Avenir Suisse stellt rot-grünen Städten gutes Zeugnis aus
Die Schweizer Städte sind «in vielen Bereichen gut aufgestellt». Zu diesem Schluss kommt ein Städtemonitoring von Avenir Suisse - der liberale Think-Tank fordert aber, dass die Städte ihre Vorbehalte gegenüber Marktmechanismen überwinden müssten.
Quelle: Jonny_Joka/Pixabay
Das rot-grün regierte Zürich liegt im Avenir-Suisse-Städtemonitoring auf Platz eins – trotz «extremer» Verwaltungsnähe städtischer Betriebe.
Avenir Suisse beurteilte die zehn grössten Schweizer Städte unter dem Gesichtspunkt einer «Liberalen Smart City». Dabei wurden in acht Sachgebieten 47 Indikatoren analysiert. Es seien Faktoren, die von der Stadtpolitik möglichst direkt beeinflusst werden könnten, heisst es im neu veröffentlichten Städtemonitoring.
Zürich liegt in der Gesamtwertung mit 64,7 Prozentpunkten auf Platz eins - knapp vor Basel (62,8 Prozent) und Bern (62,7). Dahinter folgen die weiteren Deutschschweizer Städte Luzern (58,3), St. Gallen (53,8) und Winterthur (52,8). Die Plätze 7 bis 10 belegen Lausanne (49,3), Biel (48,9), Lugano (43,1) und Genf (38,8).
Keine rot-grüne Schuldenwirtschaft
Das Monitoring zieht ein grundsätzlich positives Fazit: «Die Verwaltungen funktionieren zufriedenstellend, die Infrastruktur ist auf hohem Niveau und die soziale Kohäsion ist - zumindest unmittelbar - nicht gefährdet.» Zudem nähmen die Städte im Bereich der Digitalisierung eine Pionierrolle ein.
Und während viele Metropolen weltweit nahe am Staatsbankrott agierten, gingen die Schweizer Städte in der Finanzpolitik «fast lehrbuchmässig» vor: Tiefe Schuldenbelastung, hohe und meist selbstfinanzierte Investitionen und selten Defizite. «Der den rot-grünen Regierungen oft angehaftete Vorwurf der Schuldenwirtschaft ist also in dieser Form nicht haltbar.»
Steuersenkungen gefordert
Auch wenn der Think-Tank die Städte also lobt - aus seiner Sicht bleiben durchaus auch Vorbehalte. Denn: «Trotz wiederholten Rechnungsüberschüssen und erheblichem Eigenkapital tun sich einige Städte mit Steuersenkungen schwer.» Die guten Abschlüsse kämen so nicht den Einwohnern zugute - sie würden vielmehr zu «staatlichen Aktivitäten mit teilweise zweifelhaftem Zusatznutzen» führen. So werde der finanzpolitische Spielraum verkleinert, kritisiert Avenir Suisse. Dies könnten die Städte bald schmerzlich spüren.
Denn wichtige Treiber, die den Städten in den vergangenen 20 Jahren zu einer Art Sonderkonjunktur verholfen hätten, schwächen sich ab: Die qualifizierte Zuwanderung gehe zurück, die Globalisierung werde in Frage gestellt und es sei eher unwahrscheinlich, dass die Fiskalerträge weiterhin so üppig sprudeln würden.
Trotz der grundsätzlich guten Noten sieht Avenir Suisse Handlungsbedarf. So erreiche ja auch Zürich auf Platz 1 nur zwei Drittel der maximal möglichen Punkte einer «Liberalen Smart City». Sie habe damit noch «Luft nach oben».
Zudem fallen die Ranglisten in den einzelnen Bereichen unterschiedlich aus: Jede der zehn untersuchten Städte liegt bei mindestens einem der 47 Indikatoren auf Platz 1 - rangiert aber auch in mindestens einem auf dem letzten Platz.
Als «zentrale Einsicht» ergibt sich für die Monitoring-Autoren daraus, dass die Gross- und Mittelstädte viel voneinander lernen könnten und sollten. Dieses zentrale Wesensmerkmal des schweizerischen Förderalismus werde aber unter den Städten teilweise noch zuwenig gelebt.
Mangelnde Trennung von strategischer und operativer Führung
Die Stadtpolitik tue sich zudem prinzipiell schwer mit der Trennung von strategischen Politikvorgaben und operativer Führung. Städtische Betriebe wie Elektrizitätswerke und Verkehrsbetriebe seien in der Regel sehr verwaltungsnah organisiert. So würden Marktmechanismen zur möglichst effizienten Bereitstellung öffentlicher Güter aus ideologischen Gründen abgelehnt, kritisiert der Think-Tank, der gemäss eigenen Angaben «marktwirtschaftliche, liberale und wissenschaftlich fundierte Ideen für die Zukunft der Schweiz» erarbeitet.
Zürich bezeichnet das Monitoring dabei als «Extremfall», da die Stadt diese Betriebe komplett innerhalb der Stadtverwaltung halte und sich auch noch zwei stadteigene Spitäler leiste. Eine solche Verpolitisierung führe zu langwierigen Entscheidungsabläufen: «Der fehlende Marktdruck verhindert Effizienzgewinne und Innovation, dies alles zum Nachteil der Steuerzahler.» Eine politische begründete Notwendigkeit liege dafür nicht vor, privatwirtschaftliche Organisationsformen würden offenbar einfach per se abgelehnt.
Verbesserungspotenzial sieht das Städtemonitoring von Avenir Suisse deshalb darin, dass die Gross- und Mittelstädte «mehr Vertrauen auf marktwirtschaftliche Prinzipien und Lösungsansätze» legen sollten. Zudem soll die Stadtpolitik weniger ideologische Grabenkämpfe austragen und mehr Bereitschaft zeigen, in gewissen Bereichen die Avantgarde zu spielen.
Die Schweizer Städte hätten eine wichtige Rolle im Staatsgefüge als Versuchslabor für unkonventionelle Lösungen bestehender Probleme, so Avenir Suisse. «Dieser werden sie allerdings nur noch begrenzt gerecht, oft drehen sich die politischen Auseinandersetzungen um Parkplätze, Velowege oder Genossenschaftswohnungen im Kreis.» (sda/aes)