Cocktailbars am Flughafen: Exotisch oder lieber magisch-multiaromatisch?
Drei Bars zu testen, hört sich nach wenig an. Wir aber gingen nicht nur einfach «was» trinken, sondern versuchten, die einzelnen Zutaten der Drinks herauszuschmecken und das Geheimnis des perfekten Zusammenspiels der Ingredienzen zu ergründen. So viel sei verraten: Es gab grosse «Ahs»- und «Ohs». Nicht nur für die je 4000 Geschmacksknospen auf unseren Zungen war der Abend ein Abenteuer. Auch wir als Gesamtmenschen hatten Spass!
Quelle: Flughafen Zürich AG
Fast wie in Versailles: Goldfarbe, blauer Samt, üppige Blumenmuster, Sessel, Sofas und viele Kissen. «Le Sablier» ist wunderbar überladen. Alles wirkt märchenhaft verschwenderisch. Hier wollten wir unsere «Inspektion» im «Circle» mit einer «Tarte Flambée» beschliessen. Von diesem dünnen, knusprigen Teig träumen wir noch heute. Darauf eine sahnige «Crème fraîche», darauf Speck und Zwiebeln auf den Punkt gebraten. Mehr Tests im 2025!
2023 nahmen wir «Kaffee und Kuchen» im Flughafen Zürich unter die Lupe. Dieses Jahr wollten wir uns auf die Suche nach den besten Cocktails im Airport machen. Drei Bars hatten uns neugierig gemacht. Diese «Klubs» befanden sich alle im «Circle» wie auch der Turm auf dem Bild links. Wir hatten dieses Foto ausgesucht, weil es gut zu unserem Thema passte. Die Konstruktion hat die Form eines Glases. Dessen äusseres Erscheinungsbild funkelt dreifarbig – golden, nachtblau und feuerrot: Edel, abgründig und aufregend sollten auch unsere Drinks sein. Doch Probieren geht über Studieren. Und los gehts!
Ein weisser schaumiger Südseetraum
Quelle: Silva Maier
Philipp, unser «Mixologist» im Bistro am Südplatz schaffte es, Bananenpüree, Ananassaft und Maracujanektar perfekt aufeinander abzustimmen. Nebenbei erfuhren wir, dass es in der Schweiz keinen Bananensaft gab, in Deutschland jedoch sehr wohl; was meine kleine Deutschland-Diaspora in Zürich bestätigte.
Claudia Porchet: Zielstrebig peilten wir
unsere erste Station auf der «anderen» Seite des Flughafens im «Circle» an. Das
Lokal war schnell gefunden. Die lange Fensterfront des Cafés liess Gutes
verheissen: Der Innenraum war lichtdurchflutet. Einfache Tische und Stühle
vermittelten Wärme. Ein Büchergestell mit etwas
Edelramsch aus den Fünfzigerjahren weckte ein bisschen Nostalgie. Die
Stimmung war locker. Ein sympathischer Hipster mit langem Bart (und oben ohne)
stand nach drei Sekunden Wartezeit vor unserem Tisch und stellte sich als
«Philipp» vor. Ich entschied mich nach einer kurzen fachmännischen Beratung mit
ihm für den Mocktail «Bora Bora».
Philipp servierte sein Kunstwerk in einem
hohen Glas. Obenauf hatte er getrocknete exotische Früchte, halb versunken im
Drink, hübsch arrangiert. Fremdartige, aufregende Aromen entfalteten sich im
Mund. Unser herzlicher und zuvorkommender «Garçon» hatte die Kokoscreme, das
Bananenpüree, den Ananassaft und Maracujanektar perfekt aufeinander
abgestimmt. Man schmeckte einzelne Fruchtaromen subtil heraus. Mit dieser kaum
gesüssten, dennoch kräftigen Erfrischung hatte Philipp einen weis-sen
schaumigen Südseetraum erschaffen. Ganz klar: Dieser Mocktail war die Nummer
eins für mich!
PS: Später habe ich erfahren, dass Philipp
bekannt ist für seine meisterhaften «Signature Drinks», für seine komplexen
Eigenkreationen mit vielen Zutaten, von denen ich bisher noch nie etwas
gehört hatte. Über den Rum «Cachaça» weiss ich immerhin, dass er aus Brasilien
kommt. Galliano ist für mich ein italienischer Modeschöpfer. Sambuca? Grosses
Fragezeichen: Von welchen Planeten bezieht dieser Mensch seine Ware?
Silva Maier: Statt vom Inselparadies liess
mein Cocktail «Florida-Sling» am regnerischen Abend von Sonnentagen irgendwo am
Strand des Sunshine-State träumen: Ananas, Zitrone und Grenadine sorgten für
eine leichte, süsse und fruchtig-frische Brise. Der Gin verlieh dem im hohen
Glas servierten Drink eine leicht herbe Note. Auch ich hatte hier meine Nummer
eins des Abends gefunden. Weil wir aber zwei weitere Bars zu testen hatten,
benötigten wir etwas Knackiges. Deshalb half der Snack enorm bei unseren
Ferienträumen: knusprige Nachos mit genau der richtigen Menge an geschmolzenem
Käse – vielleicht gibts die ja auch in Acapulco oder auf der mexikanischen
Insel Cozumel.
