Infrastrukturen: 1,2 Millionen Barrieren in Europas Flüssen
Staudämme, Wehre, Schleusen, Furten und Rampen – Barrieren prägen den Lauf der Flüsse in Europa. Im Schnitt ist es ein Bauwerk pro 1.4 Kilometer. Dies geht aus einer Studie unter der Leitung des Zentrums für Nachhaltige Aquatische Forschung (CSAR) der Universität Swansea hervor. Die Autoren zeigen auch auf, wie sich Durchgängigkeit von Bächen und Flüssen verbessert werden kann.
Quelle: JoJan, eigenes Werk, CC BY 3.0.
Weniger Barrieren bedeuten für Fische wie diese Elritzen, die auch in der Schweiz vorkommen, bessere Lebensbedingungen.
Die Studie fand im Rahmen des EU-Forschungsprojekts „Adaptive Management of Barriers in European Rivers (AMBER)“ statt. Die Wissenschaftler kartierten Flüsse-zerschneidende Querbauwerke in ganz Europa und erstellten das erste umfassende Barriereninventar, den AMBER-Barrierenatlas. Er führt rund 1,2 Millionen Querbauwerke in Europas Flüssen auf. Darunter sind grosse Staudämme, vor allem aber kleine Bauten mit einer Aufstauhöhe von weniger als zwei Metern. Sie machen mit 85 Prozent den Löwenanteil unter all diesen Infrastrukturen aus.
„Das Ausmass der Fragmentierung von Flüssen in Europa ist viel höher, als alle erwartet hatten“, sagt Flussgeomorphologin Barbara Belletti, die die Studie am italienischen Politecnico di Milano geleitet hat. Zahlreiche Barrieren braucht es laut den Wissenschaftlern nicht mehr: „Ihre Beseitigung bietet beispiellose Chancen, die Durchgängigkeit der Fliessgewässer zu verbessern", so Carlos de Garcia de Leaniz, Koordinator des AMBER von der Universität Swansea. – Im Zuge des AMBER-Projekts ungenutzte Wehre in Grossbritannien, Spanien, Irland und Dänemark entfernt worden.
Mit dem Barrierenatlas für mehr Fluss sorgen
Der Barrierenatlas soll helfen, die
Zerstückelung der Flüsse in Europa rückgängig zu machen. Viele dieser Barrieren
seien durch einfache technische Massnahmen zu sanieren, oder durch
Renaturierungsmassnahmen ganz zu beseitigen, so die Wissenschaftler.
„Schleusen und grosse Wasserkraftwerke sollten mit funktionierenden Fischpässen für beide Wanderrichtungen ausgestattet und kleine Wasserkraftwerke, die kaum zur Energiewende beitragen, rückgebaut werden“, sagt Marin Pusch, vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), und Ko-Autor der Studie. So könnte etwa der Lachs und Stör dauerhaft deutsche Bäche und Flüsse wieder dauerhaft besiedeln. Gleichzeitig würden diese Gewässer fit für den Klimawandel gemacht und als Erholungsgebiete stark aufgewertet, ist Pusch überzeugt.
Die Ergebnisse von AMBER sind laut Medienmitteilung des IGB schon der Politik angekommen. „Unsere Ergebnisse fliessen direkt in die neue Biodiversitätsstrategie der EU ein und werden dazu beitragen, wie vorgesehen bis 2030 mindestens 25000 Kilometer der europäischen Flüsse wieder miteinander zu verbinden“, so Carlos de Garcia de Leaniz. (mai/mgt)