Wenn trotz Zweitwohnungsgesetz Erstwohnungen zu Zweitwohnungen werden
Pro Jahr werden in Flims 22 Erstwohnungen zu Zweitwohnungen. Dies zeigt eine Studie der Fachhochschule Graubünden im Auftrag des Amts für Wirtschaft und Tourismus des Kantons. Laut den Autoren droht sich die Wohnungsknappheit zu akzentuieren.
Quelle: Patrick Rober Doyle, Unsplash
In Flims wird bei rund zehn Prozent der Handänderungen eine Umnutzung von einer altrechtlichen Wohnung zu einer Zweitwohnung nachgewiesen.
In Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent verbietet das Bundesgesetz über Zweitwohnungen den Bau neuer Zweitwohnungen grundsätzlich. Nicht vom Gesetz eingeschränkt wird hingegen die Umwandlung von altrechtlichen (Erst-)Wohnungen zu Zweitwohnungen. Unter altrechtlicher Wohnung im Sinne des Zweitwohnungsgesetzes versteht man eine Wohnung, die vor dem 11. März 2012 rechtmässig bestanden oder rechtskräftig bewilligt gewesen ist. Dies wiederum bedeutet, dass in den Schweizer Tourismusdestinationen rund 32'000 Erstwohnungen umgenutzt und mit hohem Gewinn als Zweitwohnung verkauft werden könnten.
Weil die meisten dieser Umnutzungen von altrechtlichen Wohnungen zu Zweitwohnungen still erfolgen, fehlen belastbare Aussagen zum Umnutzungsgeschehen in Schweizer Gemeinden. Das Institut für Tourismus und Freizeit (ITF) der Fachhochschule Graubünden hat nun im Auftrag des Amts für Wirtschaft und Tourismus (AWT) einen Forschungsbericht erstellt, der aufzeigt, werden, ob und in welchem Umfang in der Gemeinde Flims solche «stillen Konversionen» zu Zweitwohnungen erfolgt sind: Pro Jahr gibt es hier 22 von solchen sogenannten «stillen Konversionen» zu Zweitwohnungen.
Dass überhaupt Aussagen zum Umnutzungsgeschehen gemacht werden können, sei einer beispielhaften Methodik geschuldet, heisst es in der Medienmitteilung der Fachhochschule. Insgesamt sind für den Bericht knapp 1’000 Handänderungsanzeigen der Gemeinde Flims der Jahre 2017 – 2021 ausgewertet worden. Der grösste Anteil der Handänderungen entfällt auf Transaktionen von Liegenschaften, die vor und nach der Handänderung als Zweitwohnung genutzt werden. Insgesamt konnte jedoch in 112 Fällen oder bei mehr als zehn Prozent aller Handänderungen eine Umnutzung einer altrechtlichen Wohnung zu einer Zweitwohnung nachgewiesen werden. Dies entspricht durchschnittlich 22 „stillen Konversionen“ pro Jahr. Was auf den ersten Blick nach einem vernachlässigbaren Problem aussieht, darf laut den Studienautoren jedoch nicht unterschätzt werden.
Sieben von zehn Wohnungen sind Zweitwohnungen
So werden in Films rund sieben von zehn Wohnungen als Zweitwohnung genutzt. Mit dieser Zweitwohnungsquote befindet sich die Gemeinde kantonal und national unter den Gemeinden mit dem höchsten Zweitwohnungsanteil. Dieser trägt wiederum zu einem anderen, verwandten Problem bei: In Flims standen statistisch bei einem Gesamtwohnungsbestand von knapp 5'200 Wohnungen im Jahr 2022 nur gerade 7 Wohnungen leer, dieser Umstand deutet auf ein massives Wohnungsunterangebot hin. Die «stillen Konversionen» altrechtlicher Erst- zu Zweitwohnungen summieren sich längerfristig auf und entziehen dem Wohnungsmarkt Erstwohnraum. Werden keine neuen Erstwohnungen errichtet, kann sich laut der Studie das Unterangebot an verfügbarem Wohnraum drastisch zuspitzen.
Die Auswirkungen des Zweitwohnungsgesetzes werden auf Bundes- und Kantonsebene laufend beobachtet. So auch im Tourismuskanton Graubünden, wo das AWT das ITF beauftragt hat, das Umnutzungsgeschehen von altrechtlichen Erst- zu Zweitwohnungen in ausgewählten Gemeinden Graubündens zu untersuchen. (mgt/mai)