Marco Sonego: «Den Nachwuchs für die Baubranche begeistern»
Marco Sonego, Zentralpräsident und Geschäftsführer von Baukader Schweiz, plädiert in seiner Kolumne für bessere Konditionen des Gesamtarbeitsvertrags, insbesondere, was die Regelung der Arbeitszeiten anbelangt.
Quelle: Baukader
Marco Sonego ist Zentralpräsident und Geschäftsführer von Baukader Schweiz.
Der Fachkräftemangel auf Baustellen ist Realität. Trotz guter Entlöhnung und Aufstiegsmöglichkeiten ist es immer schwieriger, kompetentes Baustellenpersonal zu finden. Zwar hat die Branche reagiert und notwendige Anpassungen an die Ausbildungen eingeleitet. Auch der Bund hat eingesehen, dass eine einseitige Förderung der akademischen Berufe langfristig nicht förderlich für die Erhaltung des Niveaus unseres Fachpersonals ist.
Man erkannte auch, dass die Grundschule teilweise nicht die Kompetenzen schult, welche später in der Praxis vieler Branchen benötigt werden. Nun gut. Wir reformieren also die Ausbildungen und bieten so viele Weiterbildungsmöglichkeiten an wie noch nie zuvor an. Wir werben mit allen möglichen Medien und Präsenzarten und versuchen, so gut es geht, unseren Nachwuchs für die Baubranche zu begeistern. Wir erstellen lustige Filme, wir zeigen eine schöne Welt und trotzdem unternehmen wir nicht genug, um die Attraktivität des Baugewerbes zu verbessern. Warum eigentlich nicht?
Denn eine Brache, die nicht in allen Bereichen attraktiv ist, wird keinen Nachwuchs generieren. Die aktuelle und künftige Generation, und ich spreche nicht nur von Lernenden, die eine Lehre auf dem Bau machen könnten, wird sich immer für die besten Angebote entscheiden. Arbeitszeit, Flexibilität, Zukunftsvisionen und nicht als Letzteres auch die Aufstiegsmöglichkeiten müssen stimmen. Auch der Lohn muss angemessen sein und hat, sofern alles andere gegeben ist, ebenfalls einen grossen Stellenwert.
In der heutigen Zeit aber ist vor allem die Zeit noch viel wertvoller als wir das noch vor zehn, zwanzig oder mehr Jahren bewertet hätten. Die Nachfrage nach Teilzeitarbeit und flexiblen Arbeitszeiten steigt stetig. Viele Unternehmen tragen dieser Nachfrage jedoch keine Rechnung. Sie akquirieren Baustellen, welche nicht selten weit über einer Stunde vom ursprüngliche Arbeitsort entfernt sind, und diese Zeit ist noch ohne Stauzeit gerechnet. Die Arbeitstage des Poliers werden so immer länger und noch länger. Das darf nicht sein.
Aus der Perspektive von Baukader Schweiz als Sozialpartner und Vertreter der Arbeitnehmer möchten wir den Paradigmenwechsel in unserer Brache erreichen und neue Regelungen zur Arbeitszeit zwingend im Baukadervertrag und Bauführervertrag verankern. Das Bauhauptgewerbe muss sich anpassen. Wir müssen die maximalen Arbeitszeiten reduzieren und Fahr- wie Vorbereitungszeiten zur Arbeitszeit anrechnen.
Ein Vorbild ist diesbezüglich die Holzbaubranche. Dort gibt es weit weniger Fachkräftemangel und dazu genügende oder gar überdurchschnittliche Lehrvertragsabschlüsse. Der Holzbau wird heute in der Gesellschaft so attraktiv angesehen wie noch nie. Das liegt auch an den guten Konditionen des Gesamtarbeitsvertrags in dieser Branche, in der die Arbeitszeit für Arbeitnehmer sehr attraktiv geregelt sind.
Eine ähnliche Regelung für Arbeitszeit braucht es im Bauhauptgewerbe, welches viel Spannendes zu bieten hat. Es gibt so viele interessante, anspruchsvolle Baustellen mit Herausforderungen auf allen Funktionsstufen. Dies müssen wir unserem Nachwuchs aufzeigen und gleichzeitig moderne Anstellungsbedingungen mit flexiblen Zeitmodellen umsetzen. Denn: Bewegt sich die Branche nicht, so werden wir trotz schönen Social-Media-Filmchen und Lehrstellenförderung vom Bund dennoch nichts erreichen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer wollen seit langem das Gleiche: faire und ansprechende Arbeitsbedingungen, die für beide Seiten stimmen. Es ist Zeit für einen Wechsel bei den Arbeitszeiten auf dem Bau.