Adrian Dinkelmann: «Beim Fischen das Netz nicht vergessen!»
In der Kolumne berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Adrian Dinkelmann, Geschäftsführer von Infra Suisse, beschäftigt sich dem Fachkräftemangel und dem «Fischen» nach Nachwuchskräften im Infrastrukturbau.
Quelle: zvg
Adrian Dinkelmann ist Geschäftsführer von Infra Suisse.
Der Herbst ist bei den sogenannten «OdA’s», den Organisationen der Arbeitswelt, die Zeit der Abrechnung: Berufsverbände und Leistungsträger der Bildung schauen dann auf die Entwicklungen des Nachwuchses zurück. Auch im Verkehrswegbau: Die Sektionen und die Berufsfachschule in Sursee, wo die Verkehrswegbauer der Deutschschweiz zentral ausgebildet werden, ehrten die Berufsleute kürzlich an einer würdigen Feier. Im September und Oktober führten wir die eidgenössischen Berufsprüfungen der Strassen- und Gleisbaupoliere durch. Kurz darauf werden die Baumeisterinnen und Baumeister ihre Diplome entgegennehmen Die Diplomierten, ihre Arbeitgeber, die Angehörigen und eben auch die «OdA’s» sind dann jeweils stolz auf die guten Abschlüsse und hoffen, diese Kompetenzen auch in Zukunft für moderne und qualitativ hochstehende Infrastrukturen einzusetzen.
Trotz des Feierns kommt man um einen Begriff nicht herum: den Fachkräftemangel. Kaum eine Branche, kaum eine Veranstaltung ohne Debatte über den Bedarf an Fachkräften. An und für sich ist das nichts Neues – aber trotzdem weiterhin allgegenwärtig. Über die Herausforderungen ist man sich einig. Mindestens genauso alt ist aber die Diskussion, wer in der Verantwortung ist, die attraktiven Berufsbilder und Perspektiven zu bewerben: Fachverbände, Bildungsinstitute, Unternehmen, … sie alle werden in die Pflicht genommen, dem Mangel entgegenzuwirken, damit der Bedarf gedeckt werden kann.
Wir sind alle gefordert, unsere Rollen wahrzunehmen. Wir von Infra Suisse beispielsweise fragen uns, welche zusätzlichen Teiche wir zum Fischen in Betracht ziehen könnten. In Kooperation mit dem Campus Sursee gehen wir auf die Suche nach Lösungsansätzen, wie Frauen in den Bauberufen gefördert werden können. In einem Projekt mit Unternehmen und Partnerorganisationen wollen wir das Potenzial ausschöpfen, welches bei Nachwuchskräften, die eine Matur absolviert haben, schlummert. Und mit den Kolleginnen und Kollegen des Schweizerischen Baumeisterverbands machen wir uns Gedanken über einen neuen Berufsabschluss im Spannungsfeld zwischen Digitalisierung und Bauführung. Die Idee dahinter: Ambitionierte Nachwuchskräfte fürs Bauhauptgewerbe gewinnen, die bisher einen Bauberuf noch nicht in Betracht gezogen haben.
Die Suche nach neuen Teichen, in denen wir nach Fachkräften fischen, erinnert mich an eine fernöstliche Weisheit: «Es genügt nicht, zum Fluss zu kommen mit dem Wunsch, Fische zu fangen. Man muss auch das Netz mitbringen». Was hat dies mit den Fachkräften im Infrastrukturbau zu tun? Es reicht nicht, nur neue Nachwuchskräfte zu suchen. Wir müssen auch überzeugende Argumente entwickeln, wie wir sie für uns gewinnen und behalten können. Hierzu müssen wir unsere Attraktivität steigern: beispielsweise mit flexibleren Arbeitsmodellen. Mit einer Zusammenarbeitskultur, die von Vertrauen geprägt ist.
Und mit einer positiven Haltung, dass unsere Aus- und Weiterbildungsmodelle für die ambitionierte junge Generation genau das bietet, was sie sucht: eine sinnstiftende, perspektivenreiche, nachhaltige und digital ausgerichtete Tätigkeit. Während andere Branchen, in denen die Schweiz auch mal
weltmeisterlich war, ihren Ruf verspielen, hat der Infrastrukturbau weiterhin sehr
viel zu bieten. Dazu braucht es aber alle: Unternehmen, Verbände, Sozialpartner
und Bauherren. Denn letztlich fischen wir nicht nur im selben Teich, sondern
sitzen auch im gleichen Boot.