«Strawberry Field» oder: Ein Erdbeerfeld in Cocktailform
Quelle: Silva Maier
Der Cocktail «Äärdbeeri Fäld» wirkte so sanft: ein rosafarbenes, von Eiweiss gekröntes Getränk. Ein zarter, wolkenartiger Erdbeerschaum. Vielleicht war es der Ingwer mit seinem Schärfekick? «Äärdbeeri-Fäld»? So reden doch nur Menschen aus dem Grossraum Basel. Überhaupt: Weil der Flughafen im Kanton Zürich liegt, müsste das Getränk «Eppeeri-Fäld» heissen. Jawohl.
Silva Maier: Unser zweiter Zielort war die
Iris-Bar im Hotel Hyatt. In der Hotelbar im «Circle» konnten wir vor metallisch
schimmernden Wänden in tiefblaue Samtsofas sinken. Ein Platz am Prunkstück der
Bar, am Tresen voller blauen Geoden, wäre eine Alternative gewesen. Leider war
alles besetzt. Auch sonst war das Lokal proppenvoll. Nur wenige Tische waren
noch frei, wir fanden noch ein Plätzchen in einer Ecke um die Ecke.
Die riesige durchgehende Fensterfront gab
den Blick frei auf die futuristisch anmutende Architektur und auf die wie
abgezirkelt wirkenden verwinkelten Passagen des «Circle». Da wurde mir bewusst,
dass dieser Ort keine kuschelig-elegante «Felsengrotte» war, sondern eine
luxuriöse Hotelbar inmitten kühler Shoppingmalls, deren Lichter richtiggehend
in die Bar «knallten». Deshalb war es hier so grell. Die kalten Metallrahmen
der riesigen Fensterfronten machten es auch nicht besser. Alles in allem: Die
Iris-Bar ist zu ausgedehnt und wirkt etwas frostig.
Blätterte man hingegen die Cocktailkarte
durch, entdeckte man eine grosse Auswahl an unbekannten Drinks. Ich entschied
mich fürs «Äärdbeeri Fäld». Sehr «erdbeerig» war das; dazu eine Prise
«limettiger» Frische, die eine leicht süsse Schärfe aufkommen lässt: So
schmeckt also ein «Erdbeerfeld», das in einen Cocktail verwandelt wurde. Für
das Aroma des rosafarbenen, von Eiweiss gekrönten Getränks sorgten vor allem
ein Erdbeer-Zitronengras-Wodka, Holunderblüten und etwas Limette. Den kleinen
Schärfekick gab der Ingwer.
Allerdings fragte ich mich, ob man den
blassrosa wolkenartigen Drink nicht besser auf den Namen «Strawberry Field»
getauft hätte – in Anlehnung an den gleichnamigen Hit der Beatles. Sowieso:
Weil der Flughafen im Kanton Zürich liegt, müsste das Getränk «Eppeeri-Fäld»
heissen. Von einem «Äärdbeeri-Fäld» dürften eher Menschen aus dem Grossraum
Basel sprechen. Aber das ist Nebensache. Wichtig ist: Erdbeeren sind immer
fein! Cheers!
Claudia Porchet: Ich hing immer noch dem
exotischen «Südseetraum» des Bistros am Südplatz nach, deshalb war mir erneut
nach etwas Frischem, Fruchtigen zumute. Das Angebot in der Karte war gross und
ich zu ungeduldig, um alle hauseigenen Kreationen zu studieren. Der Kellner war
schnell bei uns, obwohl wir in einer versteckten Ecke sassen. Er empfiehl mir
nach genauerem Nachfragen den Cocktail «Go Green». Dieser Name schien mir
verdächtig. Vor meinem inneren Auge tauchte ein Glas mit gemahlenem und
pulverisiertem Matcha-Grüntee-Pulver auf. Danach jagte ein Ungeheuer das
andere: Sollte das Getränk gar Weizen- oder Gerstengras enthalten? Ich hatte
schon etliche (vermutlich) nutzlose Entgiftungskuren über mich ergehen lassen
und musste dabei grauslich-grünes Pulver mit Wasser mischen. Das Resultat: ein
auf der Zunge pelzig und klebrig wirkendes, penetrant nach getrocknetem Heu und
Rasen riechendes «Getränk». Wenn so was in der Art kommen sollte, dann: gute
Nacht.
Was mir der Kellner kurz darauf servierte,
war überraschenderweise meine zweite Nummer eins! In einem schmalen Glas
leuchtete eine pfefferminzgrüne Flüssigkeit. Gab es hier etwa eine grüne Fee?
