Adrian Dinkelmann: «Es gibt viele Wege zum Glück …»
Adrian Dinkelmann, Geschäftsführer von Infra Suisse, redet in seiner Kolumne nichts schön. Im Untertagebau sei man auf zusätzliche Fachkräfte angewiesen. Dinkelmann erkennt aber auch die positive ökologische Entwicklung an. Doch im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereich gebe es noch Potenzial.
Quelle: zvg
Adrian Dinkelmann ist Geschäftsführer von Infra Suisse.
«Es gibt viele Wege zum Glück...
…
einer davon ist aufhören zu jammern», wird Albert Einstein zitiert. Es gibt
Formeln Einsteins, die genialer, in ihrer Nachvollziehbarkeit aber viel
schwieriger sind. Das erwähnte Zitat ging mir anlässlich der Infra-Tagung durch
den Kopf. «Sind wir überfordert?», fragten wir uns an der grössten
Branchenveranstaltung des Schweizer Infrastrukturbaus im Januar 2024.
Wir
hörten Mike Kurt zu. Er gehörte während fast zwei Jahrzehnten der
Kanuweltspitze an und gewann bedeutende internationale Titel. Eine olympische
Medaille fehlt jedoch in seinem Palmarès. Ein Paddelbruch verhinderte die
Erfüllung seines sehnlichsten Wunsches. Er könnte nun also deprimiert den
Hersteller beschuldigen – oder nach vorne schauen und mit seiner Energie
Projekte lancieren und Unternehmen gründen.
Wir
begrüssten Ernst Kohler, den CEO der Rega. Er erzählte uns vom herausfordernden
Infrastrukturbau für die Rettungsfliegerei. Er könnte über die Behörden
herziehen, die langfädigen Prozesse verfluchen und seine Machtspielchen
treiben. Er entschied sich aber für den Blick in die Zukunft und die fruchtbare
Kooperation mit den Anspruchsgruppen.
Erkennen Sie Parallelen? Ich auch.
Schliesslich freuten wir uns über die pointierten Aussagen des Bundesverwaltungsrichters Marc Steiner, der die Branche ermutigte, das Beschaffungsrecht als Chance für mehr Qualität, Innovation und Kooperation zu nutzen.
Während viele Branchen über den Fachkräftemangel jammern, geniesst der Infrastrukturbau eine hohe Branchentreue. Wir können es zwar nicht schönreden: Auch wir brauchen gut qualifiziertes und engagiertes Personal – auf allen Ebenen. Die Herausforderungen, die beispielsweise im Untertagebau auf uns zukommen, können wir ohne neue Kräfte nicht stemmen. Wir prüfen deshalb, ob es neue Ausbildungsangebote braucht.
Politik und Gesellschaft fordern mehr Nachhaltigkeit. Die Baubranche steht mit ihrem Ruf schlechter da, als sie tatsächlich ist. Selbstmitleid hilft jedoch nicht. Deshalb haben wir einen Ökobilanzrechner für Bauprojekte entwickelt und erarbeiten zusammen mit den Bauherren Zuschlagskriterien und zeigen mit einem Leitfaden auf, wie Unternehmen bezüglich Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben attraktiver werden. Davon erhoffen wir uns einen sachlichen Dialog mit Bauherren und Sozialpartnern. Zugleich ist es ein Signal, dass die Branche als attraktiver Arbeitgeber nicht stehen bleibt.
Oft geht vergessen, dass die Nachhaltigkeit auch eine wirtschaftliche und eine gesellschaftliche Komponente hat. Im ökologischen Bereich ist in der letzten Zeit viel geschehen: Materialkreisläufe werden geschlossen, Emissionen so gering wie möglich gehalten. Produzenten und ausführende Unternehmen sind sensibilisiert, sofern dies von den Bauherren auch berücksichtigt und honoriert wird. Im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereich sehen wir aber noch Potenzial nach oben.
Also schöpfen wir doch dieses aus, statt verpassten Chancen nachzutrauern. Treten wir selbstbewusst auf! Lasst uns unsere Werte mit Stolz nach aussen tragen! Wir sind es, die die moderne Infrastruktur der Schweiz erhalten und ausbauen. Wir sind es, die mit grossem Engagement und hohen Sicherheitsvorkehrungen unter Betrieb die Verkehrswege aufrechterhalten. Und wir sind es, die die hohen Anforderungen der Wirtschaft und Gesellschaft an die Mobilität erfüllen können. Einfach wird es nicht. Mit einem konstruktiven Dialog zwischen Beschaffungsstellen, Planern und ausführenden Unternehmen sorgen wir aber dafür, dass wir nicht überfordert sind.