Geologisch einzigartiger Schatz im Kalksteinbruch Salzgitter-Salder entdeckt
Der ehemalige Kalksteinbruch Salzgitter-Salder in Niedersachsen (D) birgt einen aussergewöhnlichen Schatz: Eine geologische Formation, die den Übergang von den Kreidezeitaltern Turon ins Coniac lückenlos und daher perfekt abbildet, das sie nun als weltweiter Referenzpunkt für diese Zeitenwende vor 89.4 Millionen Jahren gilt.
Quelle: Silke Voigt, Goethe-Universität Frankfurt
Der Steinbruch Salzgitter-Salder: Eine perfekte Gesteinsschichtenabfolge über 40 Meter.
Das aussergewöhnliche Schichtprofil entdeckte ein internationales Geowissenschaftsteam um Silke Voigt von der Goethe-Universität Frankfurt, Ireneusz Walaszczyk von der Universität Warschau und André Bornemann vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), nachdem es 40 Meter der geologischen Schichten im ehemaligen Steinbruch untersucht hatte.
Muscheln und Mikrofossilien
Mit dem Coniac treten bestimmte Muschelarten auf, so genannte Inoceramen, die im Steinbruch zahlreich anzutreffen sind. Allerdings finden sich in seinen Schichten auch die Inoceramen-Art Cremnoceramus deformis erectus und weitere Mikrofossilien. Zudem stellten die Wissenschaftler im Gestein eine sogenannte negative Anomalie im Kohlenstoffkreislauf fest. All dies markiert die Zeitenwende, die vor rund 90 Millionen Jahren stattgefunden hat.
Der Kalksteinbruch
Im Kalksteinbruch am Hasselberg bei Salder, einem Stadtteil von Salzgitter, wurden früher Kalksteine und Mergel für die Zementindustrie und zum Schluss für die Erzaufbereitung abgebaut. Heute befindet sich dort ein Bio- und Geotop als Eigentum der Stiftung Naturlandschaft. Der Steinbruch ist aus Naturschutzgründen nicht frei zugänglich, aber es werden gelegentlich geführte Wanderungen angeboten.
Dank dem Fund lassen sich laut Voigt nun geologische Schichtenprofile miteinander vergleichen und zeitliche einordnen, zum Beispiel marine Schelfsedimente in Mexiko oder der Tiefsee im tropischen Atlantik. „Dies ist wichtig, um auch bei unvollständigen Schichtenprofilen eine genaue zeitliche Einordnung vornehmen zu können und letztlich zu sehen, wie zum Beispiel das Klima zu einem bestimmten Zeitpunkt der Vergangenheit an verschiedenen Orten der Welt beschaffen war“, erklärt Voigt.
Zechsteinmeer hinterliess gewaltige Salzschichten
Die Schichtenfolge in Salzgitter-Salder habe sich gegenüber anderen Kandidaten – etwa in den USA, in Indien, Madagaskar, Neuseeland und Polen- durchsetzen können, weil man hier über 40 Meter eine perfekte Gesteinsschichtenabfolge vorgefunden habe, ergänzt Walaszczyk. Sie stelle ein gut definiertes Abbild der Ereignisse dar, die in diesem geologischen Zeitintervall stattgefunden haben.
Vor mehr als 250 Millionen Jahren hat das Zechsteinmeer gewaltige
Salzschichten im heutigen Norddeutschland hinterlassen. Wie Bonnemann erklärt, übten später
abgelagerten Gesteinsschichten Druck auf diese Salzschichten aus, die
sich zum Teil zu grossen Salzstöcken aufwölbten und damit jüngere Schichten
deformierten. „In der Nähe eines solchen Salzstocks liegt Salder, sodass hier
die fossilreichen Gesteinsschichten der Kreidezeit steil aufgerichtet sind und
ein wunderbares, für wissenschaftliche Untersuchungen sehr gut zugängliches
Profil ergeben.“ (mai/mgt)
Die Erde an der Wende vom Turon ins Coniac
Versteinerte Ammoniten. (Bild: Laurentarroues, Pixabay-Lizenz)
Vor 90 Millionen
Jahren, in der zweiten Hälfte der Kreide, war es tropisch warm auf der Erde:
Die eisfreien Pole sorgten für einen hohen Meeresspiegel, Mitteleuropa bestand
aus zahllosen Inseln. Während im Meer Ammoniten (Bild) eine ungeheure Formenvielfalt
entwickelten, waren an Land die Dinosaurier unterwegs. Erste Blütenpflanzen
begannen, Schachtelhalmen und Farnen Konkurrenz zu machen.
Vor 89,39 Millionen
Jahren fing das Klima an, sich leicht abzukühlen und der Meeresspiegel sank
etwas: Ein neuer erdgeschichtlicher Abschnitt, das Zeitalter Coniac, löste das
Zeitalter Turon ab. (mgt/mai)