Patrick Suppiger: «Die hundertwassersche Quadratur des Spiralkreises»
In der Kolumne berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute beschäftigt sich Patrick Suppiger, Geschäftsführer von Betonsuisse, mit dem Kreislauf eines Baustoffs und Recyclingbeton.
Quelle: Betonsuisse
Patrick Suppiger ist Geschäftsführer von Betonsuisse.
Was sich als Titel unmöglich und verquer liest, soll als
Hinweis auf das Werk von Friedensreich Hundertwasser dienen. Neben der Malerei
hat der österreichische Künstler eine neue, ja eine gewagte Art von Architektur
entworfen. Leuchtende Farben, unebene Böden, bunte Keramiksäulen, runde
Bauformen, ungleiche Fenster und der Natur überlassene Dachflächen, das sind
die Besonderheiten bei den Bauwerken von Hundertwasser.
In den 70er-Jahren befasste sich Hundertwasser mit der
Umsetzung seiner Architekturvisionen. Viele seiner Ideen stiessen auf
Interesse, wurden aber als unrealisierbar angesehen. Unbeirrt hauchte er seinen
Visionen Leben ein und realisierte bis zu seinem Tod insgesamt 40 Gebäude.
Darunter das «Augenschlitzhaus», das «Terrassenhaus» oder die «Waldspirale».
Dies sollte sein letztes architektonisches Werk darstellen.
Das Motiv der Spirale zog sich durch seine Malerei wie ein
roter Faden und stellte ein zentrales Element seiner Arbeit dar. Seit Beginn der
1950er-Jahre war die Spirale für ihn – als Gegenbild zur geraden Linie – eine
Metapher für das Werden und Vergehen wie auch ein Symbol für die Zyklen der
Natur. Insofern schloss sich mit dem Spiralhaus der Kreislauf seines Schaffens.
Ein wichtiger Pfeiler bei der Umsetzung der
Hundertwasserschen Architektur war Beton. Ohne diesen Baustoff wären die
ungeraden und teilweise spontan wirkenden Formen gar nicht erst realisierbar
gewesen. Das Beispiel des zwölfstöckigen Wohnhauses «Waldspirale» in Darmstadt
offenbart virtuose Architekturvisionen.
Mutig war auch der Einsatz von 12 000 Kubikmeter
Recyclingbeton für Innen- und Aussenbauteile wie auch für Bodenplatten. Was
heute längst eine Selbstverständlichkeit ist, hatte im Jahr 2000 einen pionierhaften
Charakter. Hundertwasser gab dem Thema Spirale und Kreislauf nicht nur eine
Form, sondern manifestierte diese direkt auch in der Konstruktion und in der
Baustoffwahl.
Dass das Bauen mit Recyclingbeton in der Schweiz längst die
Regel ist, hätte Hundertwasser positiv gestimmt. Die Schweiz setzt dank
weitsichtiger Unternehmen und einer Baugesetzgebung, die Recycling fördert,
Massstäbe. Mit dem Einsatz von Recyclingbeton können die Ressourcen geschont,
Stoffkreisläufe geschlossen und die zu deponierenden Bauabfälle minimiert
werden.
Im Sinne eines umfassenden Verständnisses von Nachhaltigkeit
gilt es also, den ganzen Kreislauf eines Baustoffs zu berücksichtigen. Beton
bleibt auch nach dem Rückbau ein kostbares Gut und kann zerkleinert als
Granulat wieder in den Baustoffkreislauf wertvermehrend eingespeist werden.
Daher sollte die Verfügbarkeit und der mögliche Einsatz von Recyclingbeton bei
jedem Projekt geprüft werden. Schon alleine deshalb, weil heute
qualitätsgeprüfte Recyclingprodukte auch für viele anspruchsvolle
Expositionsklassen eingesetzt werden können.
Lassen Sie uns gemeinsam Kreisläufe schliessen und uns von
Hundertwassers Denken in Spiralen inspirieren. Die Welt des Bauens wird in
Zukunft dank innovativen, verantwortungsbewussten und kreativen Akteurinnen und
Akteuren eine noch aufregendere und nachhaltigere werden. Dank seiner
Leistungsfähigkeit, seiner Vielseitigkeit, seiner Resilienz und ja, auch dank
seiner Kreislauffähigkeit wird Beton, davon bin ich überzeugt, weiterhin viele
Bauwerke überhaupt erst ermöglichen.
Quelle: Alexandre Prevot flickr CC BY-SA 2.0
Die mit Beton hergestellte «Waldspirale» Darmstadt.