Kolumne zum Donnerstag: Vom Krieg und der Denkmalpflege
In der Kolumne zum Donnerstag berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute beschäftigt sich Franziska Bürki, Geschäftsführerin von Entwicklung Schweiz, mit dem Erhalt von historischer Bausubstanz und den Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung.
Quelle: libertyslens, Flickr, CC
Schreibmaschine, Schmuckbild.
«Gott schütze mich vor Staub und Schmutz; vor Feuer, Krieg und Denkmalschutz.» So ist es in einer Gotikschrift an die Hauswandder Kneipe «zum General» in Bamberg DE gemalt, der Besitzer hat sich hier scheinbar ein Spässchen erlaubt. Oder nur vielleicht scheinbar? Gerade die aktuelle politische Debatte in der Schweiz zur Frage, wie man Siedlungsentwicklung nach innen (Verdichtung) und Denkmalschutz unter einen Hut bringen kann, zeigt, wie ernst das Thema ist. Denkmalpfleger würden hier einwenden, dass die Vereinbarkeitkein Problem sei, «wenn man denn nur wolle». Doch die Realität ist komplexer.
Nostalgie und Traditionsbewusstsein liegen irgendwie in der Natur des Menschen. Risikoaversion war evolutionsbedingt eine gute Überlebensstrategie und scheint in unsere Gene geschrieben zu sein. Wer ein gutes Leben führt, empfindet Veränderung als Bedrohung. Wenn überhaupt, wird sie meist nur widerwillig akzeptiert, aber später – das muss hier betont sein – nicht selten sogar als Fortschritt gelobt. So ist auch der Wert von insbesondere historischen Altstadtteilen und einzigartigen Denkmälern nicht nur Baukulturbegeisterten, sondern auch der breiten Bevölkerung wichtig. Baukultur stellt also ein öffentliches Interesse dar.
Kollidiert das öffentliche Interesse an Baukultur jedoch mit anderen öffentlichen Interessen, verändert sich die Wahrnehmung der Bevölkerung. Effizient von A nach B kommen, energetisch sanieren, mit Ressourcen schonend umgehen sowie die alltäglichen Ansprüche an ein behagliches Wohnen, an zeitgemässe Arbeitsplätze und an eine attraktive Umgebung sind ebenso wichtige Bedürfnisse. Wenn von Nachhaltigkeit und von Fortschritt die Rede sein will, müssen zwingend alle unterschiedlichen Interessen berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden. Es braucht also weit mehr als einfach «den guten Willen» des Bauherrn. Es braucht grundsätzliche Akzeptanz der vielseitigen Interessen, es braucht echte Kompromissbereitschaft. Leider kommt es aber immer wieder vor, dass zuständige Fachstellen oder Interessengruppen nicht bereit sind, ihre Interessen frühzeitig und vor allem verbindlich einzubringen, weil sie sich die Möglichkeit auf spätere Rekurse offenhalten wollen.
Dieses unkooperative Verhalten führt dazu, dass im späteren Prozess aufgrund von Partikularinteressen Einsprachen getätigt werden und Inventare wie beispielsweise das Isos (schützenswerte Ortsbilder) dafür instrumentalisiert werden. Mit welchem Resultat? In den Gutachten der Fachkommissionen und später vor den Gerichtenhaben alle anderen Interessen, die frühzeitig eingebracht worden sind, oft das Nachsehen. Das Gewohnte und Bestehendeerhält Zuspruch, das Fortschrittliche und Moderne muss weichen. Das darf nicht sein, esbesteht dringender Handlungsbedarf. Die politische Debatte läuft.