Verlassen Männer Berufe mit wachsendem Frauenanteil?
Dass Frauen und Männer oft in geschlechtstypischen Berufen arbeiten und dort entsprechend die Mehrheit stellen, dürfte daran liegen, dass Männer Berufe verlassen, die vermehrt von Frauen ergriffen werden. Dies wiederum könnte der Auslöser dafür sein, dass bei manchen Berufen die Geschlechterzusammensetzung ändert. Dies zeigt eine Studie der Universität Zürich.
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Eine Studie der Universität Zürich geht der Theorie auf den Grund, dass sich etwa Männer aus klassischen Männerberufen zurückziehen, wenn dort der Frauenanteil steigt. Könnte damit der Traumberuf für diesen Jungen irgendwann ein Auslaufmodell sein?
Obwohl sich die berufliche Stellung der Geschlechter in den letzten 50 Jahren angeglichen hat, werden viele Berufe je nachdem noch immer von Männern oder Frauen dominiert: Während in zahlreichen Handwerksberufen vor allem Männer arbeiten, liegen viele Pflegeberufe grösstenteils in Frauenhand. Solches wurde bislang damit erklärt, dass Männer Vorteile haben, in besser bezahlten Berufen tätig zu sein, und dass die Berufswahl stereotypisch männlichen- respektive weiblichen Fähigkeiten folgt. Eine weitere Erklärung: Die Arbeitsteilung bei heterosexuellen Paaren führt oft dazu, dass Frauen eher Berufe wählen, in denen flexible oder reduzierte Arbeitszeiten möglich sind.
Wenn Lehrer zu Lehrerinnen werden
Allerdings gibt es viele Beispiele für frauen- respektive männerdominierte Berufe, die sich nicht mit den erwähnten Faktoren erklären lassen. Zudem hat sich das Geschlechterverhältnis zum Beispiel im Beruf des Lehrers oder Apothekers mit der Zeit zu Gunsten der Frauen verändert - obwohl der Beruf an sich derselbe geblieben ist. Auch gibt es innerhalb von Berufen geschlechtsspezifische Spezialisierungen, die nicht einfach erklärt werden können: Während in der Radiologie eher Männer tätig sind, sind Frauen eher in der Dermatologie unterwegs.
Daher gibt es in der Genderforschung die Theorie, dass Männer selektiv Berufe und Spezialisierungen verlassen, die von mehr Frauen neu aufgenommen werden. Per Block, Professor für Soziologie an der Universität Zürich, hat sie in einer Studie mittels neuer Methoden aus der Netzwerkforschung empirisch unter die Lupe genommen. Dabei wird Arbeitsmarkt als ein Netzwerk betrachtet, in dem Berufswechsel verschiedene Berufe verbinden. Diese Sichtweise ermöglicht es, zu analysieren, ob Männer je nachdem Berufe, die sich feminisieren, verlassen. – Die Untersuchung von Block gründet auf empirischen Daten aus Grossbritannien; der dortige Arbeitsmarkt hat sowohl mit vielen europäischen, aber auch mit nordamerikanischen Staaten Gemeinsamkeiten.
Wollen manche Frauen und Männer bei der Arbeit unter sich bleiben?
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Männer mit geringerer Wahrscheinlichkeit in Berufen bleiben, in die immer mehr Frauen wechseln. Die Studie vergleicht zum Beispiel zwei hypothetische Berufe, die in allen Berufsmerkmalen identisch sind und sich nur darin unterscheiden, dass in einem 25 Prozent und im anderen 75 Prozent Frauen arbeiten. «Die Analyse zeigt, dass Männer mit doppelter Wahrscheinlichkeit den sich feminisierenden Beruf verlassen», sagt Block. Die Auswirkung dieses Verhalten wird in einer Simulationsstudie erforscht, in der Frauen und Männer sich nicht vom Geschlecht der anderen Arbeitnehmer in Berufen beeinflussen lassen. Das heisst, beeinflussten tatsächlich nur berufsspezifische Attribute – also etwa Lohn, Flexibilität, oder Charakteristiken der Tätigkeit – einen Berufswechsel, sagt die Simulationsstudie eine Abnahme der Geschlechtertrennung in Berufen um 19 bis 28 Prozent voraus.
Somit folgert die Forschungsarbeit folgert, dass
Geschlechtertrennung nicht nur von geschlechtstypischen Berufsattributen
verursacht wird, sondern auch von Männern und Frauen, die sich bewusst oder
unbewusst gegen eine Durchmischung wehren. Damit ist die Wahrnehmung von Berufen ist
möglicherweise also auch eine Folge der Geschlechterzusammensetzung.
Block
gibt ein Beispiel: «Der Pflegeberuf wird eher mit stereotyp weiblichen
Attributen beschrieben: sozial, empathisch, kümmernd. Wären die meisten
Pflegepersonen Männer, würden wir den Beruf vielleicht ganz anders wahrnehmen,
zum Beispiel als verantwortungsbewusst, durchsetzungsstark oder körperlich
anstrengend.» (mai/mgt)