12:12 VERSCHIEDENES

Rechtsprechung für Anfechtung des Anfangsmietzinses präzisiert

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Das Bundesgericht hat konkreter formuliert, ob Mieter oder Vermieter einer Altbauwohung beweisen müssen, dass der Anfangsmietzins im Vergleich mit orts- oder quartierüblichen Mietzinsen missbräuchlich ist oder nicht. Dabei kann ein vorheriges, langjähriges Mietverhältnis eine Rolle spielen. 

Im konkreten Fall mietete eine Frau 2017 in der Stadt Zürich eine Zwei-Zimmerwohnung für monatlich 1060 Franken netto. Das Haus in dem sich die Wohnung befindet, wurde 1933 gebaut. Der vorherige Mieter bezahlte für die Wohnung 738 Franken netto und damit 44 Prozent weniger. 

Die Frau gelangte deshalb ans Gericht und verlangte, der Anfangsmietzins sei als missbräuchlich zu erklären. Das Mietgericht Zürich gab der Frau Recht und legte den Mietzins auf 855 Franken netto fest. Das Obergericht wies die darauf eingereichte Beschwerde der Swiss Life ab. Dies geht aus einem am Montag veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervor. 

Die Lausanner Richter haben eine Beschwerde der Swiss Life nun teilweise gutgeheissen und den Fall an die Vorinstanz zurückgewiesen. In seinem Urteil hat das Bundesgericht die jeweilige Beweislast der Parteien präzisiert. 

Gemäss der bisherigen Rechtsprechung ist zu Gunsten des Mieters von der Vermutung ausgehen, dass ein Mietzins missbräuchlich ist, wenn er gegenüber dem bisherigen massiv erhöht wurde. Er muss deutlich mehr als zehn Prozent über dem früheren liegen. 

Vermieter kann Vermutung erschüttern 

Diese Vermutung kann der Vermieter jedoch erschüttern. Er muss dafür Indizien liefern, die die aufgestellte Vermutung der Missbräuchlichkeit in Zweifel ziehen. Dabei gelten nicht die gleich strengen Anforderungen, wie für den Beweis der Missbräuchlichkeit eines Anfangsmietzinses.  

Vielmehr kann ein Vermieter auch inoffizielle Statistiken, andere Wohnobjekte, die nicht ganz vergleichbar sind mit dem umstrittenen, oder auch ein Privatgutachten vorlegen. Ein gewichtiges Indiz kann gemäss Bundesgericht auch ein vorheriges, langjähriges Mietverhältnis sein, bei dem der Zins nicht laufend angepasst wurde. Als langjährig gilt ein Mietverhältnis von 15 bis 20 Jahren.

Kommt ein Gericht zum Schluss, es sei dem Vermieter gelungen, die Vermutung des missbräuchlichen Anfangsmietzinses aufgrund massiver Zinserhöhung zu erschüttern, entfällt diese Vermutung. Als Folge ist es nun am Mieter, auf der Basis amtlicher Statistiken oder mit fünf Vergleichsobjekten den Beweis zu erbringen, dass die Erhöhung des Mietzinses missbräuchlich war. 

«Falsche Richtung» 

Der Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz kritisiert das Urteil in einer am Montag veröffentlichten Medienmitteilung scharf. Das Bundesgericht habe die Beweislast nun stärker auf die Mieterseite verschoben. Mieter hätten jedoch keinen Zugang zu den Mietpreisen anderer Wohnungen in der Nachbarschaft, und so sei es für sie deutlich schwieriger, einen missbräuchlichen Mietzins zu beweisen. 

Weiter hält der Verband fest, der Entscheid gehe in die «völlig falsche Richtung. Die Mieten würden trotz sinkender Lebenshaltungskosten und stetig sinkender Hypothekarzinsen immer mehr ansteigen, statt zu sinken. Das Bundesgericht verstärke mit dem Urteil die Marktorientierung im Mietrecht. (sda/pb)

(Urteil 4A_183/2020 vom 6.5.2021)

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