Kolumne von Michael Meuter: «Energie-Hebel im Bestand ansetzen»
In der Kolumne berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute beschäftigt sich Michael Meuter, Verantwortlicher Information + PR bei Lignum, Holzwirtschaft Schweiz, mit der Erneuerung des baulichen Bestandes.
Quelle: Lignum
Michael Meuter ist Verantwortlicher Information + PR bei Lignum, Holzwirtschaft Schweiz in Zürich, der Dachorganisation der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft.
Wir haben einen heissen Sommer hinter uns. Nicht nur der
schweisstreibenden Temperaturen wegen, sondern auch wegen des Powerplays um
russisches Gas und der befürchteten Winterstromlücke. Spärlich fliessender und
zugleich teurer Strom könnte der Schweiz noch mehr wehtun als die Ebbe in der
Pipeline.
Einige möchten nun angesichts der ungemütlichen Aussichten
für den Winter 2022 das Rad zurückdrehen und brandmarken den mit der
Energiestrategie 2050 eingeschlagenen Weg zu mehr Energieeffizienz und einem
entschiedenen Ausbau der Erneuerbaren anstelle der Kernenergie als Sackgasse.
Müssen wir wirklich das Kind mit dem Bad ausschütten, um wieder auf Kurs zu
kommen?
Vielleicht hilft es, einen kühlen Kopf zu bewahren und zum
Beispiel daran zu denken, dass die Energie, die gar nicht gebraucht wird, immer
die beste ist. 45 Prozent des Endenergiebedarfs gehen auf das Konto des
Gebäudeparks, und Gebäude tragen noch immer 24 Prozent zu den CO2-Emissionen
der Schweiz bei. Zugleich sind mehr als eine Million Häuser in der Schweiz
energetisch nicht auf der Höhe. Eine Mehrheit der Gebäude wird nach wie vor
fossil beheizt. Die letzten Mohikaner brauchen dafür sogar noch Strom. Und
jetzt, mit den Kassandrarufen aus allen Ecken, explodiert der Absatz von
Elektroöfen.
Man hat es schon oft gehört, aber es ist halt immer noch so:
In der Verbesserung des baulichen Bestands liegt ein grosser Hebel für Energie
und Klima. Und doch wird er noch immer nur zögerlich betätigt, trotz gesetzlicher
Verschärfungen und steigender Energiepreise. In die Erneuerung von
Bestandesbauten wird jedes Jahr nur halb so viel investiert wie in die
Errichtung von Neubauten. Die Sanierungsquote dümpelt bei einem Prozent. Wenn
überhaupt etwas gemacht wird, erfolgt oft keine energetische Verbesserung.
Wir sollten den Energie-Hebel im Bestand endlich beherzt
führen – aber richtig. Ein nachhaltiger Gebäudepark sollte vor allem möglichst
langlebig sein, um energiesparend und klimatauglich zu sein. Das spricht
grundsätzlich für Weiterbauen und Sanieren des Bestandes, wo immer möglich,
nicht für energieintensiv erstellte Ersatzneubauten. Clevere Umbaumassnahmen
wie Aufstockungen – für welche das leichte und klimaschonende Baumaterial Holz
prädestiniert ist – verdichten das Bauwerk Schweiz und schaffen neue Werte,
welche eine energetische Gesamtsanierung finanzieren helfen. Auch diese erfolgt
mit Vorteil mit Holz. Ein noch ungenügend gedämmter Massivbau kann zum Beispiel
mit einer Aussenhaut aus vorgefertigten Holzelementen mit integrierten Fenstern
ummantelt werden, oder eine ungenügend gedämmte vorgehängte Fassade lässt sich
damit ersetzen.
Alle hoffen, dass die Schweiz diesen Winter in Sachen Energie mit einem blauen Auge davonkommt. Aber mit dem anderen Auge, das nicht zugeschwollen ist, sollte Helvetia in die Zukunft blicken und ein paar Entscheidungen fällen. Zum Beispiel zur Erneuerung des baulichen Bestandes. Die Schweizer Holzbauer und Schreiner helfen dabei gern.