Ausstellungstipp: Wandteile mit Fresken von Ernst Stückelberg
Die prächtigen Wandbilder des Hauses von Ernst Stückelberg fristeten seit seinem Abbruch in den 1930er-Jahren ein Schattendasein im wörtlichen Sinn. Sie waren zwar gerettet worden, waren aber Jahrzehnte lang eingelagert. Im Museum Kleines Klingenthal werden sie wieder ans Licht gebracht.
Quelle: Kantonale Denkmalpflege Basel-Stadt, Peter Schulthess
Ernst Stückelberg, Caritas aus dem Erimanshof, um 1875. Privatbesitz Schweiz.
Sie dürften das Bild vom Rütlischwur geprägt haben: die Fresken von Ernst Stückelberg (1831–1903) in der Tellskapelle am Urnersee. In Basel als Sohn eines Kaufmanns geboren, absolvierte er nach dem Gymnasium eine Lehre zum Porträtmaler. Danach besuchte er von 1850 bis 1852 die Akademie von Antwerpen und wechselte rund zwei Jahre später an die Akademie von München, wo er unter anderem unter Moritz von Schwind studieren sollte. Während des darauffolgenden mehrjährigen Aufenthalts in Rom knüpfte der junge Künstler Kontakte zu damaligen Stars seiner Zunft, Arnold Böcklin und Anselm Feuerbach. – Als Stückelberg 1877 den Wettbewerb für die Ausschmückung der Tellskappelle gewonnen hatte, war er auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt.
Kurz zuvor hatte er den Erimanshof am Petersgraben in der Basler Altstadt, den er 1871 übernommen hatte, im Innern mit prächtigen Fresken versehen. «Er malte sich sein Heim gemütvoll mit Fresken aus: im Salon eine Caritas, eine Sapientia, eine Diligentia und eine Vigilantia, im Vestibül italienische Landschaften», berichtete die «Die Schweiz: schweizerische illustrierte Zeitschrift» 1901, anlässlich seines 70. Geburtstages. Allerdings waren die Malereien in dem herrschaftlichen Haus mehr als Dekoration: Stückelberg, dem im Gegensatz zu etwa Böcklin die Ausführung einer prestigeträchtigen monumentalen Wandmalerei im öffentlichen oder privaten Raum bis dahin versagt geblieben war, nutzte mangels entsprechender Aufträge den Erimanshof.
Tonnenschwere Wandfragmente
Quelle: Johann Heinrich Luttringhausen, Privatbesitz / Foto: Kantonale Denkmalpflege BaselStadt, Peter Schulthess
Das Haus Stückelbergs um 1840, bevor er es erwarb und es den Namen Schweizerhof trug. (Bild von Johann Heinrich Luttringhausen, 1783-1857)
Heute steht das Zuhause des Malers nicht mehr. Als in den 1930er-Jahren die Basler Altstadt modernisiert wurde, vergrösserte man auch die Kreuzung am Blumenrain – und der Erimanshof musste weichen. Stückelbergs Wandmalereien überdauerten jedoch: Vor dem Rückbau brach man ganze Wandteile mit den Fresken heraus. Die mächtigen Stücke wurden eingelagert und verschwanden über Jahrzehnte von der Bildfläche. Das hat sich nun geändert: Mit einer aktuellen Ausstellung bringt das Museum Kleines Klingental die zum Teil beinahe tonnenschweren Fragmente wieder ans Licht.
Die allegorischen Gestalten und idyllischen Ansichten erzählen aber nicht nur von Stückelbergs Befindlichkeit, sondern auch von der Innenarchitektur jener Zeit. «Mit dem Bauboom in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden öffentliche Plätze und Bauten mit Monumentalwerken ausgestattet, zugleich Privatarchitekturen zunehmend als Gesamtkunstwerke interpretiert», heisst es dazu in der Medienmitteilung. Mit der Vollendung der Fresken in der Tellskapelle im 1883 hatte Stückelberg die Bekanntheit erlangt, die er gesucht hatte. Bald darauf gab er die Wand- und Freskenmalerei aber auf und zog sich weitgehend aus dem Kunstbe-trieb zurück. (mai)
Die Ausstellung «Stückelbergs wiederentdeckte Wandbilder»im Museum Kleines Klingental in Basel läuft noch bis 10. März 2024. Weitere Informationen auf www.mkk.ch
Quelle: Ernst Stückelberg / Robert Leemann, Gemeinfrei
Der Rütlischwur in der Tellskapelle am Urnersee- (Von Robert Leemann nach Robert Stückelberg um 1902)
Quelle: Kantonale Denkmalpflege BaselStadt, Peter Schulthess
Ernst Stückelberg, Fragment aus dem Erimanshof mit dekorativer Liegefigur, um 1875. Privatbesitz Schweiz.
Quelle: Kantonale Denkmalpflege BaselStadt, Peter Schulthess
Ernst Stückelberg, Fragment aus dem Erimanshof mit Dekorationsmalerei, um 1875. Privatbesitz Schweiz
Quelle: Kantonale Denkmalpflege Basel-Stadt, Peter Schulthess
Ernst Stückelberg, Prudentia. Wandbild um 1875. Privatsammlung Schweiz (Ausschnitt).