Kolumne zum Donnerstag: Todesfalle Wachstumskurs
In der Kolumne zum Donnerstag berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute beschäftigt sich Daniel Löhr, Präsident der Fachgruppe Karriere und Kommunikation von Swiss Engineering STV und Partner Engineering Management Selection E.M.S. AG, mit Wachstums- und Wertschöpfungsstrategien im Projektgeschäft.
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Schreibmaschine, Schmuckbild.
Interessanterweise beklagen sich in der Bauindustrie die meisten Firmen – trotz Hochkonjunktur – über zu tiefe Margen und das schon seit Jahren. Durch Firmenzukäufe, geografische Marktausweitung oder durch lokalen Gewinn von Marktanteilen glaubt man das Problem in den Griff zu bekommen. Die Realität zeigt Gegenteiliges. Statt zu verschwinden, vergrössern sich die Probleme. Das Einzige, was verschwindet, ist der CEO, eventuell der CFO, der COO und wie sie alle heissen. Der Verwaltungsrat, der die Hauptverantwortung trägt, wäscht sich die Hände in Unschuld, holt einen neuen CEO, lässt alle austauschen, und dann beginnt das Trauerspiel von neuem.
Nur zehn Prozent der Fusionen, Firmenzusammenlegungen und Integrationen sind statistisch erfolgreich. Wachstumsstrategien im Projektgeschäft sind Todesfallen für Aktionäre und Mitarbeitende. Wenn man bei einer Wachstumsstrategie Projektrisiken jahrelang vor sich hinschiebt oder schönredet, kommen die Verluste bei einem Konjunktureinbruch oder einem CEO-Wechsel kumuliert und auf einen Schlag an die Oberfläche. Das Nachsehen haben die Mitarbeitenden und die Aktionäre. Bei einerzu dünnen Kapitaldecke kann es sogar so weit kommen, dass eine Unternehmung existenziell gefährdet ist. Dann wäre es der richtige Moment, auf die Bremse zu stehen, die Strategie und das Geschäftsmodell zu hinterfragen und anzupassen.
Ein ausschliesslich im Projektgeschäft, im harten Wettbewerb agierendes Unternehmen, kann auf die Dauer nicht erfolgreich sein. Projektgeschäft und Wachstum passen einfach nicht zusammen. Denn wenn man sich aufgrund Überkapazitäten Aufträge kaufen muss, zerstört man Wertschöpfung.Deshalb lohnt es sich, statt einer Wachstums- eine Wertschöpfungsstrategie zu fahren. Dabei kann man die Kapazitäten besser planen und kann sich auch gesundschrumpfen. Bei einer Grippe gehen Sie auch nicht in den kalten See baden, sondern lassen sich in der warmen Stube pflegen, um wieder Kräfte zu schöpfen, undziehen sich das nächste Mal etwas wärmer an.
Nach der «Grippe» können Sie sich im Markt neu positionieren und die Kunden aussuchen, die zu Ihnen passen. Wenn Sie trotzdem im kleinmargigen Projektgeschäftsmarkt operieren wollen oder müssen, ist es zwingend, dass Sie Ihr Portfolio mit vor- und nachgelagerten Dienstleistungen ergänzen oder mit einem Kundenbindungs-Programm komplementieren und in Ihrem Team die besten Projektmanager haben.
Risiken können Sie nur in Chancen umwandeln, wenn Sie diese bewusst und ohne Druck eingehen. Chancen können Sie nur umsetzen, wenn Sie genügend Managementkapazitäten haben. Eine Firma, welche in einem nicht skalierbaren Markt auf Wachstumskurs ist, kann nur verlieren. Denn mit jedem Wachstumsschritt kauft man sich neue Risiken ein, welche man vorerst gerne verdrängt. Anschliessend rauben sie Ihnen den Schlaf und danach den Job.
Beginnen Sie noch heute auf ungesundes Wachstum zu verzichten, bevor Sie morgen nicht mehr schlafen können und übermorgen keinen Job mehr haben!