schatten wirft. Er entstand 2009 im Rahmen einer durchgestylten Neubebauung gegenüber dem Bahnhof St. Johann. Die Stiftung konnte das in Zeiten des Klimawandels offenbar nicht mehr mit ansehen und spendiert den Trambenutzern wenigstens eine grüne Pergola, die zumindest etwas Aufenthaltsqualität geben soll. Jetzt muss das Grün erst einmal kräftig wachsen.
Politisch engagiert
Nur wenn es um die Politik geht, engagiert sich die Stiftung deutlich lautstärker. Zum Beispiel für die Bodeninitiative, die den kleinen, stets an Grund klammen Stadtkanton verpflichtet, Grund nur noch im Baurecht abzugeben.
Aktuell weibelt sie für «Basel baut Zukunft». Das Ziel dieser Initiative: Zumindest auf den wenigen in der Stadt vorhandenen Entwicklungsarealen soll es Pflicht werden, die Hälfte der nutzbaren Bruttogeschossfläche in Kostenmiete anzubieten. Die Initiative will, dass auf den grossen Industriearealen wie Klybeck, Volta, Dreispitz und Wolf, die Basel von Gewerbe- in neue Wohn- und Arbeitsquartiere umwandelt, lebhafte und lebenswerte Quartiere nach menschlichem Mass entstehen mit viel Grün und wenig Verkehr.
Die der Bebauung zugrunde liegenden Zonen- und Bebauungspläne müssten unter Mitwirkung der Bevölkerung erarbeitet und die Ergebnisse dieser Mitwirkung in der Planung angemessen berücksichtigt werden. Ausserdem müssten sie CO2-Neutralität erreichen.