Elektrizität: Neuartige Erdkabel reduzieren Transportverluste
Der Transport von Strom in hohen Spannungs- und Stromstärkebereichen ist mit einer Reihe von Restriktionen verbunden. Viel Sparpotenzial beim Transport liegt bei Erdkabeln in Metallröhren, in denen Druckluft herrscht. Das Schweizer Jungunternehmen Hivoduct hat eine Systemlösung aus Hochspannungs-Rohrleitungen mit grossem Marktpotenzial entwickelt.
Quelle: Hivoduct
Installationsbeispiel eines Druckluftkabels für 36 Kilovolt bei einer Stromstärke von 3000 Ampere.
Die Versorgungssicherheit und die Klimaziele vor Augen
richtete sich der Fokus bei der Stromproduktion in den letzten Jahren auf die
Erschliessung oder Kapazitätserhöhung nachhaltiger Energiequellen bei
gleichzeitiger Reduktion des Verbrauchs auf Abnehmerseite.
Optimierungspotenzial bietet jedoch auch der Transport grosser elektrischer
Ströme vom Generator bis zur Steckdose oder zur Industrie.
Die Durchleitung von Strom über weite Strecken vom
Produktionsort zum Verbraucher erfolgt hierzulande über das Schweizer
Stromübertragungsnetz, das vor allem Freileitungen im Spannungsbereich von 220
oder 380 Kilovolt (kV) umfasst. Aus Gründen der Sicherheit müssen Freileitungen
mit hohen Spannungen einen Mindestabstand vom Boden aufweisen. Mitunter wird
auf Hochspannungsleitungen verzichtet, wenn sie durch Siedlungsgebiete führen
würden oder sich aufgrund der topografischen Verhältnisse eine Verlegung von Erdkabeln
aufdrängt. In beiden Fällen müssen die Hochspannungsleiter, die den Strom
führen, aufwendig isoliert werden. Die Leiter sind in der Regel mit
Kunststoffen wie Polyethylen isoliert.
Extrem schädliches Gas ersetzen
Als Alternative für den Transport im Hochspannungsbereich
könnte eine neue Art von Erdkabeln dienen. Dabei wird das Hochspannungskabel in
Metallrohren geführt, die mit Druckluft isoliert sind. Das bringt verschiedene
Vorteile. Die Technik ist nicht neu. Denn die Elektrokonzerne Siemens und ABB
entwickelten bereits 1975 Produkte nach dem Prinzip gasisolierter Rohrleiter.
In den Rohrleitern bevorzugt die Industrie als Isoliermedium
Schwefelhexafluorid, und zwar vor allem wegen dessen ausgezeichneter Isolierfähigkeit.
Das Gas ist an sich ungiftig, doch stellte es sich später heraus, dass es für
das Klima äusserst schädliche Auswirkungen hat. Gemäss dem Bundesamt für Umwelt
Bafu entspricht ein Kilogramm Schwefelhexafluorid einem Erwärmungspotenzial von
22,8 Tonnen Kohlendioxid. Weil sich ein Verbot der Substanz als
Isolationsmedium abzeichnete, begann die Suche nach Alternativen, was den
Erfindergeist von Elektroingenieur Walter Holaus weckte. Aufgrund seiner
bisherigen Tätigkeit in der Entwicklung von Hochspannungsprodukten erkannte er
sowohl im unteren als auch in hohen Spannungsbereichen mögliche Anwendungen für
gasisolierte Rohrleiter. Erste Ideen konkretisierten sich, Marktevaluationen
waren vielversprechend, die Gründung des Unternehmens Hivoduct ein logischer
Schritt.
Kabel umhüllt von Druckluft
Wie bei herkömmlichen Anwendungen fliesst der Strom auch bei dieser Lösung durch einen Leiter aus Aluminium, der mittig in einem Metallrohr geführt wird. Als Isolator dient Luft. Dabei ist die Isolierfestigkeit von komprimierter Luft deutlich besser als bei Druck unter Normalbedingungen. Denn stünde das Rohr nicht unter Druck, wäre für die Isolationswirkung ein grösserer Rohrdurchmesser erforderlich. Bei höherem Druck muss die Rohrwand dagegen stärker ausgeprägt sein, um dem Innendruck standhalten zu können. Aufgrund von betriebswirtschaftlichen und technischen Optimierungen hat sich für den Druck in den Metallröhren bei der internationalen Forschergilde mit etwa 10 bar mittlerweile eine Art Standard herausgebildet. Für die Führung eines 145-kV-Kabels ist laut Walter Holaus ein Rohrdurchmesser von rund 20 Zentimeter ausreichend, sodass der Metalleiter lediglich mit einer isolierenden Druckluftschicht von etwa sechs Zentimetern umgeben ist. Das Gehäuserohr ist gleichzeitig Erdleiter, schützt vor Stromschlägen und schirmt Mensch und Tier vor elektromagnetischen Feldern.
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