Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien bleiben umstritten
Zunächst war das Ergebnis noch knapper ausgefallen: Der Rat sprach sich mit 95 zu 94 für das höhere Ziel aus. Per Ordnungsantrag wurde eine Wiederholung der Abstimmung verlangt und durchgeführt. Am Entscheid änderte das aber nichts, das Resultat fiel gar etwas deutlicher aus.
Geht es nach dem Willen des Nationalrates, soll die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien ohne Wasserkraft im Jahr 2020 bei mindestens 4400 Gigawattstunden liegen und im Jahr 2035 bei 14 500 Gigawattstunden. Der Ständerat wollte das Ziel für 2035 auf 11 400 Gigawattstunden senken.
Das hängt mit den Plänen zur Unterstützung der bestehenden Wasserkraftwerke zusammen: Wegen der tiefen Preise auf dem europäischen Strommarkt soll ein Teil der Fördergelder für Subventionen an Grosswasserkraftwerke reserviert werden.
Selbst SVP will momentan keine neuen AKW
Beat Jans (SP/BS) warf den Gegnern des höheren Ziels vor, Zukunftstechnologien zu behindern und immer noch von neuen Atomkraftwerken zu träumen. Niemand finanziere aber heute ein neues AKW. Albert Rösti (SVP/BE) räumte ein, dass sich der Bau neuer AKW heute nicht lohne. In zehn oder zwanzig Jahren könne das aber anders aussehen.
Geeinigt haben sich die Räte ferner auf Regeln zur Abnahme und Vergütung von erneuerbarer Energie durch die Netzbetreiber. Der Ständerat habe das Konzept des Bundesrates verfeinert und das System marktnäher ausgestaltet, sagte Energieministerin Doris Leuthard.
Beim Umbau des Fördersystems zu einem Einspeiseprämiensystem fügte der Nationalrat auf Vorschlag seiner Kommission eine Ergänzung ein: Die Betreiber kleiner Anlagen sollen den Strom nicht direkt vermarkten müssen, sondern diesen zum Referenz-Marktpreis einspeisen können. Darüber muss der Ständerat noch befinden.
Kleinstwasserkraftwerke unter Druck
Eine Differenz zwischen National- und Ständerat bleibt bei der Förderung der kleinsten Wasserkraftwerke: Geht es nach dem Nationalrat, sollen Werke mit einer Leistung von weniger als 1 Megawatt nicht am Einspeiseprämiensystem teilnehmen können.
Der Bundesrat und der Ständerat möchten die Grenze bei 300 Kilowatt setzen, also auch kleinste Werke fördern. Im Nationalrat setzte sich die höhere Grenze aus unterschiedlichen Gründen durch. Die Ratsrechte möchte die Subventionen möglichst tief halten. Die Linke ist der Ansicht, Kleinstwasserkraftwerke hätten im Verhältnis zum Eingriff in die Natur einen geringen Nutzen. Auch die Interessen der Fischer wurden erwähnt.
Erneuerbare Energien als nationales Interesse
Zu diskutieren gab erneut das Verhältnis von Naturschutz und Energieproduktion. Im Grundsatz sind sich die Räte einig: Windturbinen, Wasserkraftwerke oder Pumpspeicherkraftwerke sollen künftig unter Umständen auch in Naturschutzgebieten gebaut werden dürfen. Konkret soll die Nutzung von erneuerbaren Energien zum nationalen Interesse erklärt werden.
Damit wäre eine Güterabwägung möglich, wenn es um den Bau von Anlagen in Landschaften von nationaler Bedeutung geht. Der Ständerat hatte allerdings als Konzession an die Umweltverbände die Güterabwägung etwas eingeschränkt. Diese soll nur möglich sein, wenn das Schutzgebiet nicht «im Kern seines Schutzwertes verletzt wird». Der Nationalrat will davon nichts wissen, er sprach sich mit
101 zu 93 Stimmen dagegen aus. (sda/aes)