Kolumne zum Donnerstag: Wie wertvoll ist Arbeit?
In der Kolumne zum Donnerstag berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute beschäftigt sich Benedikt Koch, Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbands, mit dem Ruf nach mehr Lohn für alle Angestellten des Bauhauptgewerbes.
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Schreibmaschine, Schmuckbild.
Mehr Lohn für alle, gleich mehr Konsum von allen, gleich mehr Beschäftigung und mehr Wohlstand im ganzen Land. Auf dieser Gleichung basiert das periodisch angestimmte gewerkschaftliche Mantra, das von einer Perpetuum-mobile-Wirtschaft ausgeht. Völlig losgelöst von der Konjunktur eines Landes oder der Wettbewerbsfähigkeit einer Branche soll die Wirtschaft vor allem durch Lohnerhöhungen angekurbelt werden. Damit verkennen die Gewerkschaften mit ihrer eindimensional ausgerichteten Kaufkrafttheorie den eigentlichen Wert der Arbeit. So behauptete nicht einmal Karl Marx, dass sich mit Lohnerhöhungen die Arbeitslosigkeit vermeiden liesse.
Arbeit kann aus verschiedenen Blickwinkeln bewertet werden: historisch, politisch, philosophisch, ökonomisch oder emotional. Da ich weder Historiker, Politiker, noch Philosoph bin, versuche ich einen pragmatischen Ansatz auf der Basis meines ökonomischen Hintergrunds. Als erstes gilt es einmal festzustellen, ob das zu bewertende «Produkt» überhaupt existiert. Für eine Person, welche eine Anstellung hat oder die einer selbständigen Tätigkeit nachgeht, ist diese Frage schnell beantwortet. Es gibt eine Nachfrage nach der von ihr angebotenen Arbeitsleistung. Das Messkriterium für den Wert der Arbeit ist der Lohn.
Aber Achtung: Arbeit ist kein homogenes Produkt. Entsprechend gross können die Lohnunterschiede sein. Liegt bei einer bestimmten Arbeitsgattung ein Überhang an Arbeitskräften vor, sind deren Löhne eher tief. Ist dagegen das Angebot im Vergleich zur Nachfrage tief, sind die Löhne hoch. Zumindest in der Theorie. In der Praxis sieht das jedoch ganz anders aus: Arbeitsmärkte werden äusserst stark reguliert, sei es durch den Staat oder durch die Sozialpartner. Die Marktkräfte haben das Feld längst dem Staat, den Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften überlassen. Als Folge davon ist der ökonomische Wert der Arbeit längst politischen und ideologischen Ansichten untergeordnet worden.
Aufgrund der Corona-Pandemie ist der Umsatz des Bauhauptgewerbes im zweiten Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahresquartal um acht Prozent geschrumpft. Erst die weitere Konjunkturentwicklung der kommenden Monate wird zeigen, wie stark die zu erwartenden volkswirtschaftlichen Folgeschäden sind. Man muss also davon ausgehen, dass die Nachfrage nach Arbeitskräften sinken wird. Diese trüben Aussichten halten die Gewerkschaften jedoch nicht davon ab, für alle Angestellten des Bauhauptgewerbes eine generelle Lohnerhöhung für das Jahr 2021 zu fordern.
Doch Löhne können nur bezahlt werden, wenn es Firmen gibt, die Arbeitskräfte brauchen und einsetzen können. Nur dann haben die Bauarbeiter einen sicheren Job. Und nur dann hat ihre Arbeit auch einen Wert.