14:01 VERSCHIEDENES

Jahrhundertfund: Römische Mauerreste in Cham-Oberwil ZG gefunden

Teaserbild-Quelle: ADA Zug, David Jecker

Erstmals seit fast 100 Jahren sind auf Zuger Boden wieder Reste grosser römischer Steingebäude entdeckt worden. Fachleute fanden im Kiesabbaugebiet Äbnetwald bei Cham-Oberwil Mauerreste, die zu einem grossen Gebäudekomplex gehörten.

Fundstelle Mauerreste Äbnetwald in Cham-Oberwil

Quelle: ADA Zug, David Jecker

Luftaufnahme der aktuellen Ausgrabung in Cham-Äbnetwald mit Blick auf die Alpen. Unter dem Zelt befindet sich ein Teil des römischen Gebäudes.

Die Entdeckung sei für den Kanton Zug eine archäologische Sensation und werde wichtige Erkenntnisse über die Römer in der voralpinen Zentralschweiz liefern, wie das Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug am Dienstag mitteilte.

Der Hauptbereich der grossflächigen Fundstelle, die sich im Kiesbaugebiet auf der Anhöhe im Äbnetwald bei Cham-Oberwil befindet, wird von einem Zelt vor Hitze und Regen geschützt. Spezialisten des Amtes sind aktuell damit beschäftigt, die vor rund 2000 Jahren errichteten Mauern sorgfältig freizulegen.

Einzigartiger Fund für Kanton Zug

Die Überreste erstrecken sich auf einer Fläche von mindestens 500 Quadratmetern und gehörten einst zu einem Gebäudekomplex mit verschiedenen Räumen. Für den Kanton Zug sei die Entdeckung solch gross angelegter Gebäudestrukturen aus der Römerzeit ausserordentlich, heisst es weiter.

«Römische Bauten ähnlicher Dimension wurden zuletzt vor fast 100 Jahren in Cham-Heiligkreuz ausgegraben», erklärt Gishan Schaeren, Leiter der Abteilung Ur- und frühgeschichtliche Archäologie, in der Mitteilung. «Erstaunt hat uns zudem, dass die obersten Mauersteine sogar obertägig sichtbar waren».

Fundstelle Mauerreste Äbnetwald in Cham-Oberwil ZG

Quelle: ADA Zug, David Jecker

Ausgräber (von links nach rechts: Hicham Zbair, Janik Nussdorfer, Riccardo Gerlach) legen die unmittelbar unter dem Waldboden liegenden Teile einer römischen Mauer frei.

Fundstelle Mauerreste Äbnetwald in Cham-Oberwil ZG

Quelle: ADA Zug, David Jecker

Blick auf einen Teil der freigelegten Mauern mit bereits erkennbarer Raumaufteilung. Im Raum im Bildvordergrund sind noch Reste der Bodenkonstruktion erhalten.

Laut Christa Ebnöther, Professorin für Archäologie der Römischen Provinzen an der Universität Bern, sind solche Relikte aus der römischen Zeit im Gegensatz zu anderen Regionen im voralpinen Raum nur wenig bekannt. Erstaunlich sei zudem die im Vergleich sehr gute Erhaltung der Überreste.

Der gesamte Umfang der römischen Bebauung im Äbnetwald ist gemäss Mitteilung noch unbekannt. Ebenso ist noch unklar, welche Funktion der Monumentalbau genau hatte. Laut Amt könnte es eine Villa mit Weitsicht oder ein Tempelgebäude gewesen sein. Dies zu klären, werde Gegenstand der weiteren Untersuchungen sein. 

Geschirr zeugt von weitreichendem Handel

Zwischen den Mauern stiessen die Fachleute neben Alltagsgegenständen auch auf exklusivere Objekte aus der Römerzeit. Darunter finden sich Teile von importiertem römischem Tafelgeschirr, so genannte «Terra Sigillata», und von kunstvoll hergestellten Glasgefässen.

Fragmente von Amphoren, in denen Wein, Olivenöl und Fischsauce vom Mittelmeerraum bis zum Äbnetwald bei Cham gelangten, zeugen vom weitreichenden Handel in römischer Zeit. Eine Grosse Menge an Eisennägeln spricht laut Amt zudem für eine Holzkonstruktion auf dem vorliegenden Mauerfundament. Ein weiterer aussergewöhnlicher Fund ist ein Goldfragment, das ursprünglich wohl zu einem Schmuckstück gehörte.

Fundstück Amphoren und Geschirr Äbnetwald in Cham-Oberwil ZG

Quelle: ADA Zug, Res Eichenberger

Kleine Auswahl an römischen Funden (von oben links nach unten rechts): Ein Amphorenboden, die Scherbe einer Reibschüssel, das Randstück einer kleinen Schale römischen Tafelgeschirrs mit rotem Überzug (Terra Sigillata), vier Münzen in Fundzustand, davon eine aus Silber von Julius Caesar, Fragment eines Goldobjekts, Stücke einer Vierkantflasche und einer Rippenschale aus blauem Glas.

Attraktive Lage mit Weitsicht

Dass die Römer die erhöhte Lage beim Äbnetwald als Standort für ihre Gebäude ausgesucht hatten, erstaunt laut Amt nicht. Denn sie bot einen hervorragenden Aus- und Überblick auf die umliegende Landschaft, die der Versorgung mit Wasser und Nahrungsmitteln diente.

Auch dass der Kieshügel bei Oberwil bereits Jahrtausende vor den Römern mehrfach besiedelt war, zeuge von der Attraktivität des Standortes. In unmittelbarer Nähe konnten in den letzten Jahrzehnten wertvolle archäologische Funde gesichert werden, so zum Beispiel die Reste einer Siedlung aus der mittleren Bronzezeit, Gräber aus der späten Bronzezeit und Münzen aus der keltischen Epoche.

Zusammenarbeit mit Kiesabbauunternehmen

Der grossflächige Kiesabbau der Risi AG im Äbnetwald wird vom Amt für Denkmalpflege und Archäologie seit den 1990er-Jahren mit Rettungsgrabungen systematisch begleitet. Mit rund einem Jahr Vorsprung untersuchen die Archäologen die obersten Schichten des Kieshügels, bevor dieser abgetragen wird.

«Dank dieser beispielhaften Zusammenarbeit konnten wir in den vergangenen Jahren zahlreiche Befunde dokumentieren und wertvolle Funde retten», so Karin Artho, Leiterin des Amts für Denkmalpflege und Archäologie. «Diese Puzzleteile ermöglichen es, dem Leben unserer Vorfahren auf die Spur zu kommen und unsere Geschichte besser zu verstehen.» (mgt/pb)

Tag der offenen Grabung

Am Samstag, 2. September lädt das Zuger Amt für Denkmalpflege und Archäologie die Bevölkerung ein, den aktuellen Stand der Ausgrabung und die neusten archäologischen Entdeckungen vor Ort anzuschauen. Das Ausgrabungsteam der Abteilung Ur- und frühgeschichtliche Archäologie führt durch die Ausgrabung und gibt Einblicke in die Arbeit der Archäologie.

Fundstück Münze Äbnetwald in Cham-Oberwil ZG

Quelle: ADA Zug, Res Eichenberger

Neben Kupfer- und Bronzemünzen wurde auch eine Silbermünze (Denar) von Julius Caesar aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. gefunden. Das Münzbild zeigt auf der abgebildeten Vorderseite einen Elefanten, der einen Drachen bzw. eine Schlange niedertrampelt.

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