Aargauer Regierung delegiert Tanzverbot an Gemeinden
Im Aargau tanzt für gewöhnlich nicht gerade der Bär. Dennoch sei es an der Zeit, die Regelung der Betriebszeiten an christlichen Feiertagen zu überdenken, schreibt der Regierungsrat in seiner Stellungnahme. So soll der Gemeinderat, der die örtlichen Gepflogenheiten kennt, künftig auch an christlichen Feiertagen im Einzelfall eine Verlängerung der Öffnungszeiten von Gastwirtschaftsbetrieben bewilligen können. Der Regierungsrat will mit der notwendigen Revision des kantonalen Gastgewerbegesetzes noch zuwarten. Das eidgenössische Parlament berät derzeit das Alkoholgesetz, das wohl zu verschiedenen Änderungen des kantonalen Gesetzes führen wird.
Das Aargauer Gastgewerbegesetz von 1998 legt fest, dass am Karfreitag, Ostersonntag, Pfingstsonntag, am Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag, am Weihnachtstag sowie am jeweils darauf folgenden Tag die Gastwirtschaftsbetriebe um 0.15 Uhr schliessen müssen. An einem Samstag und an Sonn- und Feiertagen wie Neujahr oder Auffahrt müssen die Lokale um 2.00 Uhr schliessen, unter der Woche um 0.15 Uhr. Der Gemeinderat kann jedoch nach Massgabe der Bau- und Umweltschutzgesetzgebung andere Öffnungszeiten bewilligen.
Aargauer Nachtschwärmer mussten ausweichen
Der Regierungsrat hält in seiner Stellungnahme weiter fest, dass der Ostersonntag oder der Weihnachtstag in grossen Teilen der Bevölkerung nach wie vor einen besonderen Stellenwert hätten. Andere Feiertage wie der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag hätten jedoch an Bekanntheit und somit wohl auch an Bedeutung eingebüsst. Viele Menschen nutzten die Feiertage als Auszeiten, die der Erholung und Entspannung dienten. An diesen Tagen wollten jedoch viele Menschen ihr oftmals verlängertes Wochenende feiern. Dies sei in den Kantonen wie Bern, Basel, Luzern oder Zürich möglich. Aargauer Nachtschwärmer müssten daher ausweichen.
Regelung laut SP «nicht mehr zeitgemäss»
Die SP-Fraktion möchte die Einschränkungen der Öffnungszeiten an kirchlichen Feiertagen aus dem Gesetz kippen. Die Regelung sei «nicht mehr zeitgemäss» und basiere «auf alten, ausschliesslich religiös geprägten Wertgrundlagen». Das sogenannte Tanzverbot habe in einer fortschrittlichen und säkularisierten Gesellschaft keinen Platz mehr. Es schränke Kultur- und Konzertlokale an den betroffenen Tagen stark in der Programmgestaltung ein.
Tanzverbot nur noch in sechs Kantonen
Derzeit existiert ein Tanzverbot noch in sechs Kantonen an hohen Feiertagen. Nebst dem Aargau sind dies Glarus,Uri, Obwalden, Solothurn und Appenzell Innerrhoden. Zuletzt hoben es der Kanton Luzern (2009) und der Kanton Baselland (2011) auf. Im Kanton St. Gallen sind öffentliche Veranstaltungen nicht-religiöser Art an hohen Feiertagen verboten, ausgenommen in geschlossenen Räumen und mit weniger als 500 Personen.
Im Aargau könnten bald die Stimmbürger das letzte Wort haben: Mitte Oktober hatten Exponenten der Aargauer Piratenpartei die kantonale Volksinitiative «Weg mit dem Tanzverbot!» lanciert. Das Ziel ist ebenfalls, die entsprechende Bestimmung aus dem Gastgewerbegesetz zu streichen. (aes/mgt)