Kolumne von Benjamin Schmid: «Made in Switzerland»
In der Kolumne berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Benjamin Schmid, Geschäftsführer Ziegelindustrie Schweiz, beschäftigt sich mit Traditionen und mit dem Potenzial, das Tonbaustoffe hinsichtlich der Dekarbonisierung der Schweizer Bauwirtschaft bieten.
Quelle: zvg
Benjamin Schmid ist Geschäftsführer der Ziegelindustrie Schweiz.
Am
vergangenen Wochenende fand in Zürich das Eidgenössische Trachtenfest statt.
Die Besucherinnen und Besucher präsentierten sich im Gilet der Appenzeller
Sennentracht, im Berner Mutz oder dem Burefeufi aus dem Knonaueramt, um nur
einige der Bijous zu nennen.
Wenn
ich das Stichwort «Tracht» höre, werde ich nachdenklich, ob und wie Tradition
und Brauchtum zum «Mindset» unserer heutigen Zeit passen. Wurde die Tracht in
jüngerer Vergangenheit bereits als spiessig abgeschrieben, liegt sie neuerdings
wieder vermehrt im Trend. Man trägt sie nicht nur beim Ländler, sondern bekennt
sich an immer mehr Orten zu traditionellen Werten. Für mich ist das eine
positive Entwicklung: Bewährtes zu achten und zu bewahren, jedoch nicht
rückwärtsgewandt, sondern vorwärtsschauend mit Blick in die Zukunft.
Genauso
empfinde ich die Arbeit der Schweizer Ziegeleien: Tonbaustoffe «Made in
Switzerland» haben eine lange Tradition. Der Backstein kam mit den Römern auf
die Alpennordseite. Er schützte die Städte im Mittelalter vor verheerenden
Brandkatastrophen und hat bis heute nichts an Attraktivität eingebüsst. Warum?
Tonbaustoffe punkten mit bewährten Eigenschaften und werden mit Bedacht
weiterentwickelt. Ein Beispiel: Unlängst besuchte ich in Liestal (BL) den
Stabhof, ein Gewerbegebäude in der denkmalgeschützten Altstadt. Eine unserer
Mitgliedsfirmen lieferte für die Dacheindeckung Tondachziegel, auf deren
Oberseite ein kleines Photovoltaikmodul montiert ist. Die damit gefertigte
Solaranlage genügt den hohen Anforderungen des Raumplanungsgesetzes und durfte
in der Altstadt montiert werden. Ästhetik, Funktion und Denkmalschutz in
perfekter Harmonie: ein Ergebnis von visionärem Erfindergeist auf –
buchstäblich – bewährter Basis.
Bei
Photovoltaik und erneuerbarer Energie fällt mir ein weiteres brisantes Thema
ein, das zu den Herausforderungen unserer Zeit gehört. Gemeint ist Klimaschutz
durch die Reduktion von CO2-Emissionen, wie sie bis dato auch während dem
Brennen von Tonbaustoffen entstehen. Die Schweizer Ziegeleien haben die
Emissionen seit 1990 bereits um rund 30 % reduziert und arbeiten engagiert
daran, sie weiter zu senken. Bis Sommer 2025 werden Dekarbonisierungsfahrpläne
nach den Massstäben des neuen Klimaschutzgesetzes erstellt, bis 2050 soll das
Netto-Null-Ziel erreicht werden. Ansätze sind unter anderem eine verbesserte
Rohstoffverwendung, fossilfreie Logistik und der Bau von Photovoltaikanlagen
zur Eigenstromproduktion.
Ziegelindustrie
Schweiz arbeitet zudem mit der ETH Zürich, der Hochschule Luzern und anderen
Forschungsinstitutionen zusammen, um baustoffliches Fachwissen systematisch
weiterzuentwickeln. Dort, wo Schweizer Unternehmer- und Forschungsgeist
zusammentreffen, werden etablierte Prozesse und Produkte fit gemacht für die
Zukunft.
Wichtig
erscheint in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass unsere
Mitgliederfirmen mehrheitlich Familienunternehmen sind, die seit Generationen
Tonprodukte herstellen. Sie bilden Fachkräfte aus, schaffen Arbeitsplätze in
ländlichen Gegenden und tragen zur regionalen Wertschöpfung bei. Nachhaltiges
Handeln, das Vergangenheit und Zukunft verbindet, ist ein integraler
Bestandteil ihrer DNA. Sie haben bei ihren Entscheiden nicht den kurzfristigen
Profit vor Augen, sondern stets Töchter, Söhne, Enkelinnen und – manchmal –
bereits Urenkel.
Mein Résumé: Vor dem Hintergrund der zunehmenden Dekarbonisierung der Schweizer Bauwirtschaft und des Schweizer Gebäudeparks sowie der steigenden Bedeutung der Nachhaltigkeit von Baustoffen, bietet Ton als heimischer, natürlicher und bewährter Baustoff ein enormes Potenzial. Es gilt, dieses Potenzial für die kommenden Generationen zu bewahren und weiter zu erschliessen. In diesem Sinne: einen schönen Sommer «Made in Switzerland» für Sie!