Datenschutzproblem bei Tesla-Flotte der Polizei Basel
Alarmpikett mit dem Tesla X: Basels Polizei fährt elektrisch. Erst sorgte die Beschaffung für Ärger, dann musste der Datenschützer ran, damit Tesla nicht mehr über die Insassen erfährt, als den Ordnungshütern lieb sein kann.
Quelle: Justiz- und Sicherheitsdepartement Basel-Stadt
Die Alarmpikett-Fahrzeuge der Basler Polizei. Vorne der besagte Tesla, dahinter seine Vorgänger: BMW (1985), Opel (1997) und Mercedes (2013).
Die Basler Polizei hat sich beim Ankauf von sieben Alarmpikett-Fahrzeugen für nichts Geringeres als das Tesla-Modell X 100D mit Flügeltüren entschieden. Es wird vermutlich nicht so ausgehen wie für Sylvester Stallone 1993 in «Demolition Man», der als raubeiniger Polizist in der Zukunft landet und dort nebenbei auch mit den Tücken der futuristischen Einsatzwagen kämpft. Flügeltüren inklusive.
Die Teslas sollen in Basel Diesel-Kombifahrzeuge ersetzen. Mit 525PS und Vierradantrieb werden Ordnungshüter künftig den Delinquenten nachsetzen. Da Teslas eher eine Art rollende Computer sind, kam die Datenschutzfrage auf. Beispielsweise erhebt das Fahrzeug nicht zur Informationen zu seinem eigenen Zustand, sondern auch über das Verhalten seines Fahrers und meldet dies an den Hersteller und kann auch sonst noch so einiges.
Daher musste der kantonale Datenschutzbeauftragte Beat Rudin ran. Er wurde zur Vorabkontrolle im Sinne von Paragraf 13 des Informations- und Datenschutzgesetzes herangezogen und sollte ermitteln, wie sich dieses Fahrzeug so nutzen lässt, dass sich keine datenschutzrechtlichen Probleme auftürmen. Rudin fand acht heikle Punkte die die Polizei umschiffen muss, um rechtlich nicht im Graubereich zu landen.
Der Datenschützer wird in Zukunft häufiger gefragt sein. Das Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD) räumt ein, dass es aufgrund des Pioniercharakters dieses Kaufs, der beispielhaft für das «Internet der Dinge» stehe, also für mit dem Internet verbundene Alltagsgegenstände, generell zu klären gebe, wie künftig bei derartigen Beschaffungen vorzugehen sei. «Unabhängig von der Marke und vom Hersteller haben Fahrzeugbeschaffungen zunehmend den Charakter von Beschaffungen im Informatik-Bereich, was eine Überprüfung und allfällige Anpassung der Abläufe notwendig macht», so das JSD.
Die ersten Teslas wurden noch im Dezember 2018 geliefert. Im Einsatz aber sind sie erst seit Ende April. Vorher mussten die Mannschaften daran ausgebildet werden und der Datenschützer seine Prüfung durchführen. Dennoch sorgten die Wagen bereits für Schlagzeilen, bevor sie in Basel überhaupt offiziell unterwegs waren.
Erst gab es Ärger, weil die Prozesse beim Ankauf nicht klar genug dokumentiert waren. Die sieben Fahrzeuge im Wert von einer Million Franken (inklusive Umbau auf die Bedürfnisse der Polizei) wurden freihändig beschafft. Sie sind somit deutlich teurer als vergleichbare Dieselfahrzeuge. Dafür erwartet das JSD deutlich geringere Betriebs- und Unterhaltskosten, die die Mehrkosten amortisieren sollen.
Ärger mit der Beschaffung
Eine Ausschreibung fand mangels konkurrierender Anbieter nicht statt. Wie man jedoch zum Entscheid kam, nur vollelektrische Fahrzeuge zuzulassen und Hybridfahrzeuge nicht zu evaluieren, liess sich nicht mehr nachvollziehen, da das nirgends schriftlich festgehalten war. Im März 2018 fuhr die Belegschaft der Polizeigarage zwar an den Automobilsalon nach Genf, um alle Elektrofahrzeuge, die 2020 auf den Markt kommen, bezüglich ihrer Eignung für Basel zu begutachten. Der Entscheid zugunsten von Tesla war zu diesem Zeitpunkt jedoch längst gefallen. Gereist wurde trotzdem.
Der mager dokumentierte Entscheidungsfindungsprozess wurde von der Geschäftsprüfungskommission in mehreren Punkten deutlich kritisiert. Der korrekt aufgegleiste Vorgehensplan wurde irgendwann ausserhalb der protokollierten Sitzungen abgebrochen, wichtige Dokumente nicht erstellt und nur noch die Variante «Tesla» weiterverfolgt.
Tesla-SIM-Karte ersetzt
Seit Ende April nun rollen die ersten beiden Fahrzeuge durch Basels Strassen. Sie müssen dabei auf einige Funktionen verzichten. So ist auf Anordnung Rudins auszuschliessen, dass die Geolokalisierung durch das Navi Rückschlüsse auf transportierte Personen zulässt. Zudem wurde die Tesla- SIM-Karte, die für die drahtlose Übertragung von Daten gebraucht wird, durch die eines schweizerischen Anbieters ersetzt.
Änderungen der Konfiguration in der Hard- und Software dürfen nicht automatisch erfolgen, sondern werden erst auf ihre datenschutzrechtliche Relevanz überprüft. Die Bild- und Videodaten, die ausserhalb der Fahrzeuge aufgenommen werden, werden jedoch laut Datenschützer ohnehin nur temporär auf einem internen flüchtigen Speicher festgehalten und schaffen keine datenschutzrechtlichen Probleme.
Quelle: Polizeimuseum Basel
Das erste Alarmpikett-Fahrzeug der Basler Polizei wurde 1946 angeschafft: Ein Plymouth De Luxe 4 Door Touring Sedan Modell 1035.
Die im Falle eines sicherheitsrelevanten Vorfalls an den Hersteller gesandten Daten beträfen nur wenige Sekunden vor dem Ereignis. Diese Daten würden verschlüsselt übermittelt und auf dem Fahrzeugspeicher gelöscht. Bei den Teslas darf nach Rudins Anordnung auch keine Dashcam in Betrieb genommen werden.
Audiodaten würden nur aufgenommen, wenn der Sprachbefehlsknopf am Lenkrad aktiviert werde. Sie würden in Echtzeit verschlüsselt, an einen von Tesla beauftragten Drittanbieter für die Umwandlung von Sprach- zu Textbefehlen weitergeleitet und als umgewandelter Text am Armaturenbrett angezeigt. Diese Sprachbefehle würden nur temporär im Fahrzeug gespeichert und nach der Bearbeitung gelöscht und seien somit unbedenklich.
Die Messung des Datenverkehrs zwischen Fahrzeug und Internet ergab, dass das beobachtete Aufkommen und Datenvolumen für den Dienst plausibel erscheint. Personenbezug sei im Falle der Alarmpikettfahrzeuge nicht direkt herstellbar, da Aussenstehende grundsätzlich keine Kenntnis haben könnten, wer sich zu einem bestimmten Zeitpunkt im Fahrzeug befinde.
Polizisten zufrieden
Durch weitere Sensoren würden zwar Informationen zum Fahrzeugzustand inklusive des Fahrverhaltens und zu den Fahrzeuginsassen erhoben, auf internen Speichermedien festgehalten und anschliessend an Tesla übermittelt. Die Herstellerin könne jedoch allein aufgrund der Fahrzeugidentifikationsnummer nicht bestimmen, wer die Person sei.
Jetzt also rollen die Teslas in Basel. Erst einmal zwei, im Herbst kommen weitere hinzu. Die Polizisten scheinen mit ihren Fahrzeugen zufrieden. Zum Glück, denn pro Jahr legen sie etwa 300'000 Kilometer damit zurück. Da geht doch nichts über ein gutes Fahrgefühl.