Lumineszierende Pilze: Wenn der Gelbmilchende Helmling leuchtet
Durch Zufall haben zwei Künstler herausgefunden, dass ein kleiner Pilz - der Gelbmilchende Helmling - nachts leuchtet. Das Phänomen lumineszierender Pilze ist wenig erforscht.
Quelle: Alastair Rae, originally posted to Flickr as Saffrondrop Bonnet, CC BY-SA 2.0
Ein unscheinbares kleines Gewächs mit bislang unbekannten Fähigkeiten: Der Gelbmilchende Helmling kann nachts grünes Licht abgeben. Er hat seinen Namen von der gelben Flüssigkeit, die hervortritt, wenn man seinen Stiel abbricht.
Seit über zehn Jahren beschäftigen sich die beiden Kunstschaffenden Heidy Baggenstos und Andreas Rudolf mit biolumineszenten Organismen. „Wir wollen zeigen, dass diese biolumineszenten Pilze in Schweizer Wäldern vorkommen und dass wir nicht weit reisen müssen, um sie zu finden“, erklärt Baggenstos. Als sie eines abends zusammen mit Rudolf im Wald in Zürich-Albisrieden unterwegs war, stellten sie beim Blick durch ihre Kamera grünes Licht fest. Manchmal ist die Biolumineszenz der Pilze so schwach, dass sie mit blossem Auge nicht zu sehen ist. „Heutzutage verwenden wir meistens unsere Handys oder eine Taschenlampe, aber um Biolumineszenz im Wald zu sehen, muss es stockdunkel sein“, sagt Rudolf.
Die beiden sammelten einige Proben des leuchtenden Exemplars; Sie waren davon ausgegangen, dass es sich bei den Gewächsen um den Grossen Blumg-Helmling - Mycena haematopus - handelt, eine bekannte biolumineszente Art. Zurück in ihrem gut beleuchteten Atelier entdeckten sie, dass der Pilz zu einer anderen Sorte gehörte, zum Gelbmilchenden Helmling oder Mycena crocata, der für seine safranfarbene Milch bekannt und bisher nicht als biolumineszent beschrieben worden ist.
Eigener, einzigartiger Mechanismus der Pilze
Zusammen mit Renate Heinzelmann, einer Pilzexpertin an der WSL, beschrieben sie diese neue Entdeckung genauer. Sie massen dazu die von verschiedenen Teilen des Pilzes emittierte Lichtmenge mithilfe von Langzeitbelichtungsfotos und einem Luminometer, das schwächeres Licht stärker verstärkt als eine Kamera. „Die meisten Experimente führten die Künstler durch. Sie sammelten die Proben, machten die Fotos und die Lichtmessungen“, erklärt Heinzelmann. - Biolumineszenz ist ein chemischer Prozess, bei dem lebende Organismen Licht erzeugen, und Pilze haben ihren eigenen, einzigartigen Mechanismus entwickelt. Der entscheidende Schritt ist die Umwandlung von Luciferin durch das Enzym Luciferase in ein instabiles Produkt, das bei seinem Zerfall Energie in Form von Licht freisetzt. Im Gegensatz zur Fluoreszenz ist bei diesem Prozess keine externe Lichtquelle erforderlich.
Die Lichtmessungen ergaben, dass der Fruchtkörper des Gelbmilchenden Helmlings abgesehen von der Stielbasis nicht leuchtet, während das Myzel - oder vielmehr das unterirdische, wurzelartige Geflecht des Pilzes - die stärkste Biolumineszenz aufwies. Daher kann auch das verrottende Holz, auf dem M. crocata wächst, beim Aufspalten ein grünes Leuchten abgeben, das bis zu vier Stunden anhält, bis das Holz austrocknet. Als Baggenstos und Rudolf reine Myzelkulturen unter optimalen Bedingungen züchteten, leuchteten diese bis zu 164 Tage lang.
„Es werden laufend neue biolumineszente Arten entdeckt werden“
Heinzelmanns genetische Untersuchungen bestätigten die bestimmte Art sowie die Anwesenheit von Genen, die mit der Biolumineszenz in Zusammenhang stehen und in allen leuchtenden Pilzen der Gattung Mycena, den Helmlingen, vorkommen. „Es werden laufend neue biolumineszente Arten entdeckt werden“, prognostiziert Heinzelmann. „Die Biolumineszenz ist noch wenig erforscht, und je mehr Menschen nachforschen, desto mehr werden sie finden.“
Biolumineszierende Pilze üben seit Aristoteles' erster Beobachtung vor über zweitausend Jahren eine Faszination aus. Er beschrieb sie als „kaltes Feuer“, das aus verrottendem Holz austritt. Doch das Rätsel um dieses Phänomen hat sich über die Zeit erhalten. Obwohl der biologische Mechanismus inzwischen verstanden ist, bleibt seine ökologische Funktion unklar. Während einige leuchtende Pilze Insekten anlocken könnten, um Sporen zu verbreiten, passt die Biolumineszenz von verstecktem Myzel nicht zu dieser Hypothese. „Es scheint, dass die Biolumineszenz über lange Zeiträume erhalten geblieben ist, also nehmen wir an, dass sie eine Funktion hat“, sagt Heinzelmann, „aber sie ist immer noch ein Rätsel.“ (mgt/mai)
Kleine Pilzanatomie
Fruchtkörper (auch Basidien genannt): ist der Teil des Pilzes, an den wir normalerweise denken, nämlich das sporenproduzierende Organ. Nicht alle Pilze haben einen Fruchtkörper.
Sporen: eine Fortpflanzungseinheit von Pilzen, mit einer ähnlichen Funktion wie die von Pflanzensamen, aber während ein Samen aus vielen Zellen besteht, ist eine Spore eine einzelne Zelle.
Myzel: unterirdisches Geflecht aus Hyphen (Fäden), das Nährstoffe aufnimmt.
Stiel: der Stängel des Fruchtkörpers
Latex: milchige Flüssigkeit, die der Pilz absondert, wenn er beschädigt wird
Quelle: Baggestoss/Rodulf
Biolumineszenz von Myzel des Gelbmilchenden Helmlings.