Birgitta Schock: «Integrierte Projektabwicklung, das neue Trendthema»
In der Kolumne berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Birgitta Schock, Vorstandsausschuss von Bauen digital Schweiz. Sie macht sich Gedanken um integrierte Projektabwicklung oder vielmehr um «Integrated Project Delivery» (IPD), das ihrer Ansicht nach Themen wie BIM in den Hintergrund drängt.
Quelle: Bauen digital Schweiz
Birgitta Schock ist Vorstandsausschuss von Bauen digital Schweiz.
Ende August hatte ich das Privileg, mit einigen Kolleginnen ins Silicon Valley zu reisen, um uns intensiv mit der integrierten Projektabwicklung, dem «Integrated Project Delivery» (IPD) auseinanderzusetzen. Es scheint, als ob IPD das aktuelle Buzzword der Branche ist und Themen wie BIM in den Hintergrund drängt. Überall werden Diskussionen geführt, Seminare angeboten und plötzlich scheinen alle Expertinnen und Experten auf diesem Gebiet zu sein. Als Mitverfasserin des Buchs «Integrated Project Delivery – der Weg zur High-Performance» stelle ich fest, dass IPD mehr ist als ein Trend. Mich interessiert vor allem: Wo liegen die Unterschiede zu anderen Ansätzen und was haben sie gemeinsam? Welche Methode ist für wen am besten geeignet?
Dass wir innovative Kooperationsmodelle brauchen, steht ausser Frage. Diese sind nicht als Ersatz gedacht, sondern als sinnvolle Erweiterung. Der Grund liegt nicht im Zwang zu einer Veränderung, sondern vielmehr im Bedürfnis, das Arbeiten mit digitalen Methoden zu verbessern. 2006 wurde ich im Silicon Valley erstmals auf IPD aufmerksam. Damals plante Sutter Medical den Bau eines Gesundheitszentrums in Castro Valley. Inspiriert von verschiedenen alternativen Liefermodellen stand insbesondere die in Australien praktizierte «Project Alliance»-Methode im Fokus. Auf der Konferenz des «American Institute of Architects» (AIA) 2006 wurde dieser Ansatz vorgestellt, wobei zu dieser Zeit noch keine klare Definition vorlag. Ein Jahr später jedoch wagte die AIA die Definition: «Die Integrierte Projektabwicklung (IPD) ist ein Ansatz, bei dem Menschen, Systeme und Geschäftspraktiken in einem Prozess zusammengebracht werden, um das kollektive Know-how aller Beteiligten zu nutzen und so Ressourcenverschwendung zu minimieren und die Effizienz in allen Bauphasen zu steigern.»
Auch nach fast zwei Jahrzehnten bleibt diese Definition treffend, da sie sowohl die Komplexität als auch die Herausforderungen des Ansatzes aufzeigt. Die grösste Herausforderung: gemeinsam Projektziele zu definieren, darauf hinzuarbeiten und individuelle Interessen zurückzustellen. IPD bezieht, anders als das Design-Build-Modell, alle relevanten Stakeholder in den Prozess mit ein. Zur Veranschaulichung: Selbst innerhalb bestimmter Gebäudekategorien wie Krankenhäuser existieren enorme Unterschiede in den Anforderungen. Ein Krankenhaus könnte in mancher Hinsicht einem Hotel ähneln, jedoch hat eine Intensivstation spezielle Anforderungen, die wiederum Parallelen zu chemischen Laboren aufweisen. In meinen Anfangszeiten mit IPD, als ich die ersten Projekte in der Bay Area mitverfolgte, war genau diese differenzierte Herangehensweise zentral. Wenn ein Projekt hingegen minimale Schnittstellen zu Beteiligten ausserhalb der Planungs- und Bauphase benötigt und gleichzeitig Budget und Zeitplan im Blick behalten will, ist Design Build ein valider Ansatz.
Was hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten verändert? Ich stelle einen verstärkten Fokus auf die vertraglichen Aspekte fest, insbesondere im nationalen Umfeld. Richtig und wichtig? Ich sehe wenige Ansätze zum produktionsbasierten Arbeiten, bei dem digitale Methoden die Teams unterstützen und Sicherheit bieten. Wichtig und notwendig? Die grösste Herausforderung: Ein erfolgreiches Team muss belohnt, nicht bestraft werden. Ein «Neudenken», nicht nur ein «Umdenken» ist also dringend notwendig, sollen neue Kooperationsmodelle wirklich in der Branche Einzug halten.
Was hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten verändert? Ich
stelle einen verstärkten Fokus auf die vertraglichen Aspekte fest, insbesondere
im nationalen Umfeld. Richtig und wichtig? Ich sehe wenige Ansätze zum
produktionsbasierten Arbeiten, bei dem digitale Methoden die Teams unterstützen
und Sicherheit bieten. Wichtig und notwendig? Die grösste Herausforderung: Ein
erfolgreiches Team muss belohnt, nicht bestraft werden. Ein «Neudenken», nicht
nur ein «Umdenken» ist also dringend notwendig, sollen neue Kooperationsmodelle
wirklich in der Branche Einzug halten.
Mehr über IPD
Für tiefere Einblicke in die Unterschiede und
Gemeinsamkeiten verweise ich auf das Buch «Integrated Project Delivery – der Weg zur HighPerformance» und das Positionspapier «IntegrierteAbwicklungsmodelle» von «Bauen digital | buildingSMART Switzerland».
Erste Pilotprojekte sind aktuell in der Schweiz angelaufen. Das
IPD-LAB
fördert das Thema mit Veranstaltungen, und der SIA hat mit dem Merkblatt 2065
ein erstes Vertragsdokument vorgelegt.
Integrierte Projektabwicklung (IPD)
Die integrierte Projektabwicklung ist eine Methode zur Durchführung von Bauprojekten, die die Effizienz und Einbeziehung aller Beteiligten in allen Phasen des Entwurfs, der Fertigung und des Baus anstrebt. IPD verbindet Ideen aus integrierter Praxis und Lean Construction.