13:15 MEINUNG

Kolumne von Benjamin Schmid: «Made in Switzerland»

Geschrieben von: Benjamin Schmid
Teaserbild-Quelle: zvg

In der Kolumne berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Benjamin Schmid, Geschäftsführer Ziegelindustrie Schweiz, beschäftigt sich mit Traditionen und mit dem Potenzial, das Tonbaustoffe hinsichtlich der Dekarbonisierung der Schweizer Bauwirtschaft bieten. 


Benjamin Schmid Geschäftsführer Ziegelindustrie Schweiz

Quelle: zvg

Benjamin Schmid ist Geschäftsführer der Ziegelindustrie Schweiz.

Am vergangenen Wochenende fand in Zürich das Eidgenössische Trachtenfest statt. Die Besucherinnen und Besucher präsentierten sich im Gilet der Appenzeller Sennentracht, im Berner Mutz oder dem Burefeufi aus dem Knonaueramt, um nur einige der Bijous zu nennen.

Wenn ich das Stichwort «Tracht» höre, werde ich nachdenklich, ob und wie Tradition und Brauchtum zum «Mindset» unserer heutigen Zeit passen. Wurde die Tracht in jüngerer Vergangenheit bereits als spiessig abgeschrieben, liegt sie neuerdings wieder vermehrt im Trend. Man trägt sie nicht nur beim Ländler, sondern bekennt sich an immer mehr Orten zu traditionellen Werten. Für mich ist das eine positive Entwicklung: Bewährtes zu achten und zu bewahren, jedoch nicht rückwärtsgewandt, sondern vorwärtsschauend mit Blick in die Zukunft.

Genauso empfinde ich die Arbeit der Schweizer Ziegeleien: Tonbaustoffe «Made in Switzerland» haben eine lange Tradition. Der Backstein kam mit den Römern auf die Alpennordseite. Er schützte die Städte im Mittelalter vor verheerenden Brandkatastrophen und hat bis heute nichts an Attraktivität eingebüsst. Warum? Tonbaustoffe punkten mit bewährten Eigenschaften und werden mit Bedacht weiterentwickelt. Ein Beispiel: Unlängst besuchte ich in Liestal (BL) den Stabhof, ein Gewerbegebäude in der denkmalgeschützten Altstadt. Eine unserer Mitgliedsfirmen lieferte für die Dacheindeckung Tondachziegel, auf deren Oberseite ein kleines Photovoltaikmodul montiert ist. Die damit gefertigte Solaranlage genügt den hohen Anforderungen des Raumplanungsgesetzes und durfte in der Altstadt montiert werden. Ästhetik, Funktion und Denkmalschutz in perfekter Harmonie: ein Ergebnis von visionärem Erfindergeist auf – buchstäblich – bewährter Basis.

Bei Photovoltaik und erneuerbarer Energie fällt mir ein weiteres brisantes Thema ein, das zu den Herausforderungen unserer Zeit gehört. Gemeint ist Klimaschutz durch die Reduktion von CO2-Emissionen, wie sie bis dato auch während dem Brennen von Tonbaustoffen entstehen. Die Schweizer Ziegeleien haben die Emissionen seit 1990 bereits um rund 30 % reduziert und arbeiten engagiert daran, sie weiter zu senken. Bis Sommer 2025 werden Dekarbonisierungsfahrpläne nach den Massstäben des neuen Klimaschutzgesetzes erstellt, bis 2050 soll das Netto-Null-Ziel erreicht werden. Ansätze sind unter anderem eine verbesserte Rohstoffverwendung, fossilfreie Logistik und der Bau von Photovoltaikanlagen zur Eigenstromproduktion.

Ziegelindustrie Schweiz arbeitet zudem mit der ETH Zürich, der Hochschule Luzern und anderen Forschungsinstitutionen zusammen, um baustoffliches Fachwissen systematisch weiterzuentwickeln. Dort, wo Schweizer Unternehmer- und Forschungsgeist zusammentreffen, werden etablierte Prozesse und Produkte fit gemacht für die Zukunft.

Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass unsere Mitgliederfirmen mehrheitlich Familienunternehmen sind, die seit Generationen Tonprodukte herstellen. Sie bilden Fachkräfte aus, schaffen Arbeitsplätze in ländlichen Gegenden und tragen zur regionalen Wertschöpfung bei. Nachhaltiges Handeln, das Vergangenheit und Zukunft verbindet, ist ein integraler Bestandteil ihrer DNA. Sie haben bei ihren Entscheiden nicht den kurzfristigen Profit vor Augen, sondern stets Töchter, Söhne, Enkelinnen und – manchmal – bereits Urenkel.

Mein Résumé: Vor dem Hintergrund der zunehmenden Dekarbonisierung der Schweizer Bauwirtschaft und des Schweizer Gebäudeparks sowie der steigenden Bedeutung der Nachhaltigkeit von Baustoffen, bietet Ton als heimischer, natürlicher und bewährter Baustoff ein enormes Potenzial. Es gilt, dieses Potenzial für die kommenden Generationen zu bewahren und weiter zu erschliessen. In diesem Sinne: einen schönen Sommer «Made in Switzerland» für Sie!

Geschrieben von

Geschäftsführer der Ziegelindustrie Schweiz.

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