„Sans Pareil - Die Kronenhalle Bar“: Oase der Ruhe am Bellevue
Die Kronenhalle-Bar in der Nähe des Bellevue in Zürich ist nicht nur seit bald 60 Jahren eine Institution, sondern auch eine Designikone: Die Innenarchitektur stammt von Robert Haussmann. Von ihrer Entstehungsgeschichte und ihren Schöpfern erzählt ein stilvoller Band, der obendrein Cocktailrezepte bietet.
Quelle: © Foto: Donata Ettlin, © 2022, ProLitteris, Zurich
Die Kronenhalle Bar, Diego Giacometti, Zwei Deckenleuchten an Ketten, Bronze, H 31cm (ohne Kette)
Menschenmassen strömen über
die Zebrastreifen. Ein Tram schrillt, weil Fussgänger vor seiner Nase über das
Gleis hasten. Gleichzeitig schieben sich Autokolonnen Richtung Seestrasse und
über die Quaibrücke. Wer am Bellevue Ruhe vor dem alltäglichen Getümmel sucht,
findet sie in der Kronenhalle Bar. Sie ist wie das dazugehörige Restaurant
eine Zürcher Institution. Nicht nur wegen berühmter Gäste wie Friedrich
Dürrenmatt, dem Chef de Bar Christian Heiss einen Cocktail aus Whiskey, Lillet
Blanc und Grand Marnier gewidmet hat, sondern auch wegen der Kunst, die hier
hängt: Originale von Joan Miro, Robert Rauschenberg, Pablo Picasso und Marc
Chagall.
Das Dunkelgrün der Wände und das Mahagonitäfer, aber auch die mit grünem Leder bespannten Sofas und Stühle lassen die Werke leuchten, während die verspielten Lampen aus der Werkstatt von Diego Giacometti den Raum in gedämpftes Licht tauchen. Lediglich der Tresen ist hell erleuchtet. Der Kopf hinter der Innenarchitektur ist der im September 2021 verstorbene Robert Haussmann. Gustav Zumsteg hatte den Designer 1964 mit der Gestaltung der Bar beauftragt.
Edle Tropfen im Coiffeursalon
Zumsteg war der Sohn der Kronenhallewirtin Hulda Zumsteg. Als Eigentümer des Seidenhandelshauses Abraham AG war er äusserst erfolgreich in der Modebranche unterwegs. Die Kreationen seines Textilunternehmens waren auf den Laufstegen von Dior, Givenchy oder Yves Sain Laurent zu sehen. Die Bar hatte er sich zu seinem eigenen Vergnügen einrichten lassen, wie der Band „Sans Pareil - Die Kronenhalle Bar“ erzählt. Zunächst stiess Zumsteg bei seiner Mutter auf wenig Begeisterung. Sie fürchtete um den guten Ruf ihres Restaurants, als sie von seinem Ansinnen erfuhr, im benachbarten, frei gewordenen Coiffeursalon eine Bar einzurichten. Ihre Sorge sollte unebgründet bleiben.
Dazu dürfte das Design Hausmanns aber auch die Gemälde und Grafiken der Meister aus Zumstegs eigener Sammlung beigesteuert haben oder vielmehr ihre distinguierte Atmosphäre. Auf Musik verzichtete Gustav Zumsteg - lediglich das leise Klirren der Gläser und gedämpfte Gespräche sollten zu hören sein.
Als sich Haussmann und Zumsteg trafen, um das Projekt zu besprechen, schwebte ihnen Adolf Loos' „American Bar“ in Wien vor. Auch ihr haben die Kunstwissenschaftlerinnen Sibylle Ryser und Isabel Zürcher, die Herausgeberinnen des Buchs, ein kleines Kapitel gewidmet. Im Zentrum steht aber dennoch die Kronenhalle Bar, ihr Design und die Architektur. Diese werden mit Fotografien anschaulich illustriert. Allerdigns kommt auch die kulinarische Seite nicht zu kurz: Insgesamt 25 Cocktailrezepte runden den stilvoll gestalteten Band ab. (mai)
Sans Pareil - Die Kronenhalle Bar, Sibylle Ryser und Isabel Zürcher (Herausgeberinnen)
Verlag Scheidegger & Spiess / 80 Seiten / Hardcover / ISBN ca. 39 Franken 90
Quelle: © Foto: Donata Ettlin, © 2022, ProLitteris, Zurich
Kunst in der Kronenhallebar: Marc Chagall, "Harlekin", o. J., Tusche und Aquarell auf Papier, 47 x 23 cm (links) und Joan Miró, Surrealistische Komposition (1979), Öl auf Leinwand, 82 x 90 cm .
Quelle: © Foto: Donata Ettlin, © 2022, ProLitteris, Zurich
Blick in die Kronenhallebar: Hinten links im Bild eine Lampe von Diego Giacometti.