Zürich: Die Hausnamen „Zum Mohrenkopf“ und „Zum Mohrentanz“ bleiben
Die Häuser „Zum Mohrenkopf“ und „Zum Mohrentanz“ in Zürichs Altstadt hatten wegen ihrer Namen für Diskussionen gesorgt: Der Stadtrat wollte sie abdecken, weil sie rassistisch sind. In der Folge rekurrierte der Zürcher Heimatschutz dagegen – und hat nun vom Baurekursgericht Recht erhalten.
Quelle: Archäologie 2020
Eines der Häuser im Niederdorf: Solche Hausnamen sollen Geschichte werden.
Namen, wie jene der Häuser „Zum Mohrenkopf“ und „Zum Mohrentanz“, konfrontieren laut Zücher Stadtrat Direktbetroffene mit bestehendem Rassismus und suggerierten der Gesamtbevölkerung „eine unhinterfragte Normalität“. Solche „rassistischen Zeitzeichen im öffentlichen Raum“ sollten darum entfernt, aufgearbeitet oder kontextualisiert werden, wie damals es in einer Medienmitteilung des Präsidialdepartements hiess. – Mit seinem Ansinnen kam der Stadtrat den Empfehlungen der Projektgruppe Rassismus im öffentlichen Raum (PG RiöR) nach, die er im Sommer 2020 mit einer Auslegeordnung zum Thema beauftragt hatte. Sie setzt sich aus verschiedenen Fachleuten zusammen, unter anderem aus der Denkmalpflege, der Integrationsförderung und dem Stadtarchivs.
Doch nun dürften die Schriftzüge „Zum Mohrentanz“ an der Niederdorfstrasse 29 und „Zum Mohrenkopf“ am Neumarkt 13 nicht von der Bildfläche verschwinden oder vielmehr nicht abgedeckt werden, wie das der Zürcher Stadtrat ursprünglich entschieden hatte: Der Zürcher Heimatschutz (ZHV) hat unter der Leitung des Stadtzürcher Heimatschutzes (SZH) gegen die Abdeckung rekurriert und vom Baurekursgericht Recht erhalten.
Hausnamen in der Altstadt üblich
Im Gegensatz zum Stadtrat erachtet das Gericht als bedeutend für das äussere Erscheinungsbild der Fassaden der beiden Häuser. Zudem hält es fest, dass die Inschriften mit den Hausnamen vom Schutzzweck der beiden im kommunalen Inventar der Kunst- und kulturhistorischen Schutzobjekte aufgeführten Gebäude erfasst sind und verweist darauf, dass es sich bei den Namen um eine charakteristische Eigenschaft handelt, die vielen andern historischen Gebäuden in der Altstadt ebenfalls eigen ist. Im Fall des Gebäudes am Neumarkt 13 reicht die Geschichte bis ins 14. Jahrhundert zurück, sein Name «Zum Mohrenkopf» taucht bereits im 1443 in Dokumenten auf, das Haus «Zum Mohrentanz» an der Niederdorfstrasse 29 im 1682. - Ausserdem hält das Gericht fest, dass die Herkunft der Namen und ihrer Aussagen zur Geschichte der Häuser noch nicht abgeklärt worden ist.
Eine Abdeckung, die wieder entfernt werden kann, ändert laut Gericht nichts an den negativen Folgen einer Überdeckung. Das Erscheinungsbild und die Aussagekraft als Zeugen würden dauerhaft und auf unbestimmte Zeit beeinträchtigt.
«Zum Mohrentanz» und «Zum Mohrenkopf» laut Gericht nicht direkt diskriminierend
Dass die Hausnamen «Zum Mohrentanz» und «Zum Mohrenkopf» rassistisch sind, differenziert das Gericht: Bei den Namen handelt es sich laut Urteil nicht um direkt diskriminierende Aussagen, die mittelbar diskriminierende Wirkung hingegen bleibe subtil und schwer fassbar. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil der Begriff «Mohr» heute kaum mehr verwendet werde und offensichtlich altertümlich erscheine.
Das Gericht kommt zu Schluss, dass mit einem Text, der den historischen Hintergrund der Hausnamen erklärt, auf die rassistische Konnotation des Begriffs Mohr verwiesen und gleichzeitig eine Distanzierung zur rassistischen Geisteshaltung zum Ausdruck gebracht werden kann. Das heisst, mit einer entsprechenden Hinweistafel werden die Hausnamen laut Gericht nicht stillschweigend toleriert und gleichzeitig wird ihre rassistische Wirkung gebrochen wird. - Der Eingriff in das Schutzobjekt beziehungsweise in die geschützte Hausfassade, der mit einer Abdeckung verbunden wäre, ist somit nicht gerechtfertigt. (mgt/mai)
(BRGE I Nr. 0057/2023 vom 17. März 2023, noch nicht rechtskräftig)