09:22 VERSCHIEDENES

Cocktailbars am Flughafen: Exotisch oder lieber magisch-multiaromatisch?

Teaserbild-Quelle: Flughafen Zürich AG

Drei Bars zu testen, hört sich nach wenig an. Wir aber gingen nicht nur einfach «was» trinken, sondern versuchten, die einzelnen Zutaten der Drinks herauszuschmecken und das Geheimnis des perfekten Zusammenspiels der Ingredienzen zu ergründen. So viel sei verraten: Es gab grosse «Ahs»- und «Ohs». Nicht nur für die je 4000 Geschmacksknospen auf unseren Zungen war der Abend ein Abenteuer. Auch wir als Gesamtmenschen hatten Spass!

Le Sablier Circle  Flughafen Zürich

Quelle: Flughafen Zürich AG

Fast wie in Versailles: Goldfarbe, blauer Samt, üppige Blumenmuster, Sessel, Sofas und viele Kissen. «Le Sablier» ist wunderbar überladen. Alles wirkt märchenhaft verschwenderisch. Hier wollten wir unsere «Inspektion» im «Circle» mit einer «Tarte Flambée» beschliessen. Von diesem dünnen, knusprigen Teig träumen wir noch heute. Darauf eine sahnige «Crème fraîche», darauf Speck und Zwiebeln auf den Punkt gebraten. Mehr Tests im 2025!

2023 nahmen wir «Kaffee und Kuchen» im Flughafen Zürich unter die Lupe. Dieses Jahr wollten wir uns auf die Suche nach den besten Cocktails im Airport machen. Drei Bars hatten uns neugierig gemacht. Diese «Klubs» befanden sich alle im «Circle» wie auch der Turm auf dem Bild links. Wir hatten dieses Foto ausgesucht, weil es gut zu unserem Thema passte. Die Konstruktion hat die Form eines Glases. Dessen äusseres Erscheinungsbild funkelt dreifarbig – golden, nachtblau und feuerrot: Edel, abgründig und aufregend sollten auch unsere Drinks sein. Doch Probieren geht über Studieren. Und los gehts!


Ein weisser schaumiger Südseetraum

Cocktail

Quelle: Silva Maier

Philipp, unser «Mixologist» im Bistro am Südplatz schaffte es, Bananenpüree, Ananassaft und Maracujanektar perfekt aufeinan­der abzustimmen. Nebenbei erfuhren wir, dass es in der Schweiz keinen Bananensaft gab, in Deutschland jedoch sehr wohl; was meine kleine Deutschland-Diaspora in Zürich bestätigte.

Claudia Porchet: Zielstrebig peilten wir unsere erste Station auf der «anderen» Seite des Flughafens im «Circle» an. Das Lokal war schnell gefunden. Die lange Fensterfront des Cafés liess Gutes ver­heissen: Der Innenraum war lichtdurchflutet. Einfache Tische und Stühle vermittelten Wärme. Ein Büchergestell mit etwas  Edelramsch aus den Fünfzigerjahren weckte ein bisschen Nostalgie. Die Stimmung war locker. Ein sympathischer Hipster mit langem Bart (und oben ohne) stand nach drei Sekunden Wartezeit vor unserem Tisch und stellte sich als «Philipp» vor. Ich entschied mich nach einer kurzen fachmännischen Beratung mit ihm für den Mocktail «Bora Bora».

Philipp servierte sein Kunstwerk in einem hohen Glas. Obenauf hatte er getrocknete exotische Früchte, halb versunken im Drink, hübsch arrangiert. Fremdartige, aufregende Aromen entfalteten sich im Mund. Unser herzlicher und zuvorkommender «Garçon» hatte die Kokos­creme, das Bananenpüree, den Ananassaft und Maracujanektar perfekt aufeinan­der abgestimmt. Man schmeckte einzelne Fruchtaromen subtil heraus. Mit dieser kaum gesüssten, dennoch kräftigen Erfrischung hatte Philipp einen weis-sen schaumigen Südseetraum erschaffen. Ganz klar: Dieser Mocktail war die Nummer eins für mich!

PS: Später habe ich erfahren, dass Philipp bekannt ist für seine meisterhaften «Signature Drinks», für seine komplexen Eigenkreationen mit vielen Zutaten, von denen ich bisher noch nie etwas
gehört hatte. Über den Rum «Cachaça» weiss ich immerhin, dass er aus Brasilien kommt. Galliano ist für mich ein italienischer Modeschöpfer. Sambuca? Grosses Fragezeichen: Von welchen Planeten bezieht dieser Mensch seine Ware?

