Invasive Arten bedrohen Biodiversität und verursachen starke Schäden
Invasive gebietsfremde Arten oder vielmehr Neobiota sind laut dem aktuellen Bericht des Weltbiodiversitätsrates eine der grössten Bedrohungen für die Biodiversität. Und sie verursachen massive wirtschaftliche Schäden. Das Papier fasst erstmals den aktuellen Stand der Forschung weltweit zusammen.
Quelle: Henrik Gronvold, Public Domain
Einst war der Dodo auf Mauritius zu Hause, weil sich aber Ratten auf der Insel breit machten, starb der Vogel aus. - Das Gemälde stammt aus dem 17. Jahrhundert.
Längst sind nicht-heimische Arten – auch Neobiota genannt – auf allen Kontinenten zu finden, selbst in der einsamen Antarktis. Ihr Siegeszug begann mit der kolonialen Expansion und der daraus folgenden wirtschaftlichen und politischen Vernetzung über die Kontinente hinweg. Allerdings ist über die Hälfte der Neobiota erst ab der Mitte des 20. Jahrhunderts verschleppt worden, erklärt Bernd Lenzner, Mitautor des Berichts des Weltbiodiversitätsrates.
Blinder Passagier im Saatgut und Gartenpflanze
Mittlerweile haben sich weltweit mehr als 37'000 Neobiota etabliert. Sei es absichtlich geschehen, zum Beispiel als Gartenpflanze, oder aber unabsichtlich als blinder Passagier im Saatgut. - Derartige Flora und Fauna bedroht laut einem heute Montag veröffentlichten Bericht des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) die Natur, die Ernährungssicherheit und die Gesundheit. So verursachen Neobiota wie zum Beispiel der Maiswurzelbohrer als Schädlinge Ertragsausfälle in der Landwirtschaft, oder sie können Krankheiten übertragen, wie etwa die Tigermücke.
«Andere Neobiota wiederum verdrängen heimische Arten – mit massiven Folgen für die globale Artenvielfalt», sagt Franz Essl, Biodiversitätsforscher an der Universität Wien und ebenfalls Mitautor des Berichts. «Bei 60 Prozent der ausgestorbenen Arten waren Neobiota massgeblich beteiligt.» Dies betrifft laut Essl besonders auf Inseln oder abgelegenen Kontinenten wie Australien zu, wo vom Menschen neu eingeführte Arten die Hauptursache des Aussterbens gewesen sind. - Ein Beispiel dafür ist der Dodo auf Mauritius, der Vogel wurde dort durch Ratten ausgerottet.
«Es ist ein Problem, das unterschätzt wird»
Solche Entwicklungen machen sich auch in der Schweiz bemerkbar: «Es ist ein Problem, das unterschätzt wird», sagte Sven Bacher gegenüber der Nachrichtentagentur SDS. Bauchger ist Ökologe an der Universität Freiburg und ebenfalls am Bericht mitgearbeitet. Bacher und das Forschungteam hinter der Studie gehen davon aus, dass die Zahl an gebietsfremden Arten in Zukunft stark ansteigen dürfte. Dies, weil globaler Handel und die Reisetätigkeit zunehmen.
Umfangreich sind dem Bericht zufolge auch die wirtschaftlichen Schäden durch Neobiota – der aktuelle Bericht beziffert sie auf $423 Milliarden US-Dollar ährlich, dies entspricht einer Vervierfachung pro Jahrzehnt seit 1970. (mai/mgt)
Hier geht’s zur Studie: https://zenodo.org/record/8314303
Lesetipp: Chinesische Hanfpalme im Tessin
Ein Beispiel für die negativen Folgen einer invasiven Art in der Schweiz ist die Chinesische Hanfpalme im Tessin. Der Baum verleiht mancherorts im Tessin im Wald in der Nähe der von Siedlungsgebieten einen Hauch tropischer Dschungelatmosphäre, wo er inmitten des grünen Dickichts gedeiht. Laut der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald Schnee und Landschaft haben sich diese exotischen Gewächse, die in den vergangenen 50 Jahren in Gärten gesetzt worden sind, stark vermehrt – und verdrängen mancherorts einheimische Pflanzenarten. Mehr dazu im Artikel Palmen im Tessin: WSL rät sie notfalls zu fällen vom 17. März 2023
Quelle: Silva Maier
Beinahe tropisch anmutender Dschungel: Wald am Monte Bré, bei Lugano.