Stromabkommen mit EU: Swissgrid setzt auf technische Lösungen
Wegen des fehlenden Stromabkommens mit der EU erwartet Swissgrid von Bern und Brüssel mehr Pragmatismus bei der Suche nach einer Lösung. Die Schweiz muss laut Yves Zumwald, CEO der Schweizer Stromnetzbetreiberin, gesichert mit Europa verbunden bleiben.
Am Ende gehe es um den Willen der Schweiz und der EU, so Zumwald heute Mittwoch in einer Online-Medienkonferenz am Swissgrid-Sitz in Aarau. „Sie müssen irgendeinmal etwas pragmatischer sein.“ Wie er weiter erklärte, muss nicht unbedingt ein Stromabkommen sein. Es gebe auch technische Lösungen. Die Politik sei gefordert, konstruktive und vernünftige Lösungen zu finden. „Der Wille muss einfach da sein“, sagt Zumwald. „Das schweizerische Netz existiert nicht, es gibt nur ein europäisches Netz.“
Nach dem die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU abgebrochen worden sind, ist ein Stromabkommen gemäss Swissgrid „in weite Ferne gerückt“. Dies beeinträchtige die Mitwirkung von Swissgrid an wichtigen europäischen Prozessen. – Die Netzstabilität hat gemäss Zumwald für Swissgrid höchste Priorität. Ohne Netzstabilität gebe es auch keine Versorgungssicherheit. Verträge zwischen Betreibern von Übertragungsnetzen seien keine nachhaltigen Lösungen.
Allfälliger Vertragsabschluss nicht vor 2023 erwartet
Auf technischer Ebene habe Swissgrid gute Lösungen gefunden, so Zumwald. „Wir haben noch nicht sichergestellt, dass die Marktakteure im Gesamtmarkt Europa eingebunden bleiben.“ - Im Dezember hat Swissgrid einen Vertrag mit der Region „Italy North“ abgeschlossen. Der nur ein Jahr gültige Vertrag verbessere zumindest an der Südgrenze die Einbindung der Schweiz, hiess es.
Die Verhandlungen mit der Region „Core“, zu der unter anderem Deutschland, Frankreich und Österreich gehören, sei deutlich komplexer. Es bestehe erst ein Projektvertrag, um bei bestimmten Entwicklungen mitwirken zu können. Ein allfälliger Vertragsabschluss erwartet Zumwald nicht vor 2023. Zwischenstaatliche Abkommen dienten als Übergangslösung, sagte Maurice Dierick, Leiter Market. „Wir haben das Problem, dass wir das Rad immer wieder neu erfinden müssen.“
Die Genehmigungsprozesse für Netzentwicklung und -ausbau für neue Produktionsanlagen im Inland müssten beschleunigt werden. Es brauche jedoch gute Interessenabwägungen. Auch Anreize für den Ausbau und Erhalt der inländischen Stromproduktion seien notwendig, hielt Dierick fest. (sda/mai)
Swissgrid im 2021: 106 Millionen Franken Gewinn
Swissgrid hat im Jahr 2021 einen Gewinn von 106 Millionen Franken erzielt. Das sind gut 30 Millionen mehr als im Vorjahr. Das fehlende Stromabkommen mit der EU ist nach wie vor eine der grossen Schwierigkeiten.
Die Schweizer Strommarktbetreiberin erzielte das Ergebnis bei einem Nettoumsatz von 715,1 Millionen Franken, wie Swissgrid am Mittwoch mitteilte. Im Vorjahr waren es 588,2 Millionen gewesen. Der Betriebsaufwand lag bei 228,4 Millionen Franken und damit um 36 Millionen höher als 2020. „Wir blicken auf ein erfolgreiches Jahr 2021 zurück“, wird Swissgrid-Chef Yves Zumwald in der Mitteilung zitiert. Das Ergebnis sei durch die „regulatorischen Effekte aus der finalen Entschädigung der seit 2013 erfolgten Netzübernahmen beeinflusst“. Die Eigenkapitalquote lag per Ende 2021 bei 35,7 Prozent.
Wie die Stromnetzbetreiberin weiter mitteilt, konnte nab trotz anhaltender Unsicherheit durch die Corona-Pandemie das Kerngeschäft vorantreiben. Gemeint sind der sichere Netzbetrieb sowie Unterhalt und Modernisierung des Übertragungsnetzes. Auch im zweiten Jahr der Pandemie war die Versorgungssicherheit auf Netzseite ohne Unterbrüche gewährleistet gewesen. (sda/mai)