Parlament konkretisiert Klimaschutz mit revidiertem CO2-Gesetz
Das Parlament hat den Revisionsantrag des CO2-Gesetzes deutlich angenommen. Zentrales Element ist der Klimafonds, der über die CO2-Abgabe alimentiert werden soll. Mit den Massnahmen soll der Temperaturanstieg auf der Erde begrenzt werden. Bei überstandener Referendumsfrist könnte das Gesetz Anfang 2022 in Kraft gesetzt werden.
Mit den vorgesehenen Gesetzesänderungen sind nun für die Schweiz klare Ziele formuliert, wie sie ihren Beitrag dazu leisten kann, um die durchschnittliche Temperatur auf der Erde deutlich unter zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau zu stabilisieren. Damit der Temperaturanstieg auf 1,5 Grad begrenzt werden kann, soll die Schweiz bis 2030 die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 halbieren, wobei mindestens 75 Prozent der Massnahmen im Inland erfolgen sollen. Die Schlussabstimmung findet heute statt.
Grenzwert bei Ersatz von Ölheizungen
Für Altbauten soll ab 2023 ein CO2-Grenzwert gelten, wenn die Heizung ersetzt werden muss. Hausbesitzer können damit nur noch dann eine neue Ölheizung einbauen, wenn das Haus gut isoliert ist. Der Grenzwert von maximal 20 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter Energiebezugsfläche und Jahr soll in Fünfjahresschritten um jeweils fünf Kilogramm reduziert werden. Kantone, welche ihre Energiegesetzrevisionen beim Inkrafttreten des CO2-Gesetzes bereits umgesetzt haben, können die neuen Grenzwerte bis 2026 aufschieben.
Quelle: Stefan Schmid
Das revidierte CO2-Gesetz bildet die Basis für Umlagerungseffekte zugunsten des Klimaschutzes.
Klimafonds ersetzt bisherige Gefässe
Energetische Massnahmen für den Klimaschutz sollen über einen Fonds finanziert werden, der bisherige Gefässe ersetzt soll. Vorgesehen ist, dass ein Drittel des Ertrags aus der CO2-Abgabe und knapp die Hälfte aus der Flugticketabgabe fliessen. Auf Flugtickets soll eine Abgabe von mindestens 30 und höchstens 120 Franken erhoben werden, je nach Klasse und Reisedistanz. Gut die Hälfte der Einnahmen soll an die Bevölkerung zurückerstattet werden, die andere Hälfte fliesst in den neuen Klimafonds. Auch auf Flügen mit Privatjets soll eine Abgabe erhoben werden. Dies gilt für Flugzeuge ab einer höchstzulässigen Startmasse von 5700 Kilogramm, und die Spanne bewegt sich zwischen 500 und 3000 Franken.
Fossile Treib- und Brennstoffe teurer
Die Hersteller und Importeure fossiler Treibstoffe sollen einen grösseren Teil des CO2-Ausstosses kompensieren müssen, und zwar vermehrt im Inland. Das wirkt sich auf den Preis von Benzin und Diesel aus, doch will das Parlament den Aufschlag begrenzen. Bis 2024 darf die Kompensation den Liter Treibstoff um höchstens 10 Rappen verteuern, ab 2025 um bis zu 12 Rappen. Der maximale Satz der CO2-Abgabe auf Brennstoffen soll von heute 120 auf bis zu 210 Franken pro Tonne CO2 steigen, wenn die Emissionen aus Brennstoffen nicht genügend zurückgehen.
Rückerstattung der Mineralölsteuer zurückfahren
Um die ökologische Umstellung des konzessionierten Verkehrs voranzutreiben, entfällt die Rückerstattung der Mineralölsteuer. Ab 2026 wäre das für Fahrzeuge im Ortsverkehr und ab 2030 für alle im konzessionierten Verkehr eingesetzten Fahrzeuge der Fall. Eine Ausnahme gilt, wenn aus topografischen Gründen keine Busse mit Alternativantrieb fahren können.
CO2-Zielwerte für den Durchschnitt neuer Fahrzeuge sollen weiter verschärft werden. Neu sollen ausserdem nicht nur für Autos, Lieferwagen und leichte Sattelschlepper Vorgaben erlassen werden, sondern auch für schwere Lastwagen. Importeure müssen zahlen, wenn ihre Neuwagenflotte über den Zielvorgaben liegt.
Befreiung von CO2-Abgabe möglich
Wenn Betreiber von Industrieanlagen diese neu errichten oder wesentlich ändern wollen, müssen sie dafür sorgen, dass die verursachten Treibhausgasemissionen so weit begrenzt werden, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist. Ausgenommen sind grössere Anlagen, deren Betreiber am Emissionshandelssystem teilnehmen. Für Unternehmen soll die CO2-Abgabe schrittweise erhöht werden. Es sollen sich aber alle Unternehmen davon befreien können.
Der Gesetzesvorschlag sieht auch Sanktionsmöglichkeiten vor. Strafbestimmungen: Wer vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit die CO2-Abgabe hinterzieht, wird mit einer Busse bestraft, die bis zum Dreifachen des unrechtmässigen Vorteils betragen kann.
Ziel ist die Inkraftsetzung 2022
Beide Räte haben den Einigungsantrag in der Schlussabstimmung mit klaren Mehrheiten angenommen. Der Nationalrat stimmte mit 138 für die Annahme des Revisionsantrags, 55 votierten dagegen bei 4 Enthaltungen. Im Ständerat standen 30 Ja-Stimmen vier Nein gegenüber bei 8 Enthaltungen. Der Bundesrat und das Parlament verfolgen das Ziel, das CO2-Gesetz Anfang 2022 in Kraft zu setzen. Das Parlament hat das geltende Recht lediglich bis Ende 2021 verlängert hat. Die Ausführungsbestimmungen auf Verordnungsebene dürften im Verlauf des nächsten Jahres in die Vernehmlassung geschickt werden. Nach Veröffentlichung des Gesetzes nächster Woche untersteht die Vorlage aber noch dem fakultativen Referendum, das vermutlich die Gegner der Vorlage ergreifen werden. Den einen gehen die im Gesetz vorgesehenen Massnahmen zu weit, den anderen genügen diese nicht, um die Klimaziele zu erreichen. (sda/sts)