Falls ja, so hatte sie Apfel, Gurke, Limette und Ingwer in eine zurückhaltende
Frische und sanfte Schärfe verwandelt. Ich konnte die Früchte und das Gemüse
nicht einzeln herausschmecken, ebenso wenig den Gin, den Mount-Rigi-Likör oder
das Bier. Ich nahm eine wunderbare, vielschichtige, ganz leicht fruchtige,
harmonische Kühle wahr. So etwas Feines, Zartes und Geheimnisvolles hatte ich
in meinem Lebtag noch nicht getrunken.
Der Designer von «Go Green» hantiert in
seinem Labor sicher mit Destillationsgeräten, Kolben und diversen bizarren
Glasformen herum. Gleichzeitig ziehen bunte Nebelschwaden umher und zwar
solange, bis am Ende irgendwo eine hellgrüne Flüssigkeit aus einem Röhrchen
tropft. An den «Master of Cocktails» (falls es einen solchen im Hyatt gibt):
Congratulations!
Wunderbar überladen und märchenhaft verschwenderisch
Quelle: Silva Maier
Zum Abschluss gab es einmal einen Hauch Höhenluft mit dem «Mount Rigi Spritz» (links) im Glas, eine Komposition aus Crémant und Mount-Rigi-Likör, der Kirsch mit verschiedenen Kräutern verbindet. Daneben sorgte eine leicht bittere, ginlastige «Lanterne Verte» Dank Zitrone und Gurke für etwas Frische.
Claudia Porchet: Ein Lift transportierte
uns in den vierten Stock zu unserem dritten und letzten Ziel. Die üppigen
Blumenmuster an den Wänden kündigten das Konzept von «Le Sablier» bereits an:
luxuriös, delikat und gleichzeitig ungezwungen und mondän sollte es sein.
Als wir den Raum betraten, wurden wir fast
erschlagen: Im Restaurant dominierten blauer Samt, bunte Kissen, lange Vorhänge
und viel Holz, dies auch in Form von bemalten Schnitzereien an den Wänden. Die
wie in Gold getauchte Bar wirkte monumental. Wir bewunderten die vielen
herunterhängenden funkelnden Lichter. Hinter Glasscheiben waren vermutlich
französische Spitzenweine aufgestapelt: ob ein alter «Gevrey-Chambertin»
darunter war?
Alles war wunderbar überladen und wirkte
märchenhaft verschwenderisch. Die Stimmung war locker und entspannt. Zu einer
legeren und nonchalanten Atmosphäre trug auch die mehrheitlich junge Bedienung
bei, die sofort zur Stelle war. Wir wurden zu einer blumig-schwarzen
Sofagarnitur geführt, wo wir in einem pompösen Kanapee versanken und die grosse
Cocktailkarte durchblätterten. Ein Getränk «La Laterne verte» enthielt Kiwi.
Ich liebe diese Frucht, deshalb bestellte ich den Drink. Doch ich war etwas
enttäuscht. Von einer Kiwi schmeckte ich rein gar nichts. Die Gurke und Zitrone
erzeugten zwar eine sanfte, schöne Frische. Leider störte der Gin mit seiner
Bitterkeit. Der Zucker machte das Ganze auch nicht besser. Dieser Cocktail
schmeckte zwar fein, aber die absolute Ausgewogenheit des schaumigen exotischen
Mocktails im Bistro am Südplatz oder des magisch-multiaromatischen «Go Green»
in der Iris-Bar hatte er nicht. Deshalb landete die grüne Laterne auf dem
zweiten Platz.
Silva Maier: Zum Abschluss ging es für mich
kulinarisch auf die Rigi: Der Mount-Rigi-Likör verbindet Kirsch mit Kräutern.
Zusammen mit einem Crémant, etwas Gin, Honig und Zitrone ergibt er den «Mount
Rigi Spritz». Der Cocktail schmeckt
kräuterig und leicht süss. Das Zweiglein Rosmarin verlieh dem Getränk eine
zusätzliche herbe Note. Das spritzige Getränk dürfte auch zu kühleren Zeiten,
in denen man sich nach warmen Sommerabenden sehnt, die perfekte Erfrischung
sein.
Unseren Apéro rundeten wir mit einem
klassischen Flammkuchen ab. Die Crew in der Küche zeigte, was sie konnte: einen
hauchdünnen, dennoch knusprigen Teig herzustellen. Der Speck und die Zwiebeln
waren auf den Punkt gebraten sowie gleichmässig auf der ausgesprochen sahnigen
«Crème fraîche» verteilt. Mit dieser vorzüglichen «Tarte Flambée» schlossen wir
unsere Degustationsreihe für 2024 ab. Was wir im nächsten Jahr unter die Lupe
nehmen, wissen wir noch nicht.
Sonderausgabe zur Flughafenregion Zürich
Die FRZ Flughafenregion Zürich veröffentlicht am 24. Mai 2024 gemeinsam mit dem Baublatt eine Sonderausgabe. In Fachbeiträgen werden unter anderem laufende oder geplante Projekte vorgestellt und die aktuelle Situation der Region beleuchtet. Alle Beiträge des Hefts werden in unserem Dossier «Die Flughafenregion Zürich im Fokus» gesammelt.