08:11 MEINUNG

Kolumne zum Donnerstag: Lieber Plus statt Links-Rechts

Geschrieben von: Urs Hauser
Teaserbild-Quelle: libertyslens, Flickr, CC

In der Kolumne zum Donnerstag berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute beschäftigt sich Urs Hauser, Direktor von Wohnbaugenossenschaften Schweiz, mit dem Links-Rechts-Graben in der Wohnbaupolitik.

Schreibmaschine Kolumne Symbolbild

Quelle: libertyslens, Flickr, CC

Schreibmaschine, Schmuckbild.

Es klingt paradox: Die Schweizerinnen und Schweizer wünschen sich mehr Genossenschaftswohnungen. Das hat eine repräsentative Bevölkerungsbefragung jüngst bestätigt: Zwei Drittel finden, es brauche in der Schweiz mehr Genossenschaftswohnungen. Ebenso viele sind der Meinung, die öffentliche Hand solle Wohnbaugenossenschaften fördern. Dennoch hat das Volk im Februar die Initiative «Für mehr bezahlbare Wohnungen», die genau dies verlangte, abgelehnt.

Was ist passiert? Das Forschungsunternehmen Sotomo hat das Abstimmungsverhalten nun im Detail analysiert. Und dabei hat sich gezeigt: Neun von zehn Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sind der Ansicht, dass die Wohnkosten in der Schweiz zu hoch sind. Zwei Drittel finden, dass Wohnen ein Grundrecht ist und nicht gänzlich der freien Marktlogik überlassen werden wollte. Und die Mehrheit befürwortet Fördermassnahmen für mehr gemeinnützigen und preisgünstigen Wohnraum. Trotz dem Nein an der Urne ist der Grossteil der Bevölkerung also offenbar mit den generellen Anliegen der Initiative einverstanden.

Es mag sein, dass manchen die Initiative inhaltlich zu weit ging. Wie jemand abgestimmt hat, hing aber interessanterweise vor allem mit der politischen Orientierung zusammen. Personen, die sich dem linken politischen Spektrum zuordnen, haben häufiger ein Ja in die Urne gelegt. Auch die persönliche Betroffenheit spielt eine Rolle: Wer eine hohe Miete zahlt oder sich wegen der Höhe der Wohnkosten in anderen Bereichen finanziell einschränken muss, befürwortete die Vorlage eher.

Von diesem Links-Rechts-Schema sollten wir uns lösen. Denn ob es in der Schweiz mehr gemeinnützigen Wohnraum braucht, hat nichts mit Parteipolitik zu tun. Wenn ein Teil des Wohnraums preisgünstiger ist, weil er der Spekulation entzogen ist, nützt das der ganzen Gesellschaft. Weil Genossenschaftssiedlungen nachhaltig sind. Weil sie auf gesellschaftliche Trends reagieren und neue Wohnformen ermöglichen. Weil sie soziale Dienstleistungen und Infrastrukturen für ganze Quartiere bieten. Und wir sollten die Diskussion von der individuellen Perspektive lösen und aus einer gesamtgesellschaftlichen Sicht führen. Genossenschaftswohnungen sind nicht nur für Einkommensschwache da, sondern für alle offen.

Die beiden Umfragen sind ein klares Signal: Die Bevölkerung wünscht sich mehr gemeinnützigen Wohnraum. Das muss die Politik ernst nehmen. Dafür braucht es entsprechende Rahmenbedingungen und Fördermassnahmen. Etwa den Zugang zu geeigneten Arealen oder Starthilfen für junge Genossenschaften. Es braucht aber auch ein anderes Bild in den Köpfen. Solange der gemeinnützige Wohnungsbau in der öffentlichen Diskussion als linkes Thema und als Wohnraum für die Ärmsten abgehandelt wird, werden entsprechende Anliegen gebremst. Lassen Sie uns sachlicher über das Thema diskutieren! So dass es künftig nicht um links oder rechts, sondern um Mehrwerte geht.

Geschrieben von

Direktor von Wohnbaugenossenschaften Schweiz.

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