Michael Meuter: «Städte aufstocken statt Wohnungsmangel beklagen»
Die Wohnungsleerstandziffer ist nicht nur schweizweit, sondern gerade auch in Zürich erschreckend. Michael Meuter, Informationsverantwortlicher der Holzwirtschaft Schweiz, Zürich (Lignum) plädiert in seiner Kolumne für die konsequente Aufstockung des Bestandes und erklärt, warum der Holzbau dafür optimal geeignet ist.
Quelle: Lignum
Michael Meuter ist Informationsverantwortlicher der Holzwirtschaft Schweiz, Zürich (Lignum).
Alle sind sich einig: In der Schweiz werden zu wenig neue Wohnungen gebaut. Gerade im städtischen Raum wird der Druck immer grösser. Was sollen wir tun? Die konsequente Aufstockung des Bestandes ist ein nach wie vor kaum genutztes Potenzial. Der Holzbau bietet sich bestens dafür an.
Die Zahlen sind erschreckend: Schweizweit zählte man am 1. Juni 2023 1,15 Prozent Leerwohnungen – was bereits zu wenig für eine ausgeglichene Balance zwischen Angebot und Nachfrage. Wenn eine Stadt in der Deutschschweiz weiss, was eine tiefe Wohnungsleerstandziffer ist, dann ist es die Limmatmetropole. In Zürich gab es zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 0,06 Prozent freie Wohnungen. Deshalb steht die Forderung nach neuem Wohnraum in dieser Stadt nicht von ungefähr laufend auf der politischen Agenda.
Nun will eine Initiative angesichts des notorischen Flaschenhalses Wirkung in der Breite erzielen: Die Stadt soll die Bauvorschriften so anpassen, dass bestehende Liegenschaften flächendeckend um ein zusätzliches Stockwerk erhöht werden dürfen. Hinter der Volksinitiative «Mehr Wohnraum durch Aufstockung» steht – Überraschung – ein überparteiliches bürgerliches Komitee. Das Gremium rief im Januar 2024 zur Unterschriftensammlung auf, nachdem dessen Postulat im Zürcher Gemeinderat im letzten Sommer knapp gescheitert war.
Die Sammelfrist für die benötigten 3000 Stimmen lief am 10. Juli ab. Doch die Initianten hatten bereits am 3. Juli 4000 Unterschriften beisammen. Den Zürcherinnen und Zürchern musste man offenbar nicht lange erklären, worum es geht. Die Unterschriftenlisten wurden inzwischen der Stadtkanzlei übergeben.
Die Stadtzürcher Initiative ist nachahmenswert. «Just do it», lautet ihre Botschaft – es gibt immer einen Weg, um ein Problem zu lösen, man muss es nur anpacken. Dabei hilft der Holzbau. Für Aufstockungen ist er geradezu prädestiniert. Aufbauten müssen vom darunterliegenden Bestand statisch verkraftet werden. Das Eigengewicht von Holz ist ein Bruchteil der Last von massiven Materialien. So können je nachdem auch Aufstockungen über mehrere Geschosse erfolgen, ohne die alte Bausubstanz zu verstärken.
Mit Holz lässt sich man zudem besonders energieeffizient bauen. Dank seiner geringen Wärmeleitfähigkeit spart das Material täglich wertvolle Heizenergie. Wandkonstruktionen in Rahmenbauweise können in ihrem Innern eine Wärmedämmung aufnehmen, die bei einer massiven Bauweise zusätzlich aussen angebracht werden müsste. So reichen bereits erstaunlich schlanke Holzbauteile aus, um sehr gute Wärmedämmwerte zu erreichen. Das ermöglicht ansehnliche Flächengewinne im Innern.
Der Raumgewinn und die Energieeffizienz lassen sich bei Aufstockungen weiter über die neu erstellten Geschosse hinaus durch eine Erneuerung der ganzen Gebäudehülle schlagend kombinieren. Dadurch lässt sich ein Bau insgesamt energetisch verbessern. Der mit der Aufstockung gewonnene, in der Regel hochwertige und entsprechend gut zu vermietbare Raum trägt dazu bei, die Investition in die Gesamtqualität zu amortisieren. Eben: «Just do it.»