Silva Maier: Statt vom Inselparadies liess mein Cocktail «Florida-Sling» am regnerischen Abend von Sonnentagen irgendwo am Strand des Sunshine-State träumen: Ananas, Zitrone und Grenadine sorgten für eine leichte, süsse und fruchtig-frische Brise. Der Gin verlieh dem im hohen Glas servierten Drink eine leicht herbe Note. Auch ich hatte hier meine Nummer eins des Abends gefunden. Weil wir aber zwei weitere Bars zu testen hatten, benötigten wir etwas Knackiges. Deshalb half der Snack enorm bei unseren Ferienträumen: knusprige Nachos mit genau der richtigen Menge an geschmolzenem Käse – vielleicht gibts die ja auch in Acapulco oder auf der mexikanischen Insel Cozumel. 

«Strawberry Field» oder: Ein Erdbeerfeld in Cocktailform

Cocktail

Quelle: Silva Maier

Der Cocktail «Äärdbeeri Fäld» wirkte so sanft: ein rosafarbenes, von Eiweiss gekröntes Getränk. Ein zarter, wolkenartiger Erdbeerschaum. Vielleicht war es der Ingwer mit seinem Schärfekick? «Äärdbeeri-Fäld»? So reden doch nur Menschen aus dem Grossraum Basel. Überhaupt: Weil der Flughafen im Kanton Zürich liegt, müsste das Getränk «Eppeeri-Fäld» heissen. Jawohl.

Silva Maier: Unser zweiter Zielort war die Iris-Bar im Hotel Hyatt. In der Hotelbar im «Circle» konnten wir vor metallisch schimmernden Wänden in tiefblaue Samtsofas sinken. Ein Platz am Prunkstück der Bar, am Tresen voller blauen Geoden, wäre eine Alternative gewesen. Leider war alles besetzt. Auch sonst war das Lokal proppenvoll. Nur wenige Tische waren noch frei, wir fanden noch ein Plätzchen in einer Ecke um die Ecke.

Die riesige durchgehende Fensterfront gab den Blick frei auf die futuristisch anmutende Architektur und auf die wie abgezirkelt wirkenden verwinkelten Passagen des «Circle». Da wurde mir bewusst, dass dieser Ort keine kuschelig-elegante «Felsengrotte» war, sondern eine luxu­riöse Hotelbar inmitten kühler Shoppingmalls, deren Lichter richtiggehend in die Bar «knallten». Deshalb war es hier so grell. Die kalten Metallrahmen der riesigen Fensterfronten machten es auch nicht besser. Alles in allem: Die Iris-Bar ist zu ausgedehnt und wirkt etwas frostig.

Blätterte man hingegen die Cocktailkarte durch, entdeckte man eine grosse Auswahl an unbekannten Drinks. Ich entschied mich fürs «Äärdbeeri Fäld». Sehr «erdbeerig» war das; dazu eine Prise «limet­tiger» Frische, die eine leicht süsse Schärfe aufkommen lässt: So schmeckt also ein «Erdbeerfeld», das in einen Cocktail verwandelt wurde. Für das Aroma des rosafarbenen, von Eiweiss gekrönten Getränks sorgten vor allem ein Erdbeer-Zitronengras-Wodka, Holunderblüten und etwas Limette. Den kleinen Schärfekick gab der Ingwer.

Allerdings fragte ich mich, ob man den blassrosa wolkenartigen Drink nicht besser auf den Namen «Strawberry Field» getauft hätte – in Anlehnung an den gleichnamigen Hit der Beatles. Sowieso: Weil der Flughafen im Kanton Zürich liegt, müsste das Getränk «Eppeeri-Fäld» heissen. Von einem «Äärdbeeri-Fäld» dürften eher Menschen aus dem Grossraum Basel sprechen. Aber das ist Nebensache. Wichtig ist: Erdbeeren sind immer fein! Cheers!

Claudia Porchet: Ich hing immer noch dem exotischen «Südseetraum» des Bistros am Südplatz nach, deshalb war mir erneut nach etwas Frischem, Fruchtigen zumute. Das Angebot in der Karte war gross und ich zu ungeduldig, um alle hauseigenen Kreationen zu studieren. Der Kellner war schnell bei uns, obwohl wir in einer versteckten Ecke sassen. Er empfiehl mir nach genauerem Nachfragen den Cocktail «Go Green». Dieser Name schien mir verdächtig. Vor meinem inneren Auge tauchte ein Glas mit gemahlenem und pulve­risiertem Matcha-Grüntee-Pulver auf. Danach jagte ein Ungeheuer das andere: Sollte das Getränk gar Weizen- oder Gerstengras enthalten? Ich hatte schon etliche (vermutlich) nutzlose Entgiftungskuren über mich ergehen lassen und musste dabei grauslich-grünes Pulver mit Wasser mischen. Das Resultat: ein auf der Zunge pelzig und klebrig wirkendes, penetrant nach getrocknetem Heu und Rasen riechendes «Getränk». Wenn so was in der Art kommen sollte, dann: gute Nacht.

Was mir der Kellner kurz darauf servierte, war überraschenderweise meine zweite Nummer eins! In einem schmalen Glas leuchtete eine pfefferminzgrüne Flüssigkeit. Gab es hier etwa eine grüne Fee? Falls ja, so hatte sie Apfel, Gurke, Limette und Ingwer in eine zurückhaltende Frische und sanfte Schärfe verwandelt. Ich konnte die Früchte und das Gemüse nicht einzeln herausschmecken, ebenso wenig den Gin, den Mount-Rigi-Likör oder das Bier. Ich nahm eine wunderbare, vielschichtige, ganz leicht fruchtige, harmonische Kühle wahr. So etwas Feines, Zartes und Geheimnisvolles hatte ich in meinem Lebtag noch nicht getrunken.

Der Designer von «Go Green» hantiert in seinem Labor sicher mit Destillationsgeräten, Kolben und diversen bizarren Glasformen herum. Gleichzeitig ziehen bunte Nebelschwaden umher und zwar solange, bis am Ende irgendwo eine hellgrüne Flüssigkeit aus einem Röhrchen tropft. An den «Master of Cocktails» (falls es einen solchen im Hyatt gibt): Congratulations!

Wunderbar überladen und märchenhaft verschwenderisch

Cocktail

Quelle: Silva Maier

Zum Abschluss gab es einmal einen Hauch Höhenluft mit dem «Mount Rigi Spritz» (links) im Glas, eine Komposition aus Crémant und Mount-Rigi-Likör, der Kirsch mit verschiedenen Kräutern verbindet. Daneben sorgte eine leicht bittere, ginlastige «Lanterne Verte» Dank Zitrone und Gurke für etwas Frische.

Claudia Porchet: Ein Lift transportierte uns in den vierten Stock zu unserem dritten und letzten Ziel. Die üppigen Blumenmuster an den Wänden kündigten das Konzept von «Le Sablier» bereits an: luxuriös, delikat und gleichzeitig ungezwungen und mondän sollte es sein.

Als wir den Raum betraten, wurden wir fast erschlagen: Im Restaurant dominierten blauer Samt, bunte Kissen, lange Vorhänge und viel Holz, dies auch in Form von bemalten Schnitzereien an den Wänden. Die wie in Gold getauchte Bar wirkte monumental. Wir bewunderten die vielen herunterhängenden funkelnden Lichter. Hinter Glasscheiben waren vermutlich französische Spitzenweine aufgestapelt: ob ein alter «Gevrey-Chambertin» darunter war?

Alles war wunderbar überladen und wirkte märchenhaft verschwenderisch. Die Stimmung war locker und entspannt. Zu einer legeren und nonchalanten Atmosphäre trug auch die mehrheitlich junge Bedienung bei, die sofort zur Stelle war. Wir wurden zu einer blumig-schwarzen Sofagarnitur geführt, wo wir in einem pompösen Kanapee versanken und die grosse Cocktailkarte durchblätterten. Ein Getränk «La Laterne verte» enthielt Kiwi. Ich liebe diese Frucht, deshalb bestellte ich den Drink. Doch ich war etwas enttäuscht. Von einer Kiwi schmeckte ich rein gar nichts. Die Gurke und Zitrone erzeugten zwar eine sanfte, schöne Frische. Leider störte der Gin mit seiner Bitterkeit. Der Zucker machte das Ganze auch nicht besser. Dieser Cocktail schmeckte zwar fein, aber die absolute Ausgewogenheit des schaumigen exotischen Mocktails im Bistro am Südplatz oder des magisch-multiaromatischen «Go Green» in der Iris-Bar hatte er nicht. Deshalb landete die grüne Laterne auf dem zweiten Platz.

Silva Maier: Zum Abschluss ging es für mich kulinarisch auf die Rigi: Der Mount-Rigi-Likör verbindet Kirsch mit Kräutern. Zusammen mit einem Crémant, etwas Gin, Honig und Zitrone ergibt er den «Mount Rigi Spritz».  Der Cocktail schmeckt kräuterig und leicht süss. Das Zweiglein Rosmarin verlieh dem Getränk eine zusätzliche herbe Note. Das spritzige Getränk dürfte auch zu kühleren Zeiten, in denen man sich nach warmen Sommerabenden sehnt, die perfekte Erfrischung sein.

Unseren Apéro rundeten wir mit einem klassischen Flammkuchen ab. Die Crew in der Küche zeigte, was sie konnte: einen hauchdünnen, dennoch knusprigen Teig herzustellen. Der Speck und die Zwiebeln waren auf den Punkt gebraten sowie gleich­mässig auf der ausgesprochen sahnigen «Crème fraîche» verteilt. Mit dieser vorzüglichen «Tarte Flambée» schlossen wir unsere Degustationsreihe für 2024 ab. Was wir im nächsten Jahr unter die Lupe nehmen, wissen wir noch nicht.

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Claudia Porchet ist Philologin und interessiert sich für Architekturgeschichte, Kunst am Bau und Design. Ebenso begeistern sie neue Forschungsresultate aus allen Bereichen. Zudem ist sie für die Kolumnen zuständig und steht deshalb in Kontakt mit allen grossen Verbänden.

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