Chefsache mit Maria Lezzi: «Probieren wir es gemeinsam aus»
Die Digitalisierung sei eindeutig eine Chance, doch sie könne physische Kontakte oder Begegnungen nie ersetzen, sagt Maria Lezzi, Direktorin des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE). In der Interview-Serie «Chefsache» nimmt sie Stellung zu Fragen rund um das Thema Führung.
Quelle: Bundesamt für Raumentwicklung
Maria Lezzi ist Direktorin des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE).
Wie lautet Ihr allerwichtigster Führungsgrundsatz?
Maria Lezzi: Probieren wir es gemeinsam aus, sonst
werden wir es nie wissen.
Was glauben Sie, was sagen Ihre Mitarbeiter über Sie?
Sie kann gut zuhören, ist offen für Neues. Manchmal ist sie
etwas ungeduldig und möchte schon weiter vorangekommen sein.
Wie gehen Sie mit Kritik um?
Ich versuche herauszufinden, was die Kritik über mich, mein
Tun oder das Amt besagt und was über die Kritikerin resp. den Kritiker. Dies
sind wertvolle Hinweise für die Zukunftsgestaltung.
Darf ein Chef oder eine Chefin auch Schwächen zeigen? Warum?
Ja, sicher, denn sonst würde er oder sie sich verhalten wie
ein makelloser Übermensch und das wäre ja fast schon gefährlich.
Sehen Sie in der Digitalisierung eine Chance oder eine Gefahr?
Eindeutig eine Chance. Auch schon vor der Corona-Pandemie
habe ich diese Frage so beantwortet. In den letzten Wochen haben wir alle
hautnah erlebt, wie die digitalen Möglichkeiten uns erlauben, unsere Liebsten
trotz Abstandsvorschriften und physischer Ferne nahe zu sein, mit den
Mitarbeitenden und den Geschäftspartnern in Kontakt zu bleiben. Wir konnten
beinahe zu 100 Prozent von zu Hause aus arbeiten, hoch effizient und fast ohne
die Notwendigkeit physischer Unterschriften, und wir konnten alles Erdenkliche
online einkaufen. Die Potenziale sind noch längst nicht ausgeschöpft. Neben BIM
sollten wir vor allem auch die Planungs-, Mitwirkungs- und
Mitgestaltungsprozesse vor dem Bauen vermehrt digital anpacken. Die
Digitalisierung ist für mich allerdings kein Allheilmittel. Sie kann Analoges
ergänzen, den Wert physischer Kontakte oder Begegnungen ersetzt sie aber nie.
Was schätzen Sie an der Baubranche und was nicht?
Baukräne sind für mich seit jeher Zeichen für Entwicklung.
Ich mag gerne den Duft nach frischem Beton oder frisch gesägtem Arvenholz. Aber
das heisst nicht zwingend, dass dafür grüne Wiesen eingezont oder überbaut
werden müssen. Im Gegenteil. Die Arbeit der Baubranche hat sich stark
verändert, und sie wird umso anspruchsvoller, je ressourceneffizienter sie
erfolgt. Die Baubranche sollte meines Erachtens so geformt sein, dass sie viel
stärker als bisher junge Mädchen und Frauen anspricht.
Was wünschen Sie der Schweiz?
Veränderungsbereitschaft und Durchhaltewille. Ich wünsche
mir, dass wir, unsere Kinder und Kindeskinder in 30 Jahren in einem attraktiven
Wirtschafts-, Natur- und Kulturraum Schweiz klimaneutral leben können. Ich
wünsche mir, dass wir uns in unserem Land zu Hause fühlen und uns weiterhin für
eine offene Welt engagieren.
Wer war der Held oder die Heldin Ihrer Kindheit?
Federica de Cesco. Sie schrieb wunderschöne Kinder- und
Jugendbücher wie «Der rote Seidenschal».
Welche Fähigkeiten möchten Sie besitzen?
Menschen besser zu verstehen, auch dann, wenn sie schweigen.
Ich möchte verstehen, warum sie schweigen und was sie damit sagen wollen.
Als welches Tier würden Sie gerne ein zweites Mal leben?
Als Wanderfalke, ein Kosmopolit, der an Steilküsten lebt und
inzwischen auch bei uns in den Städten heimisch geworden ist.
Wie bringen Sie Beruf und Privatleben unter einen Hut?
Indem ich früh aufstehe, und die Zugfahrten von Basel nach
Bern für mich selber nutze. Mit den Home-Office-Erfahrungen aus den letzten
Wochen habe ich echte Alternativen (wieder)entdeckt.
Wo können Sie wirklich abschalten?
Im eigenen Garten, beim Spazieren und Wandern. In knapp fünf Minuten Gehdistanz sind wir im Wald. Dort beginnt der Jura und erstreckt sich in einem weiten Bogen bis nach Genf… (stg)
Chefsache
In der Interview-Serie «Chefsache» nehmen bekannte Exponenten der Bauwirtschaft in loser Folge Stellung zu Fragen rund um das Thema Führung. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten die gleichen 20 Fragen, von denen sie zwölf auswählen und schriftlich beantworten können.