Kolumne zum Donnerstag: Bauen für den Klimaschutz
In der Kolumne zum Donnerstag berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute beschäftigt sich Nico Lutz, Mitglied der Geschäftsleitung der Gewerkschaft Unia, mit dem CO2-Ausstoss der Zement- und Bauindustrie.
Quelle: libertyslens, Flickr, CC
Schreibmaschine, Schmuckbild.
Gegen 100 000 Menschen gingen am 28. September 2019 in Bern für mehr Klimaschutz auf die Strasse. So etwas hat es zuvor noch nie gegeben. Junge, Alte, Büetzer, Kader, Linke, Rechte... äusserten ihre Besorgnis. Offensichtlich ist die Wahrnehmung, dass bisher zu wenig gemacht wurde, breit. Erfreulich breit.
Der jüngste GAP-Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep) unterstreicht den Handlungsbedarf. Er legt dar, dass zwischen den aktuell zugesagten (nicht realisierten!) CO2-Reduktionen für 2030 und dem Erwärmungsziel von 1,5 Grad eine Lücke von 32 Milliarden Tonnen C02klafft.
Das ist viel. Die nüchterne Rechnung der Unep zeigt: Wollen wir das Reduktionsziel erreichen, müssen die globalen Treibhausgasemissionen zwischen 2020 und 2030 jährlich um 7,6 Prozent zurückgehen. Das ist dann wirklich, wirklich viel. 2020 ist in einem Monat. Es nützt auch wenig, auf die anderen zu zeigen: 76 Prozent der CO2-Emissionen kommen aus den G20-Ländern. Also von uns.
Kürzlich habe ich die Liste der grössten Schweizer C02-Emittenten gesehen und ich bin erschrocken. Die ersten vier Plätze werden von Zementfirmen belegt. Rund ein Drittel aller CO2-Emissionen der Schweizer Industrie stammt von Zementproduzenten. Dies liegt einerseits am hohen Energieverbrauch bei der Herstellung, andererseits wird beim Entstehungsprozess des Zementbinders Klinker CO2freigesetzt.
Bauen ohne Zement und Beton ist in der hochindustrialisierten Schweiz kaum denkbar. Doch eine kurze Recherche im elektronischen Nirvana fördert eine Reihe von Ansätzen zutage: Ein neuer LC3-Zement kommt auf den Markt, der mit deutlich weniger Klinker auskommt. Das bringt eine CO2-Reduktion von 30 bis 40 Prozent. Gemäss einer Studie der EPFL Lausanne und der ETH Zürich lässt sich mit einer effizienten Planung, präziserer Statikberechnungen, weniger Baufehlern und Baumaterialausschuss sowie neuen Produkten der CO2-Ausstoss in der Betonproduktion um rund 80 Prozent senken
Doch wieso wird das nicht bereits gemacht? Wie so oft ist die Antwort simpel: Die heutige Produktion ist billiger. Warum haben wir nicht schon längst eine saftige C02-Abgabe – sozial zurückverteilt an die ganze Bevölkerung? Diese würde die Zement- und Bauindustrie dazu bringen, den CO2-Ausstoss massiv zu reduzieren statt billigere CO2-Zertifikate im Ausland zu kaufen.
Sei es bei der Raumplanung, bei den Maschinen oder bei den Materialien: Wir müssen in allen Bereichen des Bauens umdenken. Auch über das Bauen hinaus: Das Menschenrecht auf ein Wochenende auf Mallorca werden wir hinterfragen müssen.
Es gibt viel zu tun. Die Baubranche gilt als zupackend, konstruktiv und innovativ. Nutzen wir diese Fähigkeiten auch für den Klimaschutz!