Neue Methode zur Bewertung von Gebäuden nach Erdbeben
Nach schweren Erdbeben sind Bauingenieure bei der Inspektion der beschädigten Gebäude gefragt. EPFL-Forschende haben nun eine neue Methode entwickelt, mit der die Vibrationen der Bauwerke mittels Seismometern gemessen werden. Das erlaubt eine genauere Bewertung.
Zu einer Bewertung von durch Erdbeben beschädigten Gebäuden gehört unter anderem die Entscheidung, ob die Bewohner ihr Zuhause wieder beziehen und Schulen wieder öffnen dürfen. Derzeit machen Experten diese Bewertung nach einem von italienischen Forschern entwickelten Prozedere. Jedoch kann dieses Verfahren pro Gebäude bis zu drei Stunden dauern und es bleibt oft unklar, ob das Bauwerk einem weiteren Beben standhalten kann.
Ein Team des Applied Computing and Mechanics Laboratory (Imac) der ETH Lausanne hat nun eine neue Methode entwickelt, mit der die Genauigkeit dieser Beurteilungen verbessert wird. Die Methode basiert dabei auf Messungen zu den Vibrationen eines Gebäudes. Vorhandene Methoden lassen sich damit gemäss der EPFL verbessern und der Bewertungsprozess über den Zustand der Gebäudestrukturen beschleunigen. Eine entsprechende Studie von Yves Reuland, Pierino Lestuzzi und Ian F.C.Smith wurde in der Januar-Ausgabe des Fachblatts «Soil Dynamics and Earthquake Engineering» veröffentlicht.
Laut dem leitenden Wissenschaftler des Imac, Pierino Lestuzzi, hat das Team für die Methode bestehende Systeme genutzt, die bereits bei der Zustandserfassung von Brücken zum Einsatz kamen. Anders als bei der gegenwärtigen Methode, muss bei der neuen Entwicklung der Ursprungszustand eines Bauwerks nicht mehr bekannt sein. Denn die Wissenschaftler messen hierbei die Umgebungsschwingungen von beschädigten Gebäuden, die etwa durch den Strassenverkehr, von Menschen oder auch durch Wind verursacht werden. Während einer halben Stunde werden dabei mit einem tragbaren Seismometermithilfe von zwei bis drei Sensoren am Bauwerk die Schwingungen gemessen.
Zu 50 bis 100 Prozent exakte Voraussagen
Die Messungen werden dann weiterverarbeitet, um Signale herauszufiltern, die durch wechselnde Wetterbedingungen, Umgebungslärm oder Alter des Gebäudes entstehen. Die Daten resultieren schlussendlich in einem Computermodell, dasvoraussagt, ob das Bauwerk einem weiteren Beben standhält. Laut den Wissenschaftlern sollen die Vorhersagen ihres Modells zu 50 bis 100 Prozent akkurat sein. Schlussendlich sollen ihre Daten mit der visuellen Expertise von Bauingenieuren abgeglichen und so die Genauigkeit der Bewertungen verbessert werden.
Zwar muss die Methode von Imac gemäss Yves Reuland noch weiterentwickelt werden, um sie später im grossen Umfang einsetzen zu können. Jedoch wäre sie bereits heute dazu geeignet, Gebäude am Rand von Erdbeben-betroffenen Gebieten zu bewerten, so Studienautor Pierino Lestuzzi in der Mitteilung. (pb)