Kolumne von Franziska Bürki: «Aber bitte mit Sahne!»
In der Kolumne berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Franziska Bürki, Geschäftsführerin von Entwicklung Schweiz, mit der komplexen Zusammenarbeit der Beteiligten hinter einem Bauprojekt.
Quelle: zvg
Franziska Bürki ist Geschäftsführerin von Entwicklung Schweiz.
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einer Küche, die
mit Köchen überfüllt ist und Sie sollten alle zusammen in kurzer Zeit mit alten
Kellen das perfekte Mahl für anspruchsvolle Gäste in einem Kleinsttopf
zubereiten. Eine Aufgabe der schieren Unmöglichkeit.
Das Desaster beginnt bereits bei der Bestellung. Es muss
bitte schnell gehen, die verfügbare Zeit zum Essen ist kurz. Sie denken sich
«Dafür haben wir ja glücklicherweise Menüs auf der Karte – das ist alles
vorbereitet, das geht schnell…»
Es kommt aber ganz anders. Menü 1 bitte mit Suppe anstatt
Salat und bitte ohne Zwiebeln und nicht zu scharf. Als Beilage werden Pommes
anstatt Reis gewünscht, und der Rosenkohl muss bitte durch ein anderes Gemüse
ersetzt werden. Das Gemüse muss gut gekocht sein. Kein Dessert. Menü 2 ohne
Vorspeise. Bitte als kleine Portion zubereitet und als vegetarische Variante,
aber unbedingt ohne Peperoni wegen einer Allergie – und auf gar keinen Fall
darf da Knoblauch dran sein. Das Dessert aber bitte mit Sahne!
Zurück in der Küche werden die Spezialwünsche verkündet und
die Überforderung der Köche wird hörbar. «Ja, aber wir haben es doch immer so
gemacht, wie denn nun anders?» «Was denken die Gäste eigentlich, wer sie sind,
die sollen essen was auf den Tisch kommt!» «Welche Ignoranten, die verstehen
nicht was Tradition und Kultur ist!» «Diese Nichtswisser, die Gerichte sind
extra regional und saisonal zusammengestellt.» «Immer diese Extrawünsche, als
ob der Kunde König wäre!» «Endlich mal was anderes, Freude herrscht!» ruft endlich
einer, aber er wird schnell wieder übertönt…
Alle teilen mit, welche Kombinationen nicht möglich sind,
welche Zutaten schlecht ankommen könnten. Jemand hat eine Idee und bringt sich
kreativ ein. Sofort ertönt ein Ausruf, dass das doch nicht gehe, das habe man
ja schon in der Ausbildung gelernt. Dennoch wollen alle mithelfen, alle rühren
im Topf, die Zeit vergeht, die Speisen brennen an und alle werden nervös.
An den Tischen werden Stimmen laut, was denn da so übel
rieche und überhaupt sei der Lärm unerträglich. Sie wollen sich sofort
beschweren…
Schlussendlich werden die Speisen zum grossen Unmut der
Gäste zu spät und mehr schlecht als recht serviert. Auf die Bemerkung hin der
Gäste, dass es viel zu lange gedauert habe und überhaupt ihre Wünsche ja nur
zur Hälfte berücksichtigt wurden, erhalten sie die Antwort, dass nicht alles
machbar gewesen sei, Kompromisse gefunden werden müssten und die Köche
glücklich darüber seien, dass sie mit all diesen verschiedenen Wünschen
überhaupt etwas Akzeptables auftischen konnten.
Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?
In etwa so schlagen sich heute die an einem Bauprojekt
involvierten Immo-bilien- und Baufachleute herum, die bestrebt sind, an
zentralen Lagen auf kleinstem Raum allen unterschiedlichen Bedürfnissen, Interessen,
Ansprüchen und Anforderungen gerecht zu werden. Am Ende darf man dankbar sein,
wenn das Projekt überhaupt realisiert werden kann. Wenn auch mit grosser
Verzögerung aufgrund der vielen Einsprachen, mit viel höheren Kosten bedingt
durch vielseitige nachträgliche Anpassungen und oft mit weniger Ausnützung als
ursprünglich geplant.
Aber wer interessiert sich denn schon für mehr Wohnraum oder für einen effizienten und schonenden Umgang mit Ressourcen…? Bon appétit!