Kolumne zum Mittwoch: Liberale Haltung versus Sonderregelungen
In der Kolumne zum Mittwoch schreiben Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute ist es Patric Fischli-Boson, Geschäftsleiter SZS Stahlbau Zentrum Schweiz und Stahlpromotion Schweiz.
"Nachhaltiges Bauen soll in der Schweiz gefördert werden – dagegen gibt es nichts einzuwenden. Die Messbarkeit der Nachhaltigkeit im Bauwesen ist kein einfaches Unterfangen. Das Netzwerk Nachhaltiges Bauen hat dazu einen Kriterienbeschrieb publiziert. Es sind multiple Kriterien, welche auf 139 Seiten darstellen, was in die Beurteilung einfliesst: gesellschaftliche, wirtschaftliche und umweltrelevante Aspekte. Für jedes Projekt gibt es aufgrund der individuellen Randbedingungen eine oder mehrere adäquate und nachhaltige Lösungen. Kurzum, die Bewertung der Nachhaltigkeit lässt sich sicherlich nicht auf das Material reduzieren. Es ist ein hervorragendes Handbuch und es ist jedem Bauherrn zu empfehlen.
Quer dazu stehen einige Forderungen von Branchenvertretern, welche Nachhaltigkeit einzig und allein auf die Materialwahl beschränken möchten. Den Wunsch der Holzlobby, öffentliche Bauherren zu verpflichten, nachhaltig mit Holz und dazu noch aus einheimischem Holz zu bauen, konnte aus wettbewerbsrechtlichen Gründen auf eidgenössischer Ebene nicht durchgesetzt werden. Einige Gemeinden halten diese Forderung jedoch aufrecht und
beharren bei der Auslobung darauf.
Da fragen wir uns natürlich, auf welcher rechtlichen Grundlage oder mit welchen Argumenten kann eine Gemeinde eine solche Haltung durchsetzen? Aus einer nachhaltigen beziehungsweise ökologischen Perspektive sicherlich nicht. Denn beim Bau einer Halle mit grossen Spannweiten, zum Beispiel Turnhallen oder Ähnlichem, schneidet der in der Schweiz zu 100 Prozent rezyklierte Stahlträger aus Schweizer Stahlschrott besser ab als verleimte Brettschichtholzträger. Was mag es also für weitere Gründe geben? Schutz der lokalen Handwerksbetriebe? Dagegen habe ich grundsätzlich nichts einzuwenden, jedoch handelt es sich dabei um Partikularinteressen, welche über Interessen der Allgemeinheit gestellt werden und Handwerksbetriebe aus anderen Branchen in die Enge treiben.
Ein weiteres Beispiel für gewünschte Sonderregelungen: Die Holzindustrie forderte jüngst aufgrund der negativen Auswirkungen des Frankenschocks eine Erhöhung des Höchst-
gewichtes für Holztransporte von 40 auf 44 Tonnen. Auch hier versucht man, einer Branche
Vorteile zu gewähren. Jede andere Branche leidet ebenso unter dem Frankenschock. Holz ist ein wunderbares Material, welches genauso seine Berechtigung im Bau findet wie Beton oder Stahl. Ich bin überzeugt, dass für Holz keine Sonderregelungen nötig sind. Es wird sich für viele Anwendungen gegen andere Materialien durchsetzen, genauso wie Stahl oder Beton.
Es wäre wünschenswert, wenn sich die Branchenvertreter in einem liberalisierten Markt durch Innovation abheben und nicht durch Sonderregelungen. Die Materialien sollen dort eingesetzt werden, wo sie sinnvoll sind, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. Vorschriften und Zwang zur Verwendung von Holz als Baumaterial sind nicht nur wettbewerbsrechtlich bedenklich, sondern auch aus Marketingsicht falsch. Zwang löst eine Abwehrreaktion bei Planern aus.
Der Holzbau als innovative Baubranche wird es auch ohne Heimatschutz weit bringen. Ich wünsche mir eine Bauwirtschaft, welche materialübergreifend an Innovationen arbeitet, ganz im Sinne der Interdisziplinarität, denn dort gibt es grosse Potenziale zu erschliessen. Das Stahlbau Zentrum Schweiz setzt sich für Innovationen im Stahl- und Hybridbau (Stahl-Holz-Beton) ein!"
Die Kolumen ist im Baublatt von letzter Woche erschienen. Sind Sie noch kein regelmässiger Leser des Baublatts und sind neugierig geworden? Abonnieren Sie das Baublatt hier.