Kolumne zum Donnerstag: Bauen oder bauern?
In der Kolumne zum Donnerstag berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute beschäftigt sich Benedikt Koch, Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbands, mit dem schwierigen Entscheid für Bauern, ob sie ihr Land verkaufen sollen.
Quelle: libertyslens, Flickr, CC
Schreibmaschine, Schmuckbild.
Pedro ist Bauer. In Honduras. Pedro könnte bald reich sein. Und zwar, indem er sein Bauernland zu Bauland macht und es an einen Investor aus der Fremde verkauft. Doch er zögert, könnte er doch dadurch Familie und Freunde verlieren.
Pedros Geschichte ist nicht zufällig mit viel Aufregung verbunden, ist sie doch fiktiv und zugespitzt erzählt. So könnte Pedro problemlos die tragische Hauptfigur einer der in Mittelamerika so beliebten Telenovelas sein.
Doch sein Schicksal steht nicht im Zentrum einer 180-teiligen Fernsehserie von TV Globo, sondern eines 124-seitigen Essays des Ökonomen Karl Reinhard Lohmann. Das Buch "Darf Pedro sein Land verkaufen?" ist ein anschauliches Beispiel aus der Verhaltensökonomie.
Dabei sind längst nicht alle Grundstückbesitzer nur auf den schnellen Gewinn aus. Sie treffen ihre Entscheidungen häufig so, dass sie auch weiterhin von ihrem sozialen Umfeld geschätzt werden.
Zwar gilt in Honduras ebenso wie in der Schweiz: Das Schicksal des landwirtschaftlichen Bodens hängt stark von seinem Preis ab. Ist das Grundstück bereits als Bauland eingezont, so wird der Verkaufspreis vor allem durch seine Lage beeinflusst – neben weiteren Faktoren wie der Erschliessung, dem Entwicklungspotenzial des Gebiets oder den Renditen alternativer Kapitalanlagen.
Doch beim Preis für Landwirtschaftsland sind weniger die Lage und die Erschliessung als vielmehr die gesetzlichen Beschränkungen entscheidend. Zumindest mittel- bis langfristig steht nicht nur Pedro in Honduras, sondern auch die typische Schweizer Bauernfamilie vor der Frage "bauen oder bauern?".
Als Direktor des Baumeisterverbands liegt es mir fern, jeder Familie zur Bau-Variante zu raten, zumal mir als Bauernsohn und Agronom unsere Landwirtschaft ebenfalls am Herzen liegt. Jeder, der sich über das Verbauen der Grünflächen aufregt, sollte sich jedoch bewusst sein, dass jeder Quadratmeter Grünfläche, der überbaut wird, von einem Bauern zu einem guten Preis verkauft wurde.
Pedro bereitet derweil die Frage Albträume, ob er sein Land verkaufen und in die Stadt ziehen oder ob er Teil der Dorfgemeinschaft bleiben will. Er ist sich bewusst, dass ihn seine Familie bei einem Hofverkauf verstossen würde. In Honduras wäre das umso einschneidender, übernimmt die Comunidad in Mittelamerika doch die Aufgabe der sozialen Absicherung im Alter.
Welchen Weg Pedro wählt, erfährt der Leser übrigens nicht, endet doch das Buch wie eine typische Telenovela-Folge ausgerechnet an der spannendsten Stelle.