18:46 VERSCHIEDENES

Zürich, wo die Fledermäuse wohnen

Teaserbild-Quelle: Stiftung Fledermausschutz / zvg WSL

Nachts sind in Zürich mehr Fledermäuse als in Paris unterwegs. Dies belegt eine Studie unter Leitung der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) zur Vielfalt nachtaktiver Tiere in Städten. Sie zeigt auch, dass es vernetzte Grünräume und weniger Lichtverschmutzung braucht, um diese Vielfalt weiter zu fördern.

Fledermaus

Quelle: Stiftung Fledermausschutz / zvg WSL

Nachaktives Fledertier: das Braune Langohr.

Im internationalen Vergleich gedeiht in der Stadt Zürich eine hohe Vielfalt an nachtaktiven Insekten und Fledermäusen. Grund hierfür ist die Nähe zu Wäldern und anderen Grünräumen. Dies weist eine neue Studie unter Leitung der WSL nach, die kürzlich im Fachjournal „Basic and Applied Ecology“ erschienen ist.

Das Forschungsteam hat im Rahmen eines in sieben Städten durchgeführten europäischen Forschungsprogramms bereits das Vorkommen von Wildbienen untersucht. Ziel des Projekts „BioVEINS“: Die  Bedeutung städtischer Grünräume für die Biodiversität zu erkunden. Weil im Vergleich zu tagaktiven Lebewesen nur relativ wenig über die Beziehung nachtaktiver Tiere zu Grünräumen bekannt ist, untersuchten die Wissenschaftler in dreien der beteiligten Städte – oder vielmehr in Zürich, Paris und Antwerpen - zusätzlich wie gross Vielfalt von nachtaktiven Insekten und Fledermäusen ist.

Wenn die Fledermaus im Park ruft

Dazu nahmen sie in Pärken und anderen Grünflächen der Städte die Ortungsrufe von Fledermäusen auf, anhand dieser lässt sich die Artzugehörigkeit sehr gut bestimmen. Ausserdem bestimmten die Wissenschafter mit Hilfe von Lichtfallen die Artenvielfalt nachtaktiver Insekten mit Lichtfallen, um Anzahl und Vielfalt von Fluginsekten mit jener von Fledermäusen vergleichen zu können. 

In Zürich registrierten die Forscher nicht nur die höchste Anzahl Feldermäuse, sondern auch die grösste Artenvielfalt. Studienleiter Martin Obrist, Insekten- und Fledermausspezialist an der WSL, vermutet, dürfte dies daran liegen, dass es in Zürich fast überall in Stadtnähe naturnahe Gebiete wie Wälder gibt.

Allerdings kommen nicht alle Fledermausarten mit dem Stadtleben gleich gut klar. Die Erhebung zeigte, dass Fledermäuse, die in Wäldern und Gebüschen jagen, in der Stadt weniger häufig vorkommen. Dasselbe gilt für solche, die einen hohen, offenen Flugraum bevorzugen. Derweil kommen Arten, die in halboffenen Gebieten wie Waldrändern ihre Nahrung suchen und ihr Flugverhalten gut anpassen können, in Städten häufiger vor.

Gewässer und vernetzte Grünflächen

„Als wichtiger Faktor für das Überleben der Fledermäuse in Zürich erwiesen sich dabei naheliegende Gewässer“, sagt Obrist. Denn sie dienen nicht nur als Wasserquelle, sondern auch als Jagdgründe. Die Insektenvielfalt stieg mit zunehmender Fläche der städtischen Grünflächen an; Zudem weiss man, dass Insekten davon profitieren, wenn in Grünräumen ein gewisses Mass an Wildwuchs zugelassen wird. Negativ auf wirkten sich hingegen durch grosse Strassen oder überbaute Gebiete getrennte Grünflächen aus. „Es ist von grosser Bedeutung, dass Grünflächen nicht einzelne isolierte Inseln darstellen, sondern ein Netzwerk innerhalb der Stadt bilden», betont Obrist. Das erhöht nicht nur die Bewegungsfreiheit der Insekten, sondern auch jene der Fledermäuse.

Lichtscheue Fledertiere leiden Lichtverschmutzung

Am weitaus häufigsten traf das Forschungsteam in den Städten auf die Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus), die nächtliches Kunstlicht gut verträgt. Dies bestätigt frühere Beobachtungen: Die zunehmende Lichtverschmutzung benachteiligt demnach vor allem lichtscheue Fledermausarten. Des Nachts zieht Licht viele Insekten an, die leichte Beute für jene Fledermäuse sind, die sich nicht gross durch stark vom Licht gestört werden. Dadurch schrumpfen die Insektenbestände und den Fledermäusen – egal ob lichtscheu oder nicht - fehlt schliesslich die Nahrungsgrundlage.

Was könnte dabei helfen, die nächtliche Artenvielfalt in Städten zu fördern? „Die künstliche Beleuchtung muss auf jeden Fall reduziert werden“, sagt Obrist. Dort, wo dies unmöglich ist, können LED-Leuchten dazu beitragen: „LED-Leuchten lassen sich gezielt steuern und dimmen. Die Leuchten geben dann nur bei Bedarf, etwa wenn ein Auto vorbeifährt, die volle Lichtmenge ab.“  Wie Obrist weiter erklärt, schont dies in verkehrsarmen Zeiten sowohl die Insektenwelt als auch die Fledermäuse. 

Ausserdem sollte die Farbtemperatur nicht mehr als 3000 Grad Kelvin betragen. Dann hat das Licht einen geringen Blau- und einen höheren Rotanteil, was weniger Insekten anzieht und damit auch die Fledermäuse weniger beeinflusst. (mai/mgt)

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