52 Tonnen Mikroplastik in Schweizer Auenböden
Die obersten fünf Zentimeter der Schweizer Auenböden enthalten rund 53 Tonnen Mikroplastik. Dies ist die Schätzung von Wissenschaftern der Universität Bern, die im Rahmen einer Studie Auen in Naturschutzgebieten untersucht haben. Zudem gehen sie davon aus, dass selbst der Grund entlegener Berggebiete mit Kunststoffüberresten kontaminiert ist.
Quelle: Joris Egger, CC BY-SA 3.0, Wikimedia
Flachwassertümpel in einer Auenlandschaft, der im Zuge eins Auenrenaturierungsprojektes geschaffen wurde, in der Nähe des "Chly Rhy".
Dass Mikroplastik Meere und Seen verseucht, ist bekannt. Beinahe unbekannt dürfte hingegen die Tatsache sein, dass auch Böden damit belastet werden. Bislang fehlten Methoden, mit denen sich die winzigen Teile quantifizieren lassen. Doch nun haben Forscher des Geographischen Instituts der Universität Bern eine solche entwickelt und in der ganzen Schweiz erstmals 29 Auenböden zwischen Genf und Graubünden unter die Lupe genommen.
„Obwohl die Standorte in Naturschutzgebieten liegen, wurden in 90 Prozent der Böden Mikroplastik gefunden“, wird Moritz Bigalke vom Geographischen Institut der Universität Bern, einer der Ko-Autoren der Studie, in der Medienmitteilung der Universität zitiert. Selbst in vielen abgelegenen Berggebieten konnten Bigalke und seine Kollegen Mikrokunststoff-Teilchen nachweisen. Dies ist ein Hinweis darauf, dass Mikroplastik über die Luft transportiert wird. Die Forscher schätzen die Menge Mikroplastik in den obersten 5 Zentimetern der Schweizer Auenböden auf 53 Tonnen. – Mikroplastik ist äusserst fein – der Durchmesser der Partikel liegt unter 0,5 Millimeter – und unterscheidet sich bezüglich der Art des Kunststoffs vom grösseren Plastikmüll.
Die höchsten Konzentrationen von Mikroplastik treten dort auf, wo grösserer Plastikmüll im Boden gefunden wurde. Die Forscher vermuten, dass die hier der Mikroplastik durch die Zerkleinerung grösserer Plastikteilen entsteht. Allerdings findet sich auch in vielen Böden ohne solchen Abfall Mikroplastik. So kommt er auch in einigen abgelegenen Berggebieten vor.
Überdies stellten die Forscher einen Zusammenhang zwischen der Grösse der Bevölkerung im Einzugsgebiet des Flusses, der durch die Aue fliesst, und der Konzentration von Mikroplastik im Boden fest. Das heisst: Je mehr Personen in dem Gebiet leben, umso stärker kontaminiert ist der Grund. „Diese Befunde sind alarmierend“, so Ko-Autor Michael Scheurer. Denn neue Studien deuteten darauf hin, dass Mikroplastik im Boden zum Beispiel Regenwürmer töten könne. Weil Regenwürmer viel zur Qualität des Bodens beitragen, könnten die Kunststoffpartikel auch die Bodenfruchtbarkeit beeinträchtigen.
Allerdings sind die konkreten Auswirkungen auf Pflanzen, die Fruchtbarkeit des Bodens und die Nahrungskette noch weitgehend ungeklärt. Der Forschungsbedarf ist somit gross. „So besteht etwa Forschungsbedarf zur Frage, wie sich Mikroplastik auf die Nahrungsmittelproduktion auswirkt und ob es in die Nahrungskette gelangen kann“, so Bigalke. – Hochrechnungen gehen davon aus, dass allein die Menge Mikroplastik, die mit Klärschlämmen jährlich in den Grund gelangt, grösser ist, als die Masse Mikroplastik, welche in den Weltmeeren landet. (mai/mgt)