Kolumne von Susanne Zenker: «Hohe Baukultur beginnt mit einer integrierten Planung»
In der Baukultur beginnt Qualität bei der Planung – und die setzt vor allem auf Kooperation. Wie sich durch interdisziplinäre Prozesse langlebige, nachhaltige und funktionale Gebäude schaffen lassen, erklärt SIA-Präsidentin Susanne Zenker in ihrer Kolumne.
Quelle: SIA
Susanne Zenker ist Präsidentin des SIA.
Haben Sie es schon erlebt, dass Sie in einem Raum sitzen, ein Konstruktionsdetail beobachten und sich sagen: «Dahinter steckt viel Kopfarbeit. Das Detail wurde intensiv überlegt und gezeichnet und anschliessend konsequent in perfekter Weise ausgeführt.»
Hier spielen die Planenden eine grundlegende Rolle. Eine gute Planung geht präzise bis in die Details. Die Gewerke greifen ineinander, die Anschlüsse sind durchdacht und sauber gelöst. Damit dies gelingt brauchen Planerinnen und Planer einen iterativen und interdisziplinären Planungsprozess. Alle Beteiligten müssen frühzeitig an einen Tisch sitzen und integriert arbeiten, bei Bedarf unter Einbezug von Materiallieferantinnen und Handwerkern. Somit entstehen klare, einfache und logische Details, welche die Handwerker auf der Baustelle umsetzen können. Gut ausgeführte Gebäude verhindern auch mögliche künftige Bauschäden, welche oft in gezwungenermassen spontan auf der Baustelle entwickelten Lösungen ihren Ursprung haben.
Eine gute Planung verlangt genügend Zeit. Dabei ist der Auftraggeber besonders wichtig. Es lohnt sich für die Phase Null - also noch lange vor Baubeginn – in eine umfassende Denkarbeit zu investieren. Die dafür benötigte Zeit und die Kosten sollten grosszügig veranschlagt werden. Auch hier ist ein früher Einbezug aller Beteiligten wichtig. Mit dieser Interdisziplinarität und einem ganzheitlichen Ansatz entsteht Innovation und Resultate, die einen längeren Bestand haben. Und Innovationen brauchen wir, um anstehende Herausforderungen im Bauwesen zu meistern.
Eine integrierte Planung führt unbestritten zu einer höheren Baukultur und ist damit auch nachhaltiger. Was als funktional empfunden wird, weist einen längeren Gebrauchswert auf, hält mit den richtig eingesetzten Materialien länger und wird so länger bestehen. Es muss weniger umgebaut, weniger angepasst und weniger ersetzt werden; damit sind solche Gebäude über einen längeren Zeitraum betrachtet günstiger.
Nehmen wir beispielsweise den Wohnungsgrundriss. Bei der Wohnungssuche geht es kaum um eine bestimmte Grösse, sondern vielmehr um benötigte Funktionen: Man sucht zwei Schlafzimmer, eine Wohnküche, ein Wohnzimmer mit Arbeitsecke, usw. - kaum jemand sucht eine Anzahl Quadratmeter. Ein stimmiger Ort ist wichtiger als die effektive Fläche: Man sucht ein Zuhause, in dem man sich wohl fühlt.
Eine gute Planung ermöglicht effiziente Typologien, schlüssige, kompakte Grundrisse, die alle gewünschten Funktionen anbieten, logische Raumsequenzen ohne Platzverschwendung, vom Tageslicht angenehm ausgeleuchtete Räume und vieles mehr. So entsteht hohe Baukultur.
Für die Mieter bedeutet eine kompakte Wohnung zudem weniger zu reinigende Flächen und tiefere Heiz- und Mietkosten. Für die Bauherrinnen einen verantwortungsvollen Umgang mit den knappen Bodenressourcen, da auf der gleichen Grundstücksfläche mehr Wohneinheiten möglich werden. Auch der CO2-Ausstoss wird so reduziert. Eigentlich ein Gewinn für Alle.
Der Bauherr steht in der Verantwortung gute Planungsteams frühzeitig im Prozess einzubeziehen und eine klare Bestellung zu formulieren. Nur so entsteht in einem iterativen und interdisziplinären Planungsprozess Qualität und nachhaltiger Wohnraum, in dem sich Menschen wohl fühlen und lange bleiben.
Wer sich zu Beginn eines Bauvorhabens genug Zeit nimmt und mit den besten Fachkräften integriert zusammenarbeitet wird früher oder später sehen, dass eingesetzte Aufwand, Hirnschmalz und Mittel nachhaltig und gewinnbringend investiert wurden.