Kolumne zum Donnerstag: Ein Ergebnis, das beiden weh tut
In der Kolumne zum Donnerstag berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute beschäftigt sich Nico Lutz, Mitglied der Geschäftsleitung der Gewerkschaft Unia, mit der schwierigen Einigung zwischen den Gewerkschaften und den Baumeistern.
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Schreibmaschine, Schmuckbild.
Am Schluss werden wir eine Lösung finden müssen, die beiden weh tut. Das war die Einschätzung von SBV-Präsident Gian-Luca Lardi, als wir uns am 5. November 2018 das letzte Mal trafen. Es stimmt. Und wir haben 20 lange Verhandlungsrunden gebraucht. Am 3. Dezember haben sich die Verhandlungsdelegationen auf ein Ergebnis geeinigt, das nun den Entscheidgremien vorgelegt wird. Beide Verhandlungsdelegationen werden bis zur Abstimmung Überzeugungsarbeit leisten müssen. Weil nicht alle Erwartungen erfüllt sind.
Ein wichtiges Anliegen für beide Seiten ist die Sicherung der Rente mit 60. Das Rentenalter und die Rentenhöhe bleiben unverändert, dafür werden die Beiträge an die zweite Säule der Bauarbeiter reduziert. Die Bauarbeiter werden zudem zusätzliche 0,75 Lohnprozente für die Rente mit 60 bezahlen. Die Arbeitgeber haben sich durchgesetzt: Die Rente mit 60 wird arbeitnehmerseitig saniert.
Auf den 1. Januar 2019 wird zudem der Landesmantelvertrag erneuert. Er enthält für beide Seiten Verbesserungen. Für die Arbeitgeber wird die bestehende Flexibilität der Arbeitszeit besser organisiert. Für die Bauarbeiter wurde ein Ablauf vereinbart, der Kündigungen kurz vor der Pension verhindern helfen soll. Beide Seiten mussten sich von ihren Maximalforderungen verabschieden. Für die Gewerkschaften ist schwer verdaubar, dass die heute zum Teil schon überlangen Arbeitstage nicht reduziert werden konnten oder zumindest Massnahmen gegen die grassierende Temporärarbeit definiert wurden.
Auch bei der Lohnerhöhung gab es einen Kompromiss. Die Verhandlungsdelegationen legten sich auf eine Erhöhung der Löhne um je 80 Franken auf den 1. Januar 2019 und 2020 fest. Diese Lohnerhöhung deckt über die beiden nächsten Jahre die erwartete Teuerung sowie die Mehrkosten der Bauarbeiter für die Frührente ab. Im Gegenzug erhalten die Bauarbeiter keine Reallohnerhöhung. Viele Bauarbeiter werden nicht zufrieden sein, da auch in den vergangenen vier Jahren die Löhne stillstanden. Aber das ist das Wesen von tragfähigen Lösungen. Sie tun beiden Seiten weh, und beide Seiten profitieren gleichermassen.
Eine Kritik bleibt: Beide Seiten müssen sich fragen, ob es auch in Zukunft wirklich 20 Verhandlungsrunden, viel Krach und Streit braucht, bis endlich ein Ergebnis vorliegt. Da hat es Luft nach oben. Aber vorher sind sowohl die Gewerkschaften wie auch die Baumeister gefordert, für dieses Ergebnis in ihren Gremien eine Mehrheit zu erarbeiten. Sonst geht der Streit auf dem Bau weiter – mutmasslich härter als zuvor.