Bettwil erhält voraussichtlich keine Asylunterkunft
Der kantonale Aargauer Rechtsdienst kam zum Schluss, dass für die Militäranlage die allgemeinen Grundsätze des Baurechts gelten, weil die bundes- oder kantonsrechtlichen Sonderregelungen fehlen. Der Regierungsrat schliesse sich der Beurteilung an, teilte die Staatskanzlei heute mit.
Das Bundesamt für Migration (BFM) hatte sich auf den Standpunkt gestellt, es brauche für eine befristete zivile Mitbenützung der militärischen Anlage keine Baubewilligung.
Der Gemeinderat des 560-Seelen-Dorfes Bettwil im Freiamt und ein regionales Komitee vertraten die Ansicht, es brauche ein Bewilligungsverfahren. Es gebe keine rechtlichen Grundlage für eine Baubewilligung. Die Gegner der Asylunterkunft stützten sich auf zwei eigene Rechtsgutachten.
Gemäss Rechtsdienst des Kanton Aargau plante das BFM eine erhebliche Vergrösserung der Unterbringungskapazität, was zwingend ein Baubewilligungsverfahren erfordert. Die gesetzlichen Voraussetzungen fehlten, um eine entsprechende Baubewilligung zu erteilen. Die Anlage liege ausserhalb des Baugebietes, heisst es weiter.
Bund wartet ab
Das BFM sieht noch keinen Grund, das Asylzentrum bereits abzuschreiben. «Es ist ein Gutachten, kein Rechtsurteil», sagte BFM-Sprecher Michael Glauser. Zudem gebe es in der Sache mehrere Gutachten, die nicht alle identisch seien. Das BFM wolle der «Arbeitsgruppe Bettwil», die sich mit den Gutachten beschäftigen werde, nicht vorgreifen, sagte er. Der Arbeitsgruppe gehören Vertreter des BFM, des Kantons und der Gemeinde an. Das BFM sei überzeugt, dass der Kanton Aargau weiterhin an einer einvernehmlichen Lösung zur Unterbringung der Asylbewerber interessiert sei, hielt Glauser fest. Es brauche den Willen des Kantons und der Gemeinden, sonst gehe es nicht.
Bettwil sieht sich bestätigt
Der Gemeinderat von Bettwil hingegen geht davon aus, dass der Bund die Militäranlage nun nicht als Asylunterkunft nutzen wird. Er könne sich nur schwer vorstellen, dass sich das BFM über das Rechtsgutachten des Kantons hinwegsetzen werde, sagte Gemeindeammann Wolfgang Schibler (SVP).
Für Schibler steht fest, dass sich die Aargauer Regierung viel Ärger hätte ersparen können, wenn die Rechtslage von Beginn an seriös untersucht worden wäre. «Dann wäre Bettwil gar nie zum Thema geworden. Das ganze Theater war umsonst», sagte der Gemeindeammann. Der Regierungsrat habe der Gemeinde während einer Zeit von zwei Monaten «Lebensqualität» genommen. «Er stahl uns Zeit. Alles kostete uns viel Geld.»
Die aufgebrachten Einwohner der kleinen Gemeinde hatten vehement und sehr emotional gegen die vom Regierungsrat unterstützten Pläne des BFM gekämpft. Es gab mehrere Kundgebungen und für eine Petition gegen die Unterkunft wurden 9700 Unterschriften gesammelt.
Aargau vertraute dem Bund
Die Kantonsregierung räumte ein, dass der Kanton die Rechtslage bereits früher hätte abklären können. Man sei wohl «etwas leichtgläubig» gewesen, sagte Landammann Urs Hofmann (SP). Die Regierung sei davon ausgegangen, dass das BFM die Rechtslage geklärt habe, meinte Balz Bruder, Mediensprecher des Departementes Gesundheit und Soziales (DGS).
Als Bedingung habe die Regierung festgehalten, man stehe dem Projekt positiv gegenüber, wenn die militärische Anlage ohne Baubewilligung für sechs Monate als Unterkunft genutzt werden könne. (aes/sda)
Mehr zum Thema Asylunterkünfte in Gemeinden lesen Sie in der kommenden Ausgabe des «kommunalmagazin».