08:23 VERSCHIEDENES

Eawag untersucht Effekte von Erdsonden-Wärmespeicher auf Grundwasser

Geschrieben von: Stefan Schmid (sts)
Teaserbild-Quelle: Wikimedia - José Manuel Suarez

Der Wärmespeicherung mittels Erdsonden wird grosses Potenzial zugeschrieben. Im Rahmen eines Forschungsprojekts von Eawag und Empa sollen nun die Effekte auf Erdreich und Grundwasser sowie die darin lebenden Mikroorganismen genauer untersucht werden.

Erdsonden Empa Eawag B1

Quelle: Eawag, Joaquin Jimenez-Martinez

Unser Erdreich besteht aus mehreren Schichten. Nahe der Oberfläche ist es porös und locker, in der Tiefe allerdings kompakt wie Beton. Im Bild: Erdreich aus den Bohrlöchern für die notwendigen Grundwasser-Pumpen.

Klassische Erdwärmepumpen holen im Winter die Wärme aus dem Boden, um Gebäude zu heizen. Bei den auf dem Areal von Empa und Eawag in Dübendorf installierten Bohrloch-Wärmespeichern handelt es sich um Erdsonden, die in den Sommermonaten Wärme in den Boden leiten, damit diese in der kälteren Jahreszeit zur Verfügung steht. Dabei können dem Speicher maximal Temperaturen bis zu 65 Grad Celsius zugeführt werden, was schweizweit einem Rekord entspricht. Als Folge können lokal im Boden im Schnitt bis zu 50 Grad Celsius erreicht werden.

Bislang ist allerdings wenig über die Reaktionen des Untergrunds auf solche Hochtemperatur-Speicher bekannt, wie es in der Mitteilung der beiden Forschungsinstitute heisst. Das regelmässige Erhitzen und Abkühlen der Sonden in bis zu 100 Metern Bodentiefe kann sowohl die chemischen Komponenten im Grundwasser als auch die mikrobiellen Gemeinschaften im Boden und im Wasser beeinflussen. Wie und in welchem Ausmass dies genau geschieht, ist nun Teil des Forschungsprojekts «ARTS» (Aquifer Reaction to Thermal Storage) des Wasserforschungsinstituts Eawag.

Ein einzigartiges Setting

Auf dem Campus in Dübendorf sind 144 Erdwärmesonden abgeteuft. Sie führen bis zu 100 Meter in die Tiefe und laufen in einem Kellerraum neben dem neuen Parkhaus zusammen. Da das Sondenfeld hydraulisch in das Energiesystem des Campus’ eingebunden ist, wird es vom Energieleitsystem des Areals von Empa und Eawag überwacht und gesteuert. Die gemessenen Werte des Speichers werden dann in der Datenbank des NEST-Gebäudes der Empa und der Eawag abgelegt und stehen den Forscherinnen und Forschern zur Verfügung.

Ersonden Empa Eawag - B3

Quelle: Eawag, Joaquin Jimenez-Martinez

In der Box an der Oberfläche befinden sich die Sensoren zusammen mit dem Massenspektrometer.

Seit Januar führen auf dem Areal drei weitere Bohrlöcher in den Boden. Dabei handelt es sich um die Grundwasser-Beobachtungspunkte der Eawag. Über die nächsten drei Jahre werden aus dem Untergrund Wasserproben an die Oberfläche befördert, die Aufschluss darüber geben sollen, wie die Mikrobiologie der Umgebung auf die Sonden reagiert und inwieweit die chemische Beschaffenheit des Grundwassers beeinflusst wird.

Es braucht Geduld

Fünf Pumpen fördern aus den drei Bohrlöchern Proben des Grundwassers zutage. Die Entnahme der Proben erfolgt unter restriktiven Bedingungen, und zwar bevor, während und nachdem das Wasser mit den Erdsonden in Kontakt gekommen ist. In den ersten Jahren des Projekts werden lediglich zwei der drei Beobachtungsstationen für die Forschung relevant sein, da bereits einige Monate nach Inbetriebnahme der Sonden Vergleiche möglich sind. Bis allerdings das Grundwasser aus der direkten Umgebung der Sonden die dritte Station weiter abseits erreicht, können mehrere Jahre vergehen, da das Wasser langsam durch den Untergrund fliesst.

Massenspektrometer im Kleinformat

Ziel des Projekts ist es, Einblicke in Reaktionen zu erhalten, die von Wärmespeichern diese Art im Grundwasser ausgelöst werden. Das Beobachtungsspektrum umfasst nicht nur die Hydrogeochemie und die Mikrobiologie, sondern auch die Analyse der durch die Wärmeeinwirkung im Boden entstehenden Gase wie Sauerstoff, Methan oder Kohlenstoffdioxid. Solche Gase werden hauptsächlich von Bakterien im Untergrund aufgenommen und produziert, jeweils abhängig von Hitze- und Kälteeinwirkung. Dazu fliesst das Wasser in der Pumpe in das an der Eawag entwickelte Massenspektrometer. Pro Minute werden rund 2,4 Liter Wasser durch das Massenspektrometer gepumpt. Über die nächsten drei Jahre messen Minigeräte stündlich die gelösten Gase im Grundwasser.

Erdsonden Empa Eawag - Grafik

Quelle: Eawag

Die Hochtemperatur-Erdsonden unter dem Campus reichen bis in eine Tiefe von 100 Metern. Über Pumpen gelangt das Grundwasser an drei verschiedenen Standorten an die Oberfläche.

Die abgezapften Wasserproben werden ausserdem von Forscherinnen und Forschern der Eawag-Abteilungen «Umweltmikrobiologie» sowie «Aquatische Ökologie» regelmässig im Labor untersucht. Für sie steht die Frage im Zentrum, wie sich die mikrobielle Vielfalt unter dem Einfluss von Temperaturveränderungen in diesem Ausmass entwickelt. Ebenfalls lässt sich anhand von DNA-Spuren nachweisen, welche Arten von Organismen sich im Grundwasser befinden und inwiefern sich Anzahl und Verbreitung aufgrund der Erdsonden verändert.

Grosses Interesse bei Bund und Kantonen

Die Schweiz verfügt aktuell in ganz Europa über die höchste Dichte an Erdwärmesonden pro Flächeneinheit. Daher stösst das Projekt auch bei Kantonen und Bund auf grosses Interesse. Die Nachfrage nach neuen Möglichkeiten zur Energiegewinnung und saisonaler Speicherung ist im Rahmen der Energiewende zusätzlich gestiegen. Ebenso von Interesse sind die Auswirkungen des Temperatureintrags auf das Grundwasser als Gesamtsystem. 

«ARTS» wird daher vom Bundesamt für Energie sowie von den Kantonen Zürich, Aargau, Thurgau, Zug und Genf unterstützt und läuft unter der Kooperation der Empa und der Eawag. Dabei tragen Mitarbeitende aus den Umweltämtern von Zürich und Thurgau auch fachlich zum hydrogeologischen Verständnis bei. Eine Zusammenarbeit in diesem Umfang hat laut Mitteilung eine gewisse Einmaligkeit. Auch der Zeitrahmen, in dem das Projekt entstanden ist, sei beispiellos. Gerade mal zehn Monate vergingen von der ersten Idee auf dem Flur der Eawag bis zur Bohrung der Löcher für die Sensoren. Das zeigt, wie drängend das Thema ist. (mgt/sts)

Geschrieben von

Redaktor Baublatt

Seine Spezialgebiete sind wirtschaftliche Zusammenhänge, die Digitalisierung von Bauverfahren sowie Produkte und Dienstleistungen von Startup-Unternehmen.

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