09:17 KOMMUNAL

Aussenbeleuchtung: Viele Gemeinden sind «überbelichtet»

Teaserbild-Quelle: Pi Nauck

Beleuchtungen im öffentlichen Raum sind aus Gründen der Sicherheit unentbehrlich. Licht setzt auch Sportanlässe in Szene und verleiht Gebäuden Bedeutung. Doch oft ist es des Guten zu viel. Ein Ratgeber zeigt, wie sich Lichtverschmutzung einschränken lässt.

Nachtbeleuchtung Ennetbaden

Quelle: Pi Nauck

In Siedlungsgebieten sind Strassen und Plätze oft unnötigerweise die ganze Nacht übermässig beleuchtet. Auf Basis von Lichtmanagements lässt sich die Beleuchtung drosseln wie in Ennetbaden (Bild).

Von Stefan Hartmann

In den vergangenen Jahren haben Gemeinden die Aussenbeleuchtung ständig ausgeweitet. Vielerorts sind an den Siedlungsrändern neue Erschliessungsstrassen zu Wohnquartieren oder Einkaufszentren mit Parkflächen entstanden.

Die zahlreichen Leuchtkörper im Aussenraum überstrahlen immer mehr die nächtliche Beschaulichkeit in Städten und Dörfern. In vielen Siedlungsgebieten kennt man die Dunkelheit gar nicht mehr, was nicht wenigen Menschen den Schlaf raubt und nachtaktive Tiere stört. In der Bündner Gemeinde Fläsch wurde daher beschlossen, von Mitternacht bis 4Uhr sämtliche Strassenleuchten abzuschalten.

Auch andere Kommunen ergreifen Massnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs und zur Einschränkung der Lichtimmissionen. Der Handlungsbedarf ist umfassend, wenn man nur schon an die Tausende Sportplätze in der Schweiz denkt wie Fussball- und Tennisplätze oder Eisfelder samt Parkplätzen, bei denen viel zu starke Flutlichter zu lange eingeschaltet sind. Aber auch historische Gebäude wie Kirchen werden in grelles Licht getaucht, dazu verbreiten Reklameschriften und Schaufenster lange und unnötigerweise künstliches Licht.

Auch Strassen, die vor allem in den Quartieren während der Nacht hindurch beleuchtet sind, oder Flutlichtanlagen sind für die Anwohnerschaft oft belastend. Viele verantwortliche Gremien von Gemeinwesen haben inzwischen den Handlungsbedarf erkannt. Für Beleuchtungen im öffentlichen Raum und generell den Umgang mit künstlichen Lichtquellen formulieren sie neue Energiekonzepte und Reglemente, auf deren Basis die Planung für die Anpassung der Infrastruktur erfolgt.

Licht bei Sportstätten optimieren

Die hohen Anforderungen der Sportverbände an Aussenplätze bedingen oft den Einsatz von leistungsstarken HalogenMetalldampflampen mit weissem Licht (4000 bis 6000 Kelvin). Diese Leuchtmittel sind nicht dimmbar und müssen im Voraus eingeschaltet werden, damit sie zu Spiel- oder Trainingsbeginn mit voller Beleuchtungsstärke strahlen.

Die Empfehlungen im Rahmen des Projekts «Effiziente Strassenbeleuchtung« lauten daher, die Anlagen umzurüsten und mit LED-Leuchten zu bestücken, was mehrere Vorteile hat. Die Energieeinsparungen können bis zu 50 Prozent betragen. Die Leuchten sind zudem dimmbar, sodass die volle Leuchtkraft meist nur für die Dauer eines Fussballspiels erzeugt werden muss. Zudem entfällt bei dieser Art von Leuchtkörpern (Lichtfarbtemperatur um 4000K) die relativ lange Aufwärmphase, sodass die sie nicht im Voraus eingeschaltet werden müssen.

«Sünden» bei Beleuchtungen

Viele Gemeinden beleuchten spezielle Objekte wie Denkmale oder Kirchen, um dem Ortsbild auch nachts eine eigene Identität zu geben. Grosser Handlungsbedarf besteht dort, wo zu viel Licht mit leistungsstarken Strahlern eingesetzt wird. Zudem sind die Strahler oftmals falsch ausgerichtet, sodass auch die unmittelbare Umgebung unnötigerweise hell erleuchtet wird.

Besser ist es laut Empfehlungen im Rahmen des Projekts «Effiziente Strassenbeleuchtung», mit LED-Strahlern eine präzise Lichtlenkung zu erreichen, das Objekt gleichsam von oben nach unten ins Licht zu setzen. Oft genügt es auch, lediglich eine Seite des Objekts zu beleuchten.

Werbung ohne Zuschauer

Schaufenster und Leuchtreklamen wollen die Aufmerksamkeit von Passanten auf sich lenken. Dank technischer Entwicklungen kommen bei Schaufenstern vermehrt grosse, helle LED-Werbeflächen mit bewegten Bildern zum Einsatz. Oft flimmern Tag und Nacht Botschaften über die Bildschirme.

Die visuelle Ablenkung, die nachts unerwünschte Lichtimmissionen verursacht, kann auch eine Gefahr für Autofahrer darstellen und unter Umständen die Lebensqualität in Siedlungsgebieten beeinträchtigen. Deshalb sollten auch für künstliches Licht von 22 bis 6Uhr «Nachtruhefenster» gelten, wie dies bereits beim Lärm der Fall ist. Dies ist vor allem an Orten mit natürlicher Nachtdunkelheit zu beachten. Die Lichtintensität von Schaufensterbeleuchtungen sollte dabei unter der maximalen Störwirkung der Norm EN 12464-2 liegen.

Gemäss den Schlussfolgerungen des Projekts «Effiziente Strassenbeleuchtung» und den Empfehlungen von Energie Schweiz und der Schweizerischen Agentur für Energieeffizienz (S.A.F.E.) sollten die Gemeinden in einem Reglement festlegen, welche Art von Leuchtreklame und Lichtinszenierungen in Schaufenstern zugelassen und welche bewilligungspflichtig oder gar verboten werden sollten.

Zudem sollte das Reglement festlegen, wann und wie lange Displays und Beleuchtungen eingeschaltet sein dürfen. Die Richtlinien können im Bau- und Zonenreglement oder im Polizei- und Immissionsschutzreglement, festgeschrieben werden. Eine Handhabe böte auch das Reglement über die Benützung der Sportplätze oder das Reklamereglement. Gute Beispiele finden sich in der «Vollzugshilfe Lichtemissionen» des Bundesamts für Umwelt (BAFU), die Mitte 2020 erscheint.

Wie Gemeinwesen mit dem künstlichen Licht umgehen, zeigen vier Beispiele als «Best Practice» untenstehend.

Stade des Trois-Chêne in Chêne-Bourg

Quelle: Gian Vaitl

Auch im Stade des Trois-Chêne in Chêne-Bourg GE wurde die Flutlichtanlage auf Basis der LED-Technik optimiert

Aussenbeleuchtung «Best Practices»: Weniger wäre mehr

Beim Umgang mit der Beleuchtung im öffentlichen Raum gehen kleinere Gemeinden und Städte bereits neue Wege. Motto: Soviel wie nötig, so wenig wie möglich. Vier Beispiele zeigen, was dabei unter «Best Practices» zu verstehen ist und wie die Beleuchtungskonzepte funktionieren.

Seit Mitte Oktober 2015 wird auf dem gesamten Gebiet der 3500 Einwohner zählenden Gemeinde Ennetbaden in den Nächten von Sonntag bis Donnerstag jeweils von 1Uhr bis 5Uhr die Strassenbeleuchtung ausgeschaltet. Dadurch wird die Lichtverschmutzung für Mensch und Tier eingedämmt.

Die Massnahmen führen zu einer Energieeinsparung von zirka 56 Megawattstunden (MWh) pro Jahr und für die Gemeinde eine entsprechende Senkung der Energiekosten von rund 10000 Franken pro Jahr zur Folge hat. Das Vorgehen bringt auch Vorteile für die Fauna. Denn Zugvögel und viele nachtaktive Insekten verlieren durch übermässig helle Nächte die Orientierung.

Bevölkerung reagiert positiv

Während der Testphase von Oktober 2015 bis Januar 2016 hatte die Gemeinde keine negativen Erfahrungen mit der Nachtabschaltung gemacht. «Die Rückmeldungen aus der Bevölkerung waren durchwegs gut», sagt Marcel Herzog, stellvertretender Leiter Bau und Planung der Gemeinde. Nach Auskunft der Polizei seien keine Sicherheitsprobleme aufgetreten. Sie musste den sogenannten «roten Knopf» für Notfälle nie betätigen.

Ungünstig war die Nachtabschaltung nur für Mitarbeitende des Badener Casinos. Nach Arbeitsschluss zu später Stunde mussten sie durch das stockdunkle Ennetbaden den Weg ins Parkhaus zu den Autos finden, was gerade von den Frauen als unangenehm empfunden wurde. Daher wird der Abschnitt «Schiefe Brücke» bis «Parkhaus Zentrum» für die Mitarbeitenden und Besucher des Casinos durchgehend beleuchtet.

In Schwyz gilt der «Plan Lumière»

Zur Beleuchtung des Ortszentrums von Schwyz machte man sich schon seit einigen Jahren Gedanken. Hier leuchteten viele Lichtkörper unterschiedlich hell, teils waren diese veraltet, teils energetisch zu aufwendig. Zudem fehlte ein einheitliches Beleuchtungskonzept für die Zubringerstrassen und das historische Zentrum mit der barocken Pfarrkirche St.Martin sowie dem Hauptplatz mit dem Rathaus und dem Archivturm.

Deshalb entschieden Gemeinde, Bezirk und Kanton sowie die Pfarrkirchenstiftung St.Martin zusammen mit dem Elektrizitätswerk des Bezirkes Schwyz, ein gemeinsames Beleuchtungskonzept zu erstellen und Synergien zu nutzen.

Mit dem neuen LED-Beleuchtungskonzept im Ortszentrum wird der Energieverbrauch insgesamt deutlich gesenkt. Um rund ein Viertel sinkt allein der Energieaufwand für die Strassen- und Platzbeleuchtung, obwohl die beleuchtete Fläche markant zunimmt